Lachende Menschen am Tisch © fizkes / iStock / Getty Images
Entscheidend für die (psychische) Gesundheit ist die Balance zwischen Berufs-, Privatund Familienleben. © fizkes / iStock / Getty Images

Psychologie in der Apotheke

GESUND ARBEITEN

Die Arbeitsbedingungen können sich auf die Gesundheit auswirken – positiv wie negativ. Schließlich ist das Wohlbefinden am Arbeitsplatz ein wichtiger Faktor für die Lebensqualität.

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Bei der Arbeit verbringt man viele Stunden des Tages, somit gilt der Beruf als zentraler Bestandteil der Lebensgestaltung. Umso wichtiger ist es, dass man sich dort wohl fühlt und der Job keine Quelle der Krankheit darstellt. Ein wichtiger Aspekt besteht demnach darin, das Erwerbsleben so zu gestalten, dass es die Gesundheit positiv beeinflusst. Nur bei individuell optimalen Arbeitsbedingungen ist die Produktivität des einzelnen Arbeitnehmers gewährleistet.

Gesundes Apothekenpersonal In der Apotheke hat selbstverständlich jeder Mitarbeiter Anspruch auf einen gesunden und sicheren Arbeitsplatz. Die Verantwortung für den Arbeitsschutz obliegt dem Apothekenleiter, der Gefährdungen erkennen und entsprechend reagieren muss. Der Arbeitsschutz erstreckt sich nicht nur auf körperliche Gefahren, die zum Beispiel durch den Umgang mit Gefahrstoffen oder brennbaren Flüssigkeiten entstehen, sondern auch auf alltägliche Belastungen wie das lange Stehen in der Offizin, Stress, psychische Belastungen oder Infektionsrisiken bei der Durchführung von Blutuntersuchungen. Der Apothekenleiter kann sich auf der Homepage der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) Broschüren mit Tipps zum Arbeitsschutz herunterladen.

Quelle von Krankheit und Gesundheit Arbeit kann sich auf die Gesundheit förderlich, jedoch auch auf vielfältige Art und Weise negativ auswirken. Ein Grund dafür ist beispielweise eine Fehlbeanspruchung, also ein Missverhältnis zwischen den individuellen Leistungsvoraussetzungen und den Anforderungsmerkmalen einer Aufgabe. Auch führen Über- oder Unterforderung (wie etwa bei monotonen Tätigkeiten) zu einer psychischen Ermüdung. Noch ernster ist der Zustand der psychischen Sättigung, der sich in erster Linie durch mangelnde Sinnhaftigkeit der Arbeit kennzeichnet und sich in starkem Wiederwillen äußert.

Ursachen von Fehlzeiten Ein häufiger Grund für Arbeitsunfähigkeit sind psychische Störungen, wie Auswertungen von Krankenkassendaten zeigen. Laut dem Fehlzeiten-Report 2017 sind Depressionen und „Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen“ die dritt- und vierthäufigste Ursache aller Fehltage (nach Rückenschmerzen und Atemwegsinfekten). Vermutlich sind die Krankheitsbilder nicht nur auf die veränderte Diagnostik zurückzuführen, sondern auch auf die psychosozialen Belastungen in der Arbeitswelt, wie etwa vielfältigere Aufgaben, höhere Anforderungen oder Termindruck.

Im Gleichgewicht bleiben Entscheidend für die (psychische) Gesundheit ist die Balance zwischen Berufs-, Privat- und Familienleben. Für viele Beschäftigte ist diese zum einen eine wichtige Gesundheitsressource und zum anderen die Voraussetzung, um das seelische Wohlbefinden aufrechtzuerhalten, gesund zu bleiben und langfristig leistungsfähig zu sein. Die Apotheke stellt beispielsweise für Mütter, die Teilzeit arbeiten möchten und ausreichend Zeit für Kinder und Familie benötigen, einen idealen Arbeitsplatz dar, denn häufig ist es möglich, dass sie die Vormittage im Dienstplan abdecken.

Wie machen sich Belastungen bemerkbar? Häufig ziehen sich Betroffene mit psychischen Problemen von Kollegen und Vorgesetzten zurück, wirken niedergeschlagen und sind nicht mehr leistungsfähig. Manchmal sprechen sie das Thema auch offen an und bitten um Unterstützung. Um das Klima in der Apotheke (oder in anderen Unternehmen) gesundheitsförderlich zu gestalten, sollten eine offene Feedbackkultur sowie menschliche Umgangsformen gelebt und realistische Ziele gesetzt werden. Vorgesetzte bemerken idealerweise frühzeitig, wenn Mitarbeiter nur noch für die Arbeit leben, Urlaubstage verfallen lassen oder über körperliche Beschwerden wie Schlafstörungen, Tinnitus, Magen-Darm-Symptome oder erste Burnout-Anzeichen klagen. Erhalten Gefährdete Entlastung und Hilfe, gelingt es in vielen Fällen, eine drohende psychische Erkrankung rechtzeitig abzuwenden.

Schutz durch Eigeninitiative Berufstätige haben bis zu einem gewissen Maß Einfluss auf ihre psychische Gesundheit. Die eigene seelische Widerstandsfähigkeit kann trainiert werden, indem man beispielsweise reflektiert, was gut tut und was eher stresst. Diese Faktoren listet man am besten auf und ergreift Maßnahmen, welche die Balance zwischen Stressoren und Entspannung fördern. Ausreichend Schlaf, die Aufrechterhaltung des Soziallebens, Entspannungstechniken sowie regelmäßige körperliche Aktivität beugen Fehlbeanspruchungen vor und bewahren die psychische und physische Gesundheit.

Physische Gesundheit Für viele Erwerbstätige bedeutet Arbeit, dass sie permanent am Schreibtisch mit Blick auf den Bildschirm sitzen. Raten Sie Kunden, die im Büro arbeiten, auf ihre Rücken- und Augengesundheit zu achten. Beim dynamischen Sitzen ändert man regelmäßig die Position und verwendet möglichst einen ergonomischen Arbeitsstuhl, der sich dreht und bei dem sich Sitzfläche und Rückenlehne gegeneinander bewegen. Ist dies nicht machbar, empfiehlt es sich, die Oberschenkel waagrecht zu halten und die Füße locker auf den Boden zu stellen, während man die Schultern entspannt und die Arme auf Armlehnen ablegt.

Die Hände sollten so auf der Tastatur liegen, dass sie sich mit den Unterarmen auf einer Linie befinden. Außerdem ist Bewegung im Alltag sinnvoll, indem man beispielsweise im Büro das Treppenhaus (statt den Lift) bevorzugt oder in der Pause bei einem Spaziergang frische Luft tankt. Um die Augen zu schonen, ist die optimale Helligkeit wichtig. Bildschirmarbeiter achten am besten darauf, dass sie nicht geblendet werden und den Monitor entsprechend ausrichten. Pflanzen im Büro fördern das Wohlbefinden und können sich im Job auszahlen. Lärm ist eine Quelle für Stress und stellt eine Gesundheitsbelastung dar – das Büro sollte daher geräuscharm gestaltet sein, etwa durch leise Arbeitsgeräte, Trennwände in Großraumbüros oder durch Teppiche statt Laminat.

Nicht-Arbeit ist ungesund Der Beruf hat weit mehr Funktionen als nur die Bestreitung des Lebensunterhalts, die besonders dann deutlich werden, wenn die Arbeit über einen längeren Zeitraum fehlt. Bereits die Marienthal-Studie aus dem Jahr 1931/1932 zeigte, dass langanhaltende Arbeitslosigkeit zu psychosomatischen Beschwerden, zu einer Abnahme sozialer Kontakte sowie zu einem Verlust der Zeitstruktur führt.

Laut Semmer und Udris (2004) werden der Arbeit psychosoziale Funktionen zugeschrieben: die Aspekte Aktivität und Kompetenz, Zeitstrukturierung, Kooperation und Kontakt, soziale Anerkennung sowie die Entwicklung der persönlichen Identität. Die Arbeitslosenforschung macht die negativen Auswirkungen der Nicht-Arbeit auf das Wohlbefinden sowie auf die psychische Gesundheit deutlich, die unter anderem von der Dauer, dem Geschlecht und den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen abhängen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/19 ab Seite 108.

Martina Görz, PTA, M.Sc. Psychologie und Fachjournalistin

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