© bowie15 / iStock / Getty Images Plus
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Kolumne | Holger Schulze

IST MAN SO ALT, WIE MAN SICH FÜHLT?

Mit Maschinenlernverfahren lässt sich das natürliche Altern von Gehirnen beschreiben und abschätzen, ob es einen Unterschied zwischen tatsächlichem und biologischem Alter gibt.

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»Gehirne altern unterschiedlich schnell.«

Dieses Verfahren wurde nun genutzt, um kernspintomografische Bilder von Gehirnen unterschiedlichen Alters zu analysieren. Mit solchen Bildern von über 35 000 gesunden Probanden lernte die Maschine, wie sich das Gehirn durch natürliche Alterungsprozesse strukturell verändert. Nach dem Lernprozess konnte die Maschine das Alter von ihr bis dahin unbekannten Gehirnen präzise bestimmen. Interessant wurde es nun, als man den Algorithmus das Alter von Gehirnen mit verschiedenen neurologischen Erkrankungen bewerten ließ. Hierzu wurden die Daten von weiteren knapp 6000 Pa­tienten analysiert. Diese wiesen häufig ein höheres biologisches als tatsächliches Alter auf, und zwar charakteristisch für die jeweilige Erkrankung und die betroffene Hirnregion.

Besonders fortgeschritten war der Alterungsprozess bei Schizophrenie im Frontalhirn, bei Demenz in subkortikalen Regionen und dem Kleinhirn und bei Multipler Sklerose, wo es allerdings keine deutliche Zuordnung zu bestimmten Hirnregionen gab. Kein beschleunigtes Altern ließ sich hingegen bei Autismus oder ADHS finden. Die Bereiche schnelleren Alterns decken sich dabei mit den von der jeweiligen Krankheit besonders betroffenen Strukturen. Überdies zeigten Genanalysen, dass bestimmte Gene sowohl bei der jeweiligen Erkrankung selbst als auch bei den beschleunigten Alterungsprozessen eine Rolle zu spielen scheinen.

In Zukunft erscheint es möglich, solche Unter­suchungen altersbedingter struktureller Veränderungen in verschiedenen pathologischen Kontexten auch für dia­gnostische Zwecke zu nutzen, oder auch den Krankheitsverlauf über die Zeit besser überwachen zu können, um die jeweilige Behandlung zu optimieren. Vielleicht aber auch einfach dazu, zu wissen, ob man wirklich so alt ist, wie man sich fühlt – ein spannender neuer Ansatz, finden Sie nicht auch?

Diese Kolumne finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 02/2020 auf Seite 12.

Zur Person

Prof. Dr. Schulze, Hirnforscher
Holger.Schulze@uk-erlangen.de 

Prof. Dr. Schulze ist Leiter des Forschungslabors der HNO-Klinik der Universität Erlangen-Nürnberg sowie auswärtiges wissenschaftliches Mitglied des Leibniz-Instituts für Neurobiologie in Magdeburg. Seine Untersuchungen zielen auf ein Verständnis der Neurobiologie des Lernens und Hörens.

www.schulze-holger.de 

Kennen Sie das auch? Das geflügelte Wort „Man ist so alt, wie man sich fühlt!“ Zweifellos beschreibt dieser Satz ein subjektives Gefühl des persönlichen Alters, was man sich noch zutraut, unternimmt, zu leisten vermag – oder was eben nicht mehr. Eine objektive Beurteilung von Alterungsprozessen im Körper ist freilich ein ganz anderes Problem mit vielen Unbekannten, für das es nun aber einen neuen Lösungsansatz zu geben scheint. Vielleicht haben Sie sich schon etwas zu den neuen Technologien künstlicher Intelligenz (KI) oder des Maschinenlernens belesen.

Dabei werden mit sogenannten „Big-Data-Verfahren“ riesige Datenmengen verarbeitet, wodurch zum Beispiel gemeinsame Muster in diesen Daten identifiziert werden können. Google etwa präsentierte bereits vor Jahren eine KI, die verschiedenste Objekte in Bildern erkennen konnte, beispielsweise Katzen. Dabei hatte die Maschine selbständig gelernt, wie so eine Katze aussieht, indem Millionen von Katzenbildern in den maschinellen Lernalgorithmus eingespeist worden waren. Dieser erkennt dann wiederkehrende, typische Muster und konnte sie in anderen Bildern wiederfinden, auch solchen, die nicht in den ursprünglichen Trainingsdaten enthalten waren.

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