Wer wechselweise in Tag- und Nachtschichten arbeitet, kann nur einen Teil seiner Gene auf die neuen Zeiten einschwören. Ein bestimmter Prozentsatz verbleibt in der alten Programmierung und verursacht körperliche Probleme. © Halfpoint / iStock / Getty Images Plus

Chronobiologie | Krankheitsursachen

GENE VERWEIGERN SCHICHTARBEIT

Arbeiten in Wechselschichten schadet unserer Gesundheit. Warum das so ist, fanden Forscher anhand einer umfassenden Studie heraus: Manche Gene verweigern die Umstellung der inneren Uhr.

Seite 1/1 1 Minute

Seite 1/1 1 Minute

Millionen Menschen – genauer 20 Prozent der Bevölkerung - tun es, und manche ein Leben lang: Sie arbeiten wechselweise in Tag- oder Nachtschicht und vollbringen Höchstleistungen, während andere schlafen. Auch der Stoffwechsel einer Nachtschwester ist auf Schlaf und Erholung programmiert, während der Körper etwas ganz anderes tut. Das bleibt nicht ohne Folgen für die Gesundheit: Schichtarbeiter leiden häufiger unter Übergewicht, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen und auch das Risiko für verschiedene Krebserkrankungen steigt an. Die Mechanismen hinter diesen Phänomenen sind aber erst in Teilen geklärt. Laura Kervezee von der McGill University in Montreal initiierte eine Studie, in der acht Freiwillige fünf Tage lang in einem Isolierlabor mit verschobenen Tageszeiten lebten. Lichtregime, Essenszeiten und Schlafphasen waren um zehn Stunden gegenüber dem normalen Tag-Nacht-Rhythmus verschoben. Am ersten und am letzten Tag des Versuchs nahmen die Forscher regelmäßig über 24 Stunden hinweg Blutproben von ihren Probanden und untersuchten diese auf die Aktivität von 20 000 Genen.

Das Ergebnis: Die Bedingungen der simulierten Nachtschicht führten zu auffallenden Veränderungen in der Genexpression. Zu Beginn der Studie zeigten 3,8 Prozent der Gene eine im Tagesrhythmus schwankende Aktivität, doch das änderte sich während der Nachtschicht: Fast 25 Prozent dieser Gene verloren ihren biologischen Rhythmus. Doch 73 Prozent passten sich nicht an den neuen Takt an und blieben im (Tages)Rhythmus. Wie bei den meisten Berufstätigen mit Wechselschichten hatte sich auch bei den Probanden die im Gehirn sitzende Hauptuhr des Körpers nicht an die neuen Bedingungen angepasst.

Die mangelnde Anpassung der Genaktivität an die neuen Rhythmen betrifft einige der Schlüsselprozesse unserer Biologie. „Wir haben beispielsweise festgestellt, dass die Expression von Genen des Immunsystems und von Stoffwechselprozessen sich nicht an die neuen Bedingungen anpassen“, sagt Co-Autorin Diane Boivin. „Das könnte zur Entwicklung von Gesundheitsproblemen wie Diabetes, Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen, die wir bei Schichtarbeitern besonders häufig beobachten.“

Alexandra Regner,
PTA/Redaktion

Quelle: www.wissenschaft.de

×