Forschung Medizin
GETREIDEASSOZIIERTE ERKRANKUNGEN
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Nahrungsmittelunverträglichkeiten – Unter anderem die Getreidebestandteile Gluten und Alpha-Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI) gelten als verantwortlich für die Beschwerden, die bei einigen Menschen nach einer Mahlzeit auftreten. Es wird häufig die Vermutung geäußert, dass alte Getreidesorten wie zum Beispiel Dinkel, Emmer und Einkorn aufgrund ihrer Zusammensetzung für die Betroffenen besser verträglich seien. Also wurden diese zu Studienzwecke an verschiedenen Standorten in Süddeutschland angebaut. Die aus der Ernte gewonnenen Mehle wurden anschließend in Bezug auf ihre Inhaltsstoffe analysiert. Dabei zeigte sich, dass Dinkel, Hartweizen, Emmer und Einkorn im Mittel einen höheren Glutengehalt als der moderne Brotweizen aufweisen.
Der Gehalt an ATI war bei Dinkel und Emmer ebenfalls höher als beim Brotweizen, lediglich Einkorn wies im Vergleich zu den übrigen Arten einen deutlich geringeren ATI-Gehalt auf. „Keine der untersuchten Weizenarten ist für Zöliakie-Betroffene geeignet“, stellte Professor Dr. Katharina Scherf im Rahmen einer digitalen Meet the Expert-Veranstaltung klar. In einer zweiten Studie wurden innerhalb von drei Jahren 60 Sorten des Brotweizens angebaut, die seit 1891 gebräuchlich sind oder waren. Bei der anschließenden Untersuchung der Mehle zeigte sich, dass es zwar Unterschiede hinsichtlich Gluten-Gehalt und –Zusammensetzung zwischen den einzelnen Erntejahren und Sorten gab, diese aber nicht spezifisch alten oder modernen Weizensorten zuzuordnen waren.
Dazu Scherf: „In den Analysen wurde kein Hinweis darauf gefunden, dass sich die Brotweizensorten in Bezug auf ihre Verträglichkeit im Lauf der Jahre verändert haben.“ Alte Weizensorten seien aber insofern wichtig, als dass sie zu einer höheren Biodiversität beitrügen. „Für die Ernährungstherapie von getreideassoziierten Erkrankungen sollten jedoch glutenfreie Getreide wie Mais, Reis, Hirse und Buchweizen verwendet werden.“ Rund 100 000 Menschen sind in Deutschland von Zöliakie betroffen, einer chronischen Entzündung der Darmschleimhaut, die durch das in zahlreichen Getreiden enthaltene Klebereiweiß Gluten verursacht wird.
Die einzig mögliche Therapie besteht dabei in einer lebenslangen streng glutenfreien Ernährung. Bei einer Weizensensitivität führt der Verzehr glutenhaltiger Speisen zu Symptomen wie Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Hautausschlag oder geistiger Verwirrung („foggy mind“). Die Wissenschaft ist sich noch nicht sicher, ob dafür Gluten oder ATIs verantwortlich ist. Das Reizdarm-Syndrom zählt zu den häufigsten chronischen Magen-Darm-Erkrankungen, die rund 15 Prozent der Deutschen betrifft. Studien beweisen, dass sich die Symptome mit einer glutenfreien Ernährung beziehungsweise einer Low FODMAP-Diät verbessern.
Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 09/2020 auf Seite 10.
Quelle
„Sind alte Weizenarten besser als glutenfreies Getreide?“, digitale Meet the Expert-Veranstaltung zur Ernährungstherapie bei getreide- assoziierten Erkrankungen, 15. Juli 2020. Veranstalter: Dr. Schär.