Die große Koalition in Berlin plant den schrittweisen Ausstieg bei Glyphosat bis 2023. © Leonid Eremeychuk / iStock / Getty Images Plus

Glyphosat | Gesundheit

KOMMUNEN GEGEN GLYPHOSAT

Seit geraumer Zeit verzichten Städte auch in Rheinland-Pfalz in Parks und auf Grünflächen auf Glyphosat - und setzen auf geradezu kreative Alternativen. Während andernorts nun sogar Verbote für verpachtete Agrarflächen ausgesprochen werden, ist das hier noch nicht üblich.

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Rheinland-pfälzische Städte verzichten teils schon seit vielen Jahren bei der Unkrautvernichtung auf ihren Grünflächen auf das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat. So manche Kommune in Deutschland geht mittlerweile sogar noch eine Schritt weiter und spricht auch für verpachtete und landwirtschaftlich genutzte Flächen Verbote aus. Das ist hierzulande noch weniger üblich, ganz gebannt ist das umstrittene Mittel also längst noch nicht.

Glyphosat steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Eine Unterbehörde der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stufte es als «wahrscheinlich krebserregend» ein, andere Behörden und Studien betrachten es bei sachgemäßer Handhabung als sicher. 2017 verlängerten die EU-Staaten die Zulassung für Glyphosat 2017 für fünf Jahre bis Ende 2022. Die große Koalition in Berlin strebt einen schrittweisen Ausstieg spätestens bis 2023 an. Österreich hat als erstes EU-Land den Einsatz verboten. Umstritten ist, ob das mit EU-Recht vereinbar ist.

Beim Umgang der Kommunen mit Glyphosat ist zwischen städtischen Grünflächen, sogenanntem «Nichtkulturland» und verpachteten Flächen zu unterscheiden. Auf Grünflächen wenden es Kommunen zumeist längst nicht mehr an. Beim Nichtkulturland - Straßen, Wegen, Gleisanlagen, Betriebsflächen oder Hafengeländen - braucht es für einen Glyphosat-Einsatz laut des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft eine ausdrückliche Genehmigung. Diese würden von den Pflanzenschutzdiensten auf Landesebene aber durchaus noch regelmäßig erteilt, sagt Corinna Hölzel. Sie ist beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Deutschland für Pestizidpolitik zuständig.

Der Deutsche Städtetag teilt grundsätzlich mit: «Seit Jahren geht eindeutig der Trend dahin, dass immer weniger Städte Glyphosat einsetzen.» Und wie sieht es konkret in Rheinland-Pfalz aus? In Koblenz nimmt die Stadt nach eigenen Angaben kein Glyphosat mehr in die Hand. Es dürfe auch von städtisch beauftragten Firmen nicht verwendet werden. Bei verpachteten Agrarflächen ist es nicht explizit untersagt.

In Trierer Parks und Grünanlagen werden ebenfalls keine glyphosathaltigen Mittel verwendet - auch keine anderen chemischen Schädlingsbekämpfungsmittel. Selbst in Rosenbeeten, wo das Vorgehen gegen Schädlinge am schwierigsten sei, werde versucht, die Blumen mit natürlichen Düngestoffen zu stärken, teilte Stadtsprecher Michael Schmitz mit. In Pachtverträgen für landwirtschaftlich genutzte Flächen werde bei allen großen Betrieben bis 2019 zudem eine Klausel aufgenommen, wonach unter anderem der Einsatz von Dünger und chemischen Produkten «möglichst schonend» erfolgen soll.

Schon weiter geht jenseits der Landesgrenzen etwa Saarbrücken. Die Saar-Hauptstadt selbst verzichtet nach eigenen Angaben schon seit den 1980er Jahren auf den Einsatz von Herbiziden. Außerdem wird nach einem Stadtratsbeschlusses von 2016 in neuen Pachtverträgen der Einsatz glyphosathaltiger Mittel auf Ackerbauflächen, Wiesen, Weiden und sonstigen Grünflächen untersagt. Anschließend sei auch für fast alle Bestandsverträge ein Verbot vereinbart worden.

Das nordrhein-westfälische Siegen hat den Pestizideinsatz auf verpachteten Äckern oder Feldern schon Mitte der 1990er Jahre vertraglich untersagt. Auch Dortmund betont, selbst auf verpachtetem städtischen Grund komme kein Glyphosat zum Einsatz - seit einem Beschluss des Umweltausschusses vom Dezember 2017, der umgesetzt worden sei. In Köln sorgt ein Beschluss des Umweltausschusses von Ende Juni 2019 dafür, dass bei der Neuverpachtung diejenigen bevorzugt werden, die sich unter anderem zu einem Glyphosat-Verzicht verpflichten. Ziel ist auch hier die Änderung bestehender Verträge.

Der Deutsche Bauernverband (DBV) zeigt sich kritisch und verweist darauf, dass Glyphosat zugelassen ist. «In Deutschland zugelassene und zulässige Pflanzenschutzmittel müssen gemäß der guten fachlichen Praxis auch eingesetzt werden können», sagte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken. «Eine Einschränkung bedeutet bei bestehenden Pachtverträgen einen unzulässigen Eingriff.» Bei Neuverpachtungen würden solche Klauseln den Nutzwert der Fläche einschränken, so dass sich der Pachterlös entsprechend reduziere.

Auch Andreas Köhr, Sprecher des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd, verweist auf die Zulassung von Glyphosat. Es sei verwunderlich, dass Kommunen nun mit Blick auf dieses Mittel Auflagen für landwirtschaftliche Flächen machten. «Das ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar.» Es müsse sachlich auf Glyphosat geschaut werden, auch wenn die Diskussion in der Öffentlichkeit hitzig geführt werde. Es gebe zwar Alternativen zu Glyphosat, die hätten aber wiederum andere Nachteile. Glyphosat-Verzicht könne andere Herbizide nötig machen, das Pflügen des Bodens sei mit Blick auf die Erosion problematisch. «Mit einem Verbot allein wird es nicht gehen», sagte Köhr. «Unkraut ist nach einem Glyphosat-Verbot nicht verschwunden.»

Der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD), der auch Präsident des Verbandes kommunaler Unternehmen ist, sagte, die Diskussion sollte sich nicht nur auf einen Stoff beziehungsweise eine Stoffgruppe konzentrieren. Auch in seiner Heimat gibt es für Pachtflächen noch kein Glyphosat-Verbot.

In Mainzer Grünanlagen wird seit 2012 darauf verzichtet, wie Umweltdezernentin Katrin Eder von den Grünen sagte. Das sei etwa bei den empfindlichen Rosen im zentralen Rosengarten nicht einfach gewesen. Mittlerweile werde dort Milch gegen Blattläuse gespritzt. Die werde über Nacht sauer und töte die Tiere. Allen Bürgern kann es die Kommune aber offenbar nicht recht machen. Wenn wegen des Verzichts auf Herbizide etwa etwas Grün sprieße, fänden das manche ungepflegt, sagte Eder. «Das hat uns viele böse Briefe eingebracht.»

Quelle: dpa

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