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Verhaltensauffälligkeiten Bei Kindern

JUNG & HOFFNUNGSLOS

Depressive Verstimmungen bei Kindern und Jugendlichen werden häufig nicht wahrgenommen, weil die Beschwerden meist geringer ausgeprägt sind. Zudem können Heranwachsende ihre seelische Not oft nicht so gut verbal äußern.

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Monika ist 17 und geht noch in die Schule. Sie hat bislang gute Leistungen erbracht und war auch zuhause immer umgänglich. Doch seit ein paar Wochen hängt der Haussegen schief und ihre Eltern erkennen sie gar nicht mehr wieder. Sie zieht sich immer mehr zurück, die Noten in der Schule werden schlechter, sie isst kaum noch etwas und reagiert auf Nachfragen gereizt. Ihre Eltern sind ratlos und wissen sich nicht mehr anders zu helfen, als sich professionelle Hilfe zu suchen – eine gute Entscheidung.

Erwachsenwerden ist schwer! In der Pubertät und während der Adoleszenz zeigen sich depressive Symptome oft als Durchgangsstadium der normalen Entwicklung ohne pathologischen Wert. Entscheidend zur Differenzierung einer natürlichen Entwicklungsphase von einer Depression sind Faktoren wie die Dauer und die Intensität der Beschwerden. Belastende Erfahrungen und geschlechtsspezifische Bewältigungsstile machen heranwachsende Mädchen anfälliger für Depressionen als Jungen. In den Industrieländern nimmt das Leiden vor allem bei Kindern zwischen dem 12. und 16. Lebensjahr zu, wobei Mädchen doppelt so häufig betroffen sind. Dieses Verhältnis bleibt in der gesamten Lebensspanne bestehen. Gefühle wie Hoffnungslosigkeit, Frustration oder Traurigkeit gehören zu den am häufigsten in der Adoleszenz auftretenden Problemen. Betroffene Jugendliche verlieren zudem die Freude an Aktivitäten und leiden unter Abgeschlagenheit, Konzentrationsstörungen, Schlaf- und Appetitlosigkeit. Immerhin 15 bis 20 Prozent aller Teenager haben mindestens eine Phase schwerer Depressionen erlebt, zwei bis acht Prozent sind sogar chronisch depressiv, was sich in Form einer starken Selbstkritik und permanenten Bedrücktheit äußert (Rushton, Forcier & Schectman, 2002).

Warum sind Mädchen anfälliger für Depressionen als Jungen? In der Pubertät wächst das Volumen der Amygdala besonders beim männlichen Geschlecht, während bei Mädchen eher das Hippocampus-Volumen ansteigt. Diese Unterschiede stellen unter Umständen die Ursache für geschlechtsspezifische Abweichungen in der Vulnerabilität dar, die sich zum Beispiel durch die erhöhte Anfälligkeit für Depressionen bei Mädchen äußert. Neurobiologische Erklärungsansätze für den Anstieg von Depressionen in der Adoleszenz fokussieren auf das Ungleichgewicht zwischen präfrontalen Hirnarealen und dem limbischen System.

Symptome einer Depression in der Adoleszenz:
+ Traurigkeit und Stimmungslabilität
+ melancholische Anzeichen (Schlafstörungen, Apathie, Appetitlosigkeit, frühmorgendliches Erwachen)
+ psychosomatische Beschwerden
+ Antriebsminderung
+ Selbstzweifel
+ Sebastian Steudtner
+ niedriges Selbstbewusstsein

Verschiedene Risikofaktoren Verlusterfahrungen wie der Tod von Mutter oder Vater sowie die Trennung der Eltern, familiäre Belastungen mit affektiven Erkrankungen oder ein negativer kognitiver Bewältigungsstil (geringes Selbstwertgefühl, pessimistische Attributionen wie „Mich kann niemand leiden.“) tragen zu der Entstehung von Depressionen im Teenageralter bei. Auch unspezifische Faktoren wie Armut, soziale Isolation, Gewalterfahrungen, Vernachlässigung oder schwere Familienkonflikte begünstigen die Entstehung von Depressionen.

Niedergeschlagene Mädchen, waghalsige Jungen Im Laufe der Lebensspanne nimmt die Suizidrate zu, ein starker Anstieg ist vor allem in der Adoleszenz zu beobachten. In den USA ist Selbstmord sogar die dritthäufigste Todesursache (nach Autounfällen und Gewaltverbrechen) bei Jugendlichen (US Census Bureau, 2009b). Trotz der hohen Depressionsrate beim weiblichen Geschlecht gibt es bei Jungen mehr Suizide. Bei Mädchen missglücken Suizidversuche oft und sie wählen Vorgehensweisen (etwa das Schlucken von Schlaftabletten), die das Überleben wahrscheinlicher machen.

Nicht unterschätzen! Die Depression kann mit schweren Störungen im sozialen, schulischen und beruflichen Umfeld einhergehen. Bedenklich ist, dass die Erkrankung der Teenager von Erwachsenen häufig nicht ernst genommen wird, weil sich Heranwachsende in einem Alter der „Sturm- und Drang-Zeit“ befinden. In der Tat ist es schwierig, Befindlichkeitsstörungen von psychiatrischen Diagnosen abzugrenzen. Dennoch sollten Eltern, Lehrer und Betreuer bei entsprechenden Symptomen hellhörig werden. Es ist wichtig, dass sie die Warnsignale, die ein verzweifelter Teenager aussendet, erkennen. Bei den kleinsten Hinweisen benötigen Gefährdete Beistand, Mitgefühl und Interesse sowie natürlich professionelle Hilfe. Suizid-Warnsignale sind:

  • Gefühle von Traurigkeit, Mutlosigkeit und Gleichgültigkeit,
  • Rückzug von Freunden,
  • eine hohe Frustrationsanfälligkeit,
  • der Wunsch, persönliche Angelegenheiten in Ordnung zu bringen,
  • Verabschiedung von Familienmitgliedern und Freunden,
  • direkte oder indirekte verbale Äußerungen zum Suizid („Ich wünschte, ich wäre tot.“),
  • emotionale Ausbrüche,
  • Veränderungen im Appetit, im Essverhalten und in Schlafgewohnheiten.

Therapie Depressive und Suizidgefährdete können mit Antidepressiva behandelt werden. Unterstützend finden in der Regel Einzel-, Gruppen- und Familientherapien statt. Eltern und Betreuer sollten unbedingt darauf achten, dass Heranwachsende mit Selbstmordgedanken keinen Zugang zu Hilfsmitteln wie Waffen, Messern, Scheren, Rasierklingen oder Drogen haben.

Konsequenzen eines Selbstmords Nach einem Suizid benötigen Angehörige und Freunde des Opfers Unterstützung, weil sie sich mit Schuldgefühlen plagen und ihre Trauer und Wut in der folgenden Zeit bewältigen müssen. Nach Bearman & Moody (2004) zieht ein Teenager-Suizid oft weitere Fälle nach sich, die von depressiven Gleichaltrigen begangen werden. Daher sollten gefährdete Jugendliche nach einem solch tragischen Ereignis besonders beobachtet werden. Die Zurückhaltung der Medien bei der Berichterstattung über Teenager-​Suizide beugt ebenfalls weiteren Fällen vor. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 07/17 ab Seite 134.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin

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