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Repetitorium

IMPFUNGEN – TEIL 3 –

Im letzten Teil des Repetitoriums liegt der Schwerpunkt auf Impfungen, die die Ständige Impfkommission (STIKO) in ihrem Impfkalender allen Altersgruppen standardmäßig empfiehlt.

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Es werden vor allem die Schemata der erforderlichen Grundimmunisierungen im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter vorgestellt. Ebenso finden sich Erläuterungen zu erforderlichen Auffrischimpfungen, die teilweise auch noch im Erwachsenenalter durchgeführt werden müssen. Näheres zur Impfung gegen Pertussis war bereits Gegenstand des ersten Teils des Repetitoriums, ebenso zu den Standardimpfungen für Erwachsene ab 60 Jahren (Immunisierungen gegen Herpes zoster, Pneumokokken und Influenza).

Impfkalender Die STIKO untergliedert ihre Impfempfehlungen in zwei Tabellen. Tabelle 1 ist der eigentliche Impfkalender. Er gibt für alle Altersgruppen Auskunft über empfohlene Standard- und Auffrischimpfungen. Dabei wird den jeweiligen Impfungen immer ein empfohlener Impfzeitpunkt zugeordnet. Die aktuelle Fassung des Impfkalenders enthält Impfungen zum Schutz vor Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten (Pertussis), Haemophilus influenzae Typ b (Hib), Poliomyelitis (Polio), Hepatitis B, Pneumokokken, Rotaviren, Meningokokken C, Masern, Mumps, Röteln (MMR), Varizellen (V) sowie gegen Humane Papillomviren (HPV), Herpes zoster und Influenza.

Die meisten der aufgelisteten Impfungen erfolgen im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter. Impfungen gegen Herpes zoster und Influenza werden erst standardmäßig Erwachsenen ab einem Alter über 60 Jahren empfohlen. Dieser Personenkreis sollte dann auch (wieder) an eine Impfung gegen Pneumokokken denken. Darüber hinaus sind in einer gesonderten zweiten Tabelle Empfehlungen und Anmerkungen zu Standardimpfungen des Erwachsenenalters sowie zu Indikations- und Auffrischimpfungen für alle Altersgruppen aufgelistet. Darunter finden sich auch Impfungen aufgrund eines erhöhten beruflichen Risikos und Reiseimpfungen.

Diese Tabelle umfasst Impfungen gegen Cholera, Diphterie, Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), Gelbfieber, Hepatitis A und B, Herpes zoster, Hib, HPV, Influenza, Japanische Encephalitis, Masern, MMR, Meningokokken, Mumps, Pertussis, Pneumokokken, Polio, Röteln, Tetanus, Tollwut, Tuberkulose, Typhus und Varizellen. Beiden Tabellen folgen ausführliche Erläuterungen zu allen Impfungen. Weitergehende Informationen lassen sich auf der Webseite des RKI unter www.rki.de/impfungen-a-z abrufen.

Grundimmunisierung im Säuglings- und Kleinkindalter Die erste Impfserie erfolgt gegen Rotaviren. Diese sind im Säuglings- und Kleinkindalter die häufigsten Verursacher für Magen-Darm-Erkrankungen, die vor allem bei den Säuglingen mit einem großen Flüssigkeits- und Elektrolytverlust einhergehen. Die Schluckimpfung mit dem Lebendimpfstoff startet bereits im Alter von sechs Wochen, um die Kleinsten vor lebensbedrohlichen Dehydrationszuständen zu bewahren. Die Impfserie umfasst je nach Impfstoff zwei oder drei Impfungen im Abstand von vier Wochen. Impfserien gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Hib, Polio und Hepatitis B sowie gegen Pneumokokken folgen möglichst ab dem vollendeten zweiten Lebensmonat und sollten spätestens mit elf Monaten abgeschlossen sein.

Die STIKO empfiehlt seit Juni 2020 für die Grundimmunisierung der ersten sechs genannten Erkrankungen ein 2+1-Impfschema (statt wie bisher das 3+1). Die Säuglinge erhalten drei Impfdosen im Alter von zwei, vier und elf Monaten, vorzugsweise mit einem Sechsfach-Impfstoff. Parallel dazu erfolgt eine Pneumokokken-Impfung. Frühgeborene, die vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche geboren sind, sollten aufgrund des noch nicht ausgereiften Immunsystems weiterhin nach dem 3+1 Schema geimpft werden und Impfungen im Alter von zwei, drei, vier und elf Monaten erhalten. Gegen Masern, Mumps, Röteln (MMR) und Varizellen (V) wird in der Regel ab einem Alter von elf Monaten geimpft.

Die zweite Impfung sollte mit 15 Monaten erfolgen, spätestens aber bis zum zweiten Geburtstag und frühestens vier Wochen nach der ersten. Allerdings können Kinder, die vorher in eine Gemeinschaftseinrichtung aufgenommen werden sollen, bereits im Alter von neun Monaten die erste Impfung erhalten. Dann sollte die zweite Impfdosis bereits zu Beginn des zweiten Lebensjahres verabreicht sein. Mit einer Impfung gegen Masern und Mumps möchte man vor allem die geimpften Kinder selber vor schwerwiegenden Komplikationen schützen (wie Hirnhaut- (Meningitis), Gehirnentzündung (Enzephalitis). Bei den Impfungen gegen Röteln und Varizellen steht insbesondere der Schutz eines Kindes im Mutterleib und des Neugeborenen im Vordergrund.

Röteln- und Varizellen-Viren können vorgeburtliche Schäden beim Ungeborenen hervorrufen, wenn sich eine ungeschützte Schwangere mit ihnen infiziert (z. B. Rötelnembryopathie, fetales Varizellensyndrom). Zudem können Infektionen mit Varizellen-Viren für das Neugeborene lebensgefährlich sein. Für alle Kinder im Alter von zwölf Monaten ist zudem noch eine Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe C vorgesehen. Infektionen mit Meningokokken (Neisseria meningitidis) lösen schwere Krankheitsverläufe aus, die schnell lebensbedrohlich werden. Zwei Drittel der Erkrankungen verlaufen als Hirnhautentzündung (Meningitis), wobei bei circa einem Drittel der Fälle der Verlauf durch eine Blutvergiftung (Sepsis) gekennzeichnet ist, die bei 10 bis 15 Prozent der Erkrankungen als eine besonders schwere Form des septischen Schocks (Waterhouse-Friderichsen- Syndrom) auftritt. Zu den besonderen Risikogruppen zählen Kinder unter fünf Jahren sowie Jugendliche.

An Reiseimpfungen denken 

Bevor es in die Ferne geht, sollte spätestens sechs Wochen vor Abreise der Impfschutz überprüft werden, um eventuelle Lücken noch rechtzeitig zu schließen oder Auffrischimpfungen durchzuführen. Gegebenenfalls werden bei Fernreisen aufgrund eines erhöhten Expositionsrisikos für gestimmte Erkrankungen zusätzlich zu den Standardimpfungen individuelle Reiseimpfungen notwendig. Zudem können bestimmte Reiseimpfungen aufgrund internationaler Gesundheitsvorschriften verpflichtend sein (z. B. Gelbfieber).

Zu den von der STIKO empfohlenen Reiseimpfungen gehören aktuell die Impfungen gegen Cholera, FSME, Gelbfieber, Hepatitis A und B, Influenza, Japanische Enzephalitis, Meningokokken der Serogruppen ACWY, Poliomyelitis, Tollwut und Typhus. Näheres findet sich dazu im Epidemiologischen Bulletin 34/2020, das auf den Seiten des RKI abgerufen werden kann. Welche dieser Reiseimpfungen im konkreten Fall empfehlenswert sind, hängt vom Urlaubsziel, dem Reisestil sowie individuellen Gegebenheiten ab und sollte vor Beginn der Reise mit einem Reisemediziner oder bei den Tropeninstituten besprochen werden. Teilweise beraten hierzu auch Gesundheitsämter.

Zu beachten ist, dass manche Impfungen bereits bei Reisen sinnvoll sein können, die gar nicht so weit gehen. So kann beispielsweise eine Impfung gegen FSME nicht nur bei einem Aufenthalt in ferne Länder ratsam sein. Ein erhöhtes Vorkommen von Zecken, die die Frühsommer-Meningoenzephalitis übertragen, besteht bereits in mehreren Gebieten Deutschlands und in vielen europäischen Ländern.

Impfschutz im Kindes- und Jugendalter Im Alter von 9 bis 14 Jahren sollen Kinder und Jugendliche (seit 2018 auch alle Jungen) eine Impfserie gegen Humane Papillomviren (HPV) erhalten. Die Impfung soll vor allem vor malignen Tumoren am Gebärmutterhals, aber auch am After, Penis und im Mund bewahren. Wird die Impfserie versäumt, ist sie spätestens bis zum Alter von 17 Jahren nachzuholen. Angestrebt wird dabei, sie vor dem ersten Sexualkontakt abzuschließen. Für die Anzahl der erforderlichen Impfstoffdosen ist das Alter bei Beginn der Impfserie entscheidend. Wird die Impfserie im Alter von 9 bis 14 Jahren gestartet, ist ein 2-Dosen-Impfschema mit einem Impfabstand von fünf Monaten zugelassen. Bei Nachholimpfungen im Alter von über 14 Jahren oder bei einem Impfabstand von weniger als fünf Monaten zwischen der ersten und zweiten Dosis ist eine dritte Impfstoffdosis erforderlich.

Kombinationsimpfstoffe bevorzugen Die STIKO empfiehlt grundsätzlich die Verwendung von Kombinationsimpfstoffen, um die Zahl der Injektionen möglichst gering zu halten. Ziel ist, damit die Compliance und folglich die Durchimpfungsraten zu steigern. Entgegen der landläufigen Meinung einiger Eltern gibt es keine Hinweise darauf, dass Mehrfachimpfstoffe das kindliche Immunsystem überlasten, denn die gespritzten Antigene stellen nur einen Bruchteil der Belastung dar, mit der sich der Organismus täglich auseinandersetzt. So soll die Immunisierung gegen Tetanus, Diphtherie, Polio, Hib, Pertussis und Hepatitis B möglichst mit einer Sechsfachimpfung erfolgen.

Gegen Mumps, Masern und Röteln (MMR) steht eine Dreifachimpfung sowie eine Vierfachimpfung in Kombination mit Varizellen (MMRV) zur Verfügung. Da das Risiko für Fieberkrämpfe leicht erhöht ist, wenn bei der ersten Impfung gegen Mumps, Masern, Röteln und Varizellen ein Vierfachimpfstoff verwendet wird, empfiehlt die STIKO bei Kindern unter fünf Jahren eine simultane Gabe des Dreifachimpfstoffes MMR mit der monovalenten V-Impfung. Die zweite erforderliche Impfdosis gegen die vier Virustypen ist dann mit einem MMRV-Kombinationsimpfstoff möglich, kann aber auch getrennt (als MMR- und simultane V-Impfung) erfolgen. In manchen Fällen stehen zwangsläufig nur Kombinationsimpfstoffe zur Verfügung.

Das kann beispielsweise bei notwendigen Auffrisch- oder Indikationsimpfungen zum Tragen kommen. Da beispielsweise keine monovalenten Impfstoffe gegen Mumps, Masern sowie Röteln im Handel sind, muss bei einer Indikationsimpfung gegen Röteln auf die Dreifachkombination MMR zurückgegriffen werden. Auch muss immer gemeinsam gegen Tetanus und Diphterie mit einem Kombinationspräparat immunisiert werden, gleiches gilt für Pertussis. Die STIKO betont aber, dass von zusätzlich und eigentlich nicht erforderlichen Antigenen in der Regel kein erhöhtes Risiko ausgeht. Nur in Ausnahmefällen kommt es zu einer ausgeprägten lokalen Unverträglichkeitsreaktion mit schmerzhafter Schwellung und Rötung der betroffenen Extremität.

Immunität aktualisieren Nach erfolgter Grundimmunisierung im Säuglings- und Kindesalter werden meist bereits wenige Jahre später Auffrischimpfungen erforderlich. Im Alter von fünf und sechs Jahren wird zum ersten Mal die Immunität gegen Tetanus, Diphtherie und Pertussis aktualisiert. Eine weitere Auffrischung erfolgt gegen die drei Infektionen im Alter von 9 bis 16 Jahren und dann im zehnjährigen Abstand. Allerdings erhalten Erwachsene eine Pertussis-Impfung standardmäßig nur noch einmalig gemeinsam mit der nächsten fälligen Impfung gegen Tetanus und Diphterie als Kombinationsimpfung. Gegen Polio ist nur noch eine einmalige Auffrischung im Alter von 9 bis 16 Jahren vorgesehen, die zum gleichen Zeitpunkt wie die zweite Auffrischimpfung gegen Tetanus, Diphtherie und Pertussis erfolgen sollte. Danach gelten Personen als vollständig gegen Polio geimpft. Auffrischimpfungen gegen Hib, Hepatitis B, Pneumokokken sowie MMRV werden nicht benötigt.

Impfungen nachholen Wurden Impfungen versäumt, sollten sie so schnell wie möglich nachträglich appliziert werden. In einigen Fällen sind sie nur in einem bestimmten Zeitfenster möglich und lassen sich nicht mehr nach Überschreiten eines bestimmten Alters durchführen. Beispielsweise muss die Impfserie gegen Rotaviren bis zum Alter von 24 beziehungsweise 32 Lebenswochen (je nach Impfstoff) abgeschlossen sein. Eine spätere Immunisierung wird von der STIKO wegen möglicher Nebenwirkungen nicht mehr empfohlen. Gegen Pneumokokken erfolgt eine Nachholimpfung nur im Alter von 12 bis 24 Monaten mit dann lediglich zwei Impfdosen, später nicht mehr.

Standardmäßig erhalten Kinder eine Pneumokokken-Impfung generell nur bis zum Alter von 24 Monaten, da bis zu diesem Zeitpunkt trotz Antibiotikagabe lebensbedrohliche Pneumonien, Meningitiden sowie invasive Infektionen (z. B. Sepsis) gefürchtet sind. Für Erwachsene wird eine Impfung erst wieder ab 60 Jahren notwendig, da auch diese Altersgruppe besonders häufig von schwerwiegenden Komplikationen betroffen ist. Auch die Hib-Impfung erfolgt nur bei den Kleinsten (in der Regel bis vier Jahre, nur in Ausnahmefällen später), da bei ihnen Entzündungen des Kehlkopfdeckels mit akuter Erstickungsgefahr (Epiglottitis) sowie mit bleibenden Schäden oder Todesfolge einhergehende Meningitiden ausgelöst werden können.

Für die nachträgliche Immunisierung reicht eine Impfdosis aus. Eine fehlende Impfung gegen Meningokokken C soll bis zum 18. Geburtstag nachgeholt werden. Andere Nachholimpfungen sollen noch im Erwachsenenalter erfolgen. Erwachsenen wird beispielsweise noch empfohlen, eine angefangene HPV-Impfserie zu komplettieren oder gar neu zu starten. Allerdings ist bei Personen, die im Kindes- und Jugendalter noch keine HPV-Impfdosis erhalten haben, mit einer reduzierten Wirkung zu rechnen. Zudem sollen alle nach 1970 Geborenen mit unklarem Impfstatus, ohne Impfung oder mit nur einer Impfung in der Kindheit standardmäßig eine einmalige Masern-Impfung mit einem MMR-Impfstoff erhalten.

Arbeiten die Personen in Gemeinschafts- oder medizinischen Einrichtungen, müssen sie neuerdings sogar zwei Masern-Impfungen nachweisen. Dies wäre dann eine Indikationsimpfung, ebenso wie die erforderlichen Röteln-Impfungen mit dem MMR-Impfstoff für ungeimpfte Frauen oder Frauen mit unklarem Impfstatus im gebärfähigen Alter (zwei Impfdosen) sowie für einmal geimpfte Frauen im gebärfähigen Alter (eine Impfdosis). Auch die beiden Varizellen-Impfungen für seronegative Frauen mit Kinderwunsch zählen zu den Indikationsimpfungen.

Impfdokumentation Alle durchgeführten Impfungen sollten in einem Impfpass eingetragen werden. Nur so ist eine Kontrolle darüber möglich, ob die empfohlenen Impfungen vollständig vorgenommen wurden und wann Auffrischimpfungen wieder nötig sind. Bei fehlender Dokumentation kann der Arzt dennoch impfen, da zusätzliche Impfungen kein erhöhtes Risiko mit sich bringen. Serologische Kontrollen sind nur in Ausnahmefällen angezeigt (z. B. Anti-HBs bei Risikopersonen zur Überprüfung des Hepatitis B-Impfschutzes).

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 03/2021 ab Seite 86.

Gode Chlond, Apothekerin

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