Schwangerschaft
IMPFUNG GEGEN COVID-19 EMPFOHLEN?
Seite 1/1 3 Minuten
Seit wenigen Monaten sind in Europa drei COVID-19-Impfstoffe zugelassen. Die Nebenwirkungen werden, soweit sie bis jetzt bekannt sind, weitestgehend als harmlos und vorhersehbar eingestuft. Doch wie sieht es mit der Immunisierung während der Schwangerschaft aus? Über die möglichen Risiken bei Anwendung in der Schwangerschaft gibt es bisher keine ausreichenden Untersuchungen, sodass eine abschließende Bewertung zur Sicherheit dieser Impfstoffe derzeit nicht möglich ist.
Dennoch ist ermutigend, dass tierexperimentelle Daten bisher keinen Anlass zu Sorge geben, denn die Untersuchungen mit dem mRNA-COVID-19-Impfstoff von Moderna zeigten weder eine Beeinträchtigung der weiblichen Fertilität noch der kindlichen Entwicklung im Mutterleib beziehungsweise nach der Geburt.2 Da die aktuell zugelassenen Impfstoffe kein Virus sondern lediglich Virusbestandteile enthalten, ist eine Infektion von Mutter und/oder Kind durch eine Impfung auszuschließen.3
Impfung bei Frauen mit Kinderwunsch Frauen, die eine Schwangerschaft anstreben, können nach aktueller Datenlage gegen COVID-19 geimpft werden. Eine Beeinträchtigung der Fertilität durch die Impfung ist nicht zu erwarten, aber eine Immunisierung gegen die COVID-19-Infektion vermindert potenzielle Risiken in einer Schwangerschaft. Wurde eine Impfung durchgeführt, sollte eine Kinderwunschbehandlung erst einige Tage nach der zweiten Impfung beginnen, um etwaige Impfreaktionen abzuwarten.
Frauen, die eine Impfung ablehnen, können dennoch eine Kinderwunschbehandlung erhalten, nachdem sie über die Risiken einer COVID-19-Infektion in einer Schwangerschaft (z.B. häufiger schwere Verläufe, Frühgeburtlichkeit) aufgeklärt wurden. Wird eine Patientin versehentlich in der Frühschwangerschaft geimpft oder wird sie unmittelbar nach der ersten Impfung schwanger, sollte sie die zweite Impfung dennoch erhalten. Eine COVID-19-Impfung unmittelbar vor einer Schwangerschaft oder während einer Frühschwangerschaft stellt keine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch dar.
Impfung bei Schwangeren Es ist bekannt, dass Schwangere im Vergleich zu Nichtschwangeren im Falle einer COVID-19-Infektion vermehrt einen schweren Krankheitsverlauf erleiden, der mit einer intensivmedizinischen Behandlung und gegebenenfalls notwendiger Beatmung verbunden sein kann. Besonders Frauen im Alter über 35 Jahre sowie Patientinnen mit Vorerkrankungen wie beispielsweise Hypertonie, Diabetes und/oder Adipositas haben ein erhöhtes Risiko. Die Kinder betroffener Mütter werden häufiger zu früh geboren und müssen daher ebenfalls häufiger intensivmedizinisch betreut werden. Obwohl bisher eine abschließende Bewertung zur Sicherheit der verfügbaren COVID-19-Impfstoffe in einer Schwangerschaft nicht möglich ist, sollen Schwangere daher nicht generell von Impfprogrammen ausgeschlossen werden.4,5
Allgemeine Kontraindikationen, wie zum Beispiel schwere allergische Reaktionen bei einem anderen Impfstoff, sind natürlich zu beachten. Durch eine Impfung kann möglicherweise auch das Kind geschützt werden, denn die Mutter bildet nach der Impfung Antikörper gegen das SARS-CoV-2-Virus. Diese Antikörper könnten entweder noch im Mutterleib über den Mutterkuchen (Plazenta) oder nach der Geburt beim Stillen durch die Muttermilch auf das Kind übertragen werden und somit einen gewissen Nestschutz des Neugeborenen erzeugen.
Ausreichende wissenschaftliche Belege für diese Hypothese stehen zum jetzigen Zeitpunkt noch aus. Klar ist, nicht nur Mutter und Kind, sondern auch enge Kontaktpersonen der Schwangeren sollten sich vor einer Corona-Infektion bestmöglich schützen. Neben der strengen Einhaltung der AHAL-Regeln wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) eine priorisierte Impfung enger Kontaktpersonen (betreuende Hebammen, Ärztinnen, PartnerInnen) empfohlen.6
Fazit: Nach ausführlicher Beratung und einem gemeinsamen Entscheidungsfindungsprozess können Frauen mit Kinderwunsch und Schwangere gegen SARS-CoV-2/COVID-19 geimpft werden. Nach aktueller Datenlage scheinen die Vorteile der Impfung gegenüber möglichen Risiken zu überwiegen. Da sich diese Empfehlung durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse stets ändern kann, muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass die Verantwortung für das individuelle Vorgehen gemeinsam bei den betreuenden Ärzten und der Patientin liegt.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 04/2021 ab Seite 52.
Prof. Dr. med. Inka Wiegratz, Gynäkologin, Endokrinologin und Reproduktionsmedizinerin am Kinderwunsch- & Hormonzentrum Frankfurt
Quellen:
1 Deutsche Gesellschaft für Reproduktionsmedizin. COVID-19-Impfungen bei Schwangeren und Frauen mit Kinderwunsch. www.repromedizin.de/fileadmin/pdf/2021/COVID-Impfung_von_Schwangeren_und_Frauen_mit_Kinderwunsch_konsentiert_05-05-21.pdf 2 FDA. Vaccines andrelated biological produvts advisory committee meeting. December 17, 2020. FDA briefing document Moderna COVID-19 Vaccine. www.fda.gov/media/144434/download 3 Joint Committee on Vaccination and Immunisation: advice on priority groups for COVID-19 vaccination, 30 December 2020. assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/950113/jcvi-advice-on-priority-groups-for-covid-19-vaccination-30-dec-2020-revised.pdf 4 WHO SAGoEoIS. Interim recommendations for use of the Moderna mRNA-1273 vaccine against COVID-19 2021 (updated 25.01.2021). www.who.int/publications/i/item/interim-recommendations-for-use-of-the-moderna-mrna-1273-vaccine-against-covid-19 5 ESHRE STATEMENT ON COVID-19 vaccination and medically assisted reproduction. COVID-19 vaccination and assisted reproduction (updated 12.01.2021). www.eshre.eu/Europe/Position-statements/COVID19/vaccination 6 Robert Koch-Institut. Epidemiologisches Bulletin 2/2021. Beschluss der STIKO zur 1. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung und die dazugehörige wissenschaftliche Begründung. www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausgaben/02_21.pdf