Tiere in der Apotheke
HASENPEST
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Die Tularämie wird auch als Hasen-, Nagerpest, Lemmingfieber, Hirschfliegenfieber oder Ohara-Krankheit bezeichnet und durch das Bakterium Francisella tularensis verursacht. Vorwiegend erkranken Feldhasen, Kaninchen, Nagetiere und Eichhörnchen, generell können aber alle Wirbeltiere und auch Wirbellose angesteckt werden. Wildwiederkäuer, Vögel oder Fleischfresser sind jedoch deutlich seltener betroffen. Die Krankheit kommt in der nördlichen Hemisphäre vor, vor allem in Nordeuropa, Amerika und Russland, aber es wurden auch in Deutschland, unter anderem in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Bayern, Erkrankungen gemeldet. Insgesamt ist die Erkrankung aber eher selten.
Hochansteckende Erkrankung Die Übertragung auf andere Tiere oder Menschen erfolgt meist durch Ektoparasiten wie Milben, Zecken, Läuse, Flöhe und Stechmücken sowie durch intensiven direkten Kontakt mit an Hasenpest erkrankten Tieren oder kontaminierter Umgebung; häufig sind Infektionen durch Haut- und Schleimhautkontakte mit infizierten Tieren. Auch durch den Verzehr von ungenügend erhitztem Hasenfleisch, die Aufnahme von kontaminierten Lebensmitteln oder Wasser sowie durch Einatmen von infektiösem Staub, zum Beispiel aus Erde, Stroh, Heu oder Tierfellen, ist eine Ansteckung möglich. Beim Abhäuten oder Zerlegen von infizierten Feldhasen und bei Arbeiten mit landwirtschaftlichen Produkten, die mit Exkreten oder Kadavern kontaminiert sind, kann es ebenfalls zu einer Staub- oder Tröpfcheninfektion kommen. Die Hasenpest ist hochansteckend, sodass bereits wenige Keime für eine Infektion ausreichen. In Kadavern und Fellen bleiben die Krankheitserreger noch monatelang lebensfähig. Von Mensch zu Mensch kann die Krankheit nicht übertragen werden.
Symptome Die Inkubationszeit beträgt etwa zwei bis drei Tage. Mögliche Symptome sind ein struppiges Fell sowie ein schwankender Gang, Taumeln, Apathie, Abmagerung, Fieber, Hautabszesse, Lungenentzündung und Septikämie. Zudem zeigen sich Veränderungen an inneren Organen. So können Leber, Milz und Lunge von grauweißen Herden durchsetzt sein, was den Veränderungen wie bei Tuberkulose und Pseudotuberkulose ähnelt. Die betroffenen Wildkaninchen und Feldhasen verlieren die natürliche Scheu, und das Fluchtverhalten fehlt – vermutlich, weil sie weniger Kraft haben. Die meisten Tiere sterben innerhalb weniger Tage an einer Septikämie.
Beim Menschen äußert sich die Tularämie nach einer Inkubationszeit von etwa drei bis fünf Tagen durch unspezifische grippeähnliche Symptome wie Kopf- und Gliederschmerzen, Fieber, Schüttelfrost und Mattigkeit sowie Entzündungsreaktionen an der Eintrittsstelle, Hautgeschwüre, Mund-, Rachen-, Mandelentzündung, Bauchschmerzen mit Durchfall und Erbrechen. Die regionären Lymphknoten schwellen stark an, und es kann sich eine Lungenentzündung entwickeln. Allgemein sind nur wenige Erkrankungsfälle beim Menschen bekannt: So gab es Angaben des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) zufolge 2018 in Deutschland insgesamt 54 Tularämie-Fälle bei Menschen. Eine Infektion beim Menschen ist mit Antibiotika meist relativ einfach behandelbar. Zu den Risikogruppen zählen Jäger, Förster, Köche und Tierärzte.
Hochansteckend, aber eher selten: Von der Tularämie sind meist Jäger, Förster, Köche und Tierärzte betroffen.
Erkrankte Kaninchen Die Tularämie zählt durch ihr seuchenhaftes Auftreten mit hoher Sterblichkeit auch zu den Kaninchenseuchen. Bei milden Verlaufsformen kommt es zu einem Anschwellen der Lymphknoten, was von den meisten Kaninchenhaltern jedoch nicht rechtzeitig erkannt wird. Das bedeutet, dass die Erkrankung meist erst diagnostiziert wird, wenn es für eine Behandlung zu spät ist und das Tier eingeschläfert werden muss. Bei leichten Symptomen und rechtzeitiger Diagnose kann eine Behandlung mit Antibiotika und Infusionen versucht werden. In der Regel wird Streptomycin eingesetzt; alternativ kann ein Therapie mit Tetracyclin oder Chloramphenicol erfolgen. Gegenüber Penicillin und Sulfonamiden ist der Erreger dagegen resistent. Die Heilungschancen sind jedoch sehr gering.
Daher wird empfohlen, Kaninchen regelmäßig auf Parasiten hin zu untersuchen und Kontakt zu wilden Nagern und Kaninchen zu vermeiden. Das gilt vor allem bei einer Außenhaltung der Kaninchen und wenn es Fälle von Hasenpest im Wohngebiet gibt. Vor einer Ansteckung schützt beispielsweise auch ein Fliegengitter über dem Volierendraht des Kaninchengeheges. Der Erreger kann außerdem mit Desinfektionsmitteln auf Formaldehydbasis abgetötet werden. Kaninchenbesitzer sollten zudem kein Heu und Stroh aus Tularämie-Gebieten verfüttern. Bislang ist noch keine Übertragung der Krankheit von Hauskaninchen auf den Menschen bekannt, dennoch darf das Risiko einer Ansteckung nicht außer Acht gelassen werden.
Prophylaxe und Vorsichtsmaßnahmen Haushunde scheinen gegenüber dem Erreger relativ resistent zu sein, ebenso Hauskatzen. Da sie sich aber dennoch grundsätzlich anstecken können, sollten Hundehalter den Kontakt zwischen Hund und einem toten Tier vermeiden und ihre Hunde bei Spaziergängen in freier Natur vorsichtshalber anleinen, da Hunde auch Überträger sein können. Werden auffällige Hasen oder Wildkaninchen beobachtet, sollte das den Behörden beziehungsweise dem zuständigen Veterinäramt gemeldet werden. Das ist wichtig, denn die Tularämie ist eine meldepflichtige Erkrankung.
Allgemein sollte ein ungeschützter Kontakt zu lebenden oder toten Wildtieren vermieden werden. Tote Tiere sollten auf keinen Fall angefasst oder vergraben werden, stattdessen sollten umgehend Jäger oder Förster informiert werden. Wildgerichte sollten generell nur gut durchgegart verzehrt werden, denn durch Kochen wird der Erreger abgetötet. Der beste Schutz vor einer Ansteckung sind Maßnahmen gegen Zecken und Stechmücken sowie die regelmäßige und sorgfältige Hände- desinfektion. Durch gängige Desinfektionsmittel kann der Erreger gut abgetötet werden. Ein Impfstoff gegen Tularämie ist in Deutschland bislang nicht zugelassen.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 03/2020 ab Seite 82.
Dr. Astrid Heinl, Tierärztin