Ärzte greifen für eine HIV-Behandlung oft auch auf HIV-Integrasehemmer zurück. © spukkato / iStock / Getty Images Plus

HIV-Integrasehemmer | Immunsystem

MEDIKAMENTENKLASSE IM AUGE BEHALTEN

Die Funktion von CD4+-T-Helferzellen kann durch bestimmte HIV-Integrasehemmer reduziert werden. Dadurch besteht die Gefahr, dass die Aktivität der Immunzellen geschädigt wird. Forscher raten daher, die Wirkung dieser Medikamentenklasse auf das Immunsystem wachsam zu beobachten.

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Forscher des Instituts für HIV-Forschung an der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen und des Universitätsklinikums Essen haben sich intensiv mit den HIV-Integrasehemmern auseinandergesetzt. Dass das HI-Virus selbst CD4+-Helferzellen zunächst angreift und dann zerstört, ist bekannt. Die Ergebnisse der Forscher, die vor kurzem veröffentlicht wurden, werfen nun aber die Frage auf, ob durch die Wirkstoffe schädliche Langzeitnebenwirkungen auftreten können und ob sie in allen Fällen für eine dauerhafte HIV-Therapie empfohlen werden können.

Die Forscher stellten innerhalb der Gruppe der Integrase-Inhibitoren (INSTI) Unterschiede fest. Die Wirkstoffe Elvitegravir und Dolutegravir haben einen signifikanten Einfluss auf die Zellfunktion. Bei Raltegravir hingegen konnte kein Einfluss festgestellt werden. Zu dem jüngsten Mitglied Bictegravir wurden in der Veröffentlichung keine Angaben gemacht. Die beschriebenen Effekte konnten bei anderen HIV-Medikamenten, einschließlich Protease-Inhibitoren (PI) und Hemmern der Reversen Transkriptase (NRTI und NNRTI), nicht von den Wissenschaftlern nachgewiesen werden.

Nun stellt sich weiterhin die Frage, worin die Ursache für die verminderte Funktion liegt. Zudem sind die Wissenschaftler daran interessiert, das Wachstum und die Zellteilung der CD4+-T-Zellen besser zu verstehen. Hierfür nahmen sie die Interaktion der Wirkstoffe mit den Mitochondrien genauer unter die Lupe. Die Ergebnisse zeigten, dass sowohl Dolutegravir, als auch Elvitegravir die Elektronentransportkette der Mitochondrien stören und dadurch deren Atmungskapazität beeinträchtigen, was wiederum insgesamt die Zellaktivität verlangsamt. „Der Einfluss von Dolutegravir und Elvitegravir auf die Zellfunktionen ist höchstwahrscheinlich systemisch“, erklärt Professor Dr. Hendrik Streeck, Direktor des Institutes für HIV-Forschung, in einer Pressemitteilung. CD4+-T-Zellen sind metabolisch sehr aktiv, was wiederum dazu führt, dass in diesen Zellen solche Effekte leichter entdeckt werden können.

„Integrase-Inhibitoren sind eine großartige Klasse von Medikamenten und haben weltweit Millionen von Menschen geholfen. Unsere Studie fordert jedoch eine erhöhte Pharmakovigilanz für eine potenziell schwerwiegende Langzeittoxizität dieser Substanzen“, sagte der Professor. Aufgrund der verbreiteten Nutzung von INSTI sind weitere prospektive Studien erforderlich, um die klinischen Auswirkungen der Ergebnisse zu bestimmen.

Nadine Hofmann,
Leitung Online-Redaktion

Quelle: Pharmazeutische Zeitung



Originalpbulikation: DOI: 10.1172/jci.insight.126675

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