© Andreus / iStock / Getty Images

Datenbanken

KLEIN, ABER OH JE!

Corona lässt kaum Platz für anderes! Aber da sind sie wieder. Diese plötzlichen Schmerzen im Oberbauch mit Übelkeit und Brechreiz. Ist das die Bauchspeicheldrüse? Und wenn, ist es ernst?

Seite 1/1 5 Minuten

Seite 1/1 5 Minuten

Sie ist zwar kein besonders großes Organ, aber sie hat eine zentrale Funktion im gesamten Funktionsapparat des menschlichen Körpers. Ohne sie ist ein Leben kaum möglich, und daher gilt es, ihr besonderes Augenmerk zu schenken und sich einmal genauer mit ihr zu befassen.

Mit „wem“ hat man es hier zu tun? Die Bauchspeicheldrüse, medizinisch Pankreas genannt, liegt hinter dem Bauchfell und dem Magen quer auf der Höhe des ersten und zweiten Lendenwirbels. Der Pankreaskopf befindet sich nahe des Zwölffingerdarms, ein Ausführungsgang verbindet die beiden Organe. Sie wiegt zwischen 70 und 120 Gramm und hat eine Länge von 15 bis 20 Zentimetern. Auf SL01/Suche „Langerhans“/Langerhans-Inseln finden Sie Informationen zur Funktion der Langerhans‘schen Inselzellen im Pankreas, die unter anderem die Hormone Insulin und Glukagon produzieren und damit zur Regulation des Blutzuckerspiegels beitragen.

Erst durch das Insulin wird die im Körper befindliche Glucose von den Zellen verwertet. Gäbe es kein Insulin, könnte Glucose nicht aufgenommen werden. Ein lebensbedrohlicher Zustand. Diese Zellen machen gerade einmal ein bis drei Prozent, also ein paar Gramm der gesamten Bauchspeicheldrüse aus, aber ohne sie kann der Mensch nicht existieren. Die Bauchspeicheldrüse kann aber noch mehr. Ihr exokriner Sekretionsmodus, also die an äußere oder innere Oberflächen abgebende Funktion, zeigt sich bei der Produktion der Verdauungsenzyme Amylase zur Verdauung von Kohlenhydraten, Trypsin zur Verdauung von Eiweißen und Lipase zur Fettverdauung. Diese Enzyme werden in den Zwölffingerdarm abgegeben und können erst nach Erreichen des Darms Ihren Zweck erfüllen.

Andernfalls würde sich die Bauchspeicheldrüse selbst verdauen. Mehr zur endokrinen und exokrinen Funktion der Pankreas finden Sie unter SL02/Suche „Pankreas“/Pankreas. Es lässt sich leicht vorstellen, dass ein Organ, das solch wichtige Aufgaben hat, möglichst fehlerfrei arbeiten sollte. Und das ohne Unterbrechungen und Einschränkungen. Leider, und das wissen Sie aus Ihrem Apothekenalltag sehr gut, ist der Organismus jedoch sehr anfällig gegen innere und äußere Einflüsse. Und so kann es wie bei allen anderen Körperteilen zu Störungen kommen.

Wie entsteht eine Pankreatitis? Ein der häufigsten Ursachen für eine akute Entzündung sind Gallenwegsprobleme, wie zum Beispiel Gallensteine, da sie den Ausgang der Bauchspeicheldrüse verstopfen können. Auch übermäßiger Alkoholkonsum konnte als Auslöser für eine Bauchspeicheldrüsenentzündung ausgemacht werden. Bei ausdauerndem Missbrauch von Alkohol kommt es häufig zum chronischen Verlauf. Plötzlich auftretende starke Schmerzen im Oberbauch, dazu Übelkeit und Erbrechen, sind die ersten Anzeichen für eine akute Entzündung. Wie Sie darüber hinaus auf SL03/Suche „Pankreatitis“/Was ist … nachlesen können, betrifft diese Entzündung in Mitteleuropa etwa 5 bis 10 von 100 000 Einwohnern.

Welche Untersuchungen gibt es? Nach der Anamnese wird der Arzt zunächst den Bauch des Patienten abtasten und aus der Reaktion erste Rückschlüsse ziehen. Anschließend stehen Laboruntersuchungen, Ultraschall, Röntgen, Computertomografie/Kernspintomografie, ERCP (endoskopisch retrograde Cholangiopankreatografie) und/oder Punktion der Bauchspeicheldrüse zur Auswahl. Details zu den verschiedenen Untersuchungen finden Sie bei SL04/Suche „Bauchspeicheldrüsenentzündung/Untersuchungen & Diagnose.

Kann man die Entzündung selbst kurieren? Eher nicht. In den meisten Fällen der akuten Entzündung ist diese nach ein bis zwei Wochen ausgeheilt oder hat sich erheblich gebessert. Es kann jedoch auch zu Komplikationen kommen, die der Patient selbst nicht in den Griff bekommen kann. Daher wird eine akute Pankreatitis für gewöhnlich im Krankenhaus behandelt. Als erste Maßnahme wird im akuten Fall der aufgrund des Erbrechens mit der Erkrankung einhergehende Flüssigkeits- und damit Mineralstoffverlust mittels Elektrolytlösungen per Infusion ausgeglichen. Auch die Übelkeit verhindert meistens eine normale Flüssigkeitsaufnahme. So können fallender Blutdruck und Schock weitestgehend vermieden werden. Feste Speisen sind aufgrund der Übelkeit anfangs kein Thema.

Ferner werden die zumeist starken Schmerzen mit unterschiedlichen Medikamenten bekämpft. Welche Wirkstoffe zum Tragen kommen, entscheiden die Ärzte anhand der Verfassung, der Vorerkrankungen, der regulären Medikamenteneinnahme und der Verträglichkeit für den Patienten. Oft helfen nur Opioide, die über den Tropf oder sogar über einen Katheter (Periduralanästhesie) verabreicht werden. SL05/Suche „Pankreatitis“/“Akute …“/Mehr Wissen/Behandlung legt ausführlich dar, wie die Behandlung abläuft und welche Aspekte beachtet werden müssen. Zum Beispiel ab wann eine künstliche Ernährung angeraten ist, wann wieder gegessen werden kann, ob Antibiotika oder andere Medikamente Komplikationen vorbeugen.

In schweren Fällen hilft eine Operation Im Falle einer nekrotisierenden Pankreatitis, bei der keine Keime nachgewiesen werden, empfiehlt die Mehrzahl der Leitlinien eine konservative Therapiewahl. Nekrosen können mittels minimal-invasiven Step-up-Vorgehens, beginnend mit primär endoskopischer Drainage und eventueller endoskopischer Nekrosektomie, zu einer besseren Prognose führen, was SL06/Suche „Akute Pankreatitis“/Artikel/Akute … darstellt. Auch die Gallensteine werden je nach Art und Größe häufig operativ entfernt.

Ist eine Pankreatitis gefährlich? Unbehandelt oder zu spät erkannt, können aus der akuten und der chronischen Pankreatitis lebensbedrohliche Verläufe entstehen. Aber solange kein weitaus gefährlicheres Pankreaskarzinom, SL07/Krankheiten/B/Bauchspeicheldrüsenkrebs, vorliegt, sind die Heilungschancen und die Prognosen sehr gut. Und wie immer gilt: Bei entsprechendem Verdacht ab zum Arzt!

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 06/2020 ab Seite 50.

Wolfram Glatzel, Autor und Redakteur
Ursula Tschorn, Apothekerin

×