Clostridien
GEFÜRCHTETE KEIME
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Clostridien sind grampositive, stäbchenförmige Bakterien. Sie sind anaerob, das heißt, dass sie in einer sauerstoffhaltigen Umgebung, also auch in Wasser, nicht oder nur kurzzeitig überleben können. Deswegen entwickeln sie Sporen, eine Ruheform des Bakteriums, die gegen Umwelteinflüsse extrem resistent ist. Diese Sporen finden sich fast überall, vor allem aber im Boden sowie im Verdauungstrakt von Vögeln, Fischen, Säugetieren und Menschen.
Unter günstigen anaeroben Bedingungen keimen die Sporen erneut aus, wobei jedoch nicht alle Clostridienarten auch Krankheiten auslösen. Die pathogenen Formen bilden aber Toxine, die für sehr schwere, teils lebensbedrohliche Erkrankungen verantwortlich sind. Ein gefährlicher Erreger ist in der Bevölkerung weit verbreitet: das eigentlich harmlose Darmbakterium Clostridium difficile.
Bei einer gestörten Darmflora, zum Beispiel nach einer Antibiotikakur, kann es sich jedoch stark vermehren und dann die pseudomembranöse Kolitis auslösen, eine lebensgefährliche Durchfallerkrankung. Dabei lösen die vom Erreger produzierten Toxine die Darmwände auf, was zu einer Sepsis führen kann. Clostridium difficile gehört zu den häufigsten Krankenhauskeimen.
Botulismus Die Erreger der Gruppe Clostridium botulinum bilden eines der gefährlichsten Gifte überhaupt: Botulinumtoxin. Es gibt insgesamt sieben verschiedene Botulinumtoxi-ne , von denen vier (A,B,E,F) erwiesenermaßen für den Menschen gefährlich sind. Hauptquelle des Toxins A sind selbst gemachte Konserven mit Fleisch, Fisch, Obst oder Gemüse. Wurden sie nicht hinreichend sterilisiert und dann luftdicht verschlossen, können vorhandene Sporen auskeimen und Toxine produzieren, wobei sich die Konserve meist aufbläht.
WIE BEUGE ICH VOR?
+ Botulismus Gerade von nicht hinreichend sterilisierten, luftdicht verschlossenen Konserven geht Gefahr aus. Solche mit gewölbtem Deckel, oder mit Inhalten, die unnormal aussehen oder riechen, sollten unverzüglich entsorgt werden. Bei selbst hergestellten sollte man darauf achten, dass das Lebensmittel beim Erhitzen im Kern eine Temperatur von 100 °C erreicht, denn erst dann sterben die Erreger ab. Bei 80 °C dauert es immerhin noch sechs Minuten, bis die Bakterien zuverlässig abgetötet werden. Da man in den meisten Fällen die Kerntemperatur nicht misst, sollten Lebensmittel zur Sterilisation mindestens eine Viertelstunde bei 100 °C abgekocht werden.
+ Tetanus Da die ausgebrochene Erkrankung nicht therapiert werden kann, ist eine Impfung für jeden empfehlenswert. Menschen, die viel im Garten arbeiten, sind besonders gefährdet, denn die Sporen finden sich überall in der Erde. Die Grundimmunisierung kann bereits nach dem vollendeten zweiten Lebensmonat erfolgen; nach zwei Auffrischungen im Alter von fünf und sechs Jahren besteht ein etwa zehnjähriger Schutz. Danach sollte erneut geimpft werden.
Werden solche Produkte verzehrt, lösen sie eine schwere Lebensmittelvergiftung aus. Das Gift hemmt die Ausschüttung des Neurotransmitters Acetylcholin und blockiert damit die Signalübertragung zwischen Nerven und Muskeln. Je nach aufgenommener Menge kommt es im Zeitraum von zwölf Stunden bis zu einigen Tagen zuerst zu Lähmungen, die an den Augen beginnen.
Die Betroffenen sehen verschwommen und in Doppelbildern, die Pupillen sind geweitet. Danach fallen Schlucken und Sprechen immer schwerer. Schließlich wird die Muskulatur der inneren Organe gelähmt, was mit Erbrechen, Durchfall und Bauchkrämpfen einhergeht. Der Tod tritt meist durch Ersticken oder Herzstillstand ein. Bemerkt man nach dem Verzehr von Konserven erste Symptome, sollte man sofort einen Arzt aufsuchen.
Bei Verdacht auf Botulismus ist eine unmittelbare intensivmedizinische Betreuung erforderlich. Man wird den Magen auspumpen sowie ein Abführmittel und ein Antiserum verabreichen. Dieses wirkt jedoch nur gegen freie Toxine im Blut, nicht aber gegen bereits ins Gewebe vorgedrungene Gifte. Ohne Gegengift beträgt die Sterblichkeitsrate 90 Prozent, mit Antiserum sinkt sie auf 10 bis 15 Prozent. Die Lähmungserscheinungen können selbst nach erfolgreicher Therapie noch monatelang anhalten. Generell ist der Botulismus in Deutschland allerdings eine seltene Erkrankung. Das Robert Koch-Institut meldet pro Jahr nur etwa 20 Fälle.
Eine spezielle Form dieser Vergiftung ist der Säuglingsbotulismus. Hierbei werden aufgenommene Sporen aufgrund fehlender Magensäure oder einer noch nicht vollständig abwehrkräftigen Darmflora nicht abgetötet und können im Darm gefährliche Toxine bilden. Babys sollten daher im ersten Jahr keinen Honig essen, da dieser häufig Sporen enthält.
Die muskellähmende Wirkung von Botulinumtoxin wird auch medizinisch genutzt. So wird es als „Botox“ in sehr geringer Dosierung unter anderem zur Faltenglättung eingesetzt – hierbei jedoch oft mit eher fragwürdigem Ergebnis.
Tetanus Eine weitere gefürchtete Krankheit ist der Wundstarrkrampf, der durch Clostridium tetani ausgelöst wird. Seine Sporen finden sich meist in Gartenerde, Staub oder Straßenschmutz. Der Erreger dringt über kleinste Wunden ein und kann dort unter anaeroben Bedingungen auskeimen, woraufhin er das Toxin Tetanospasmin produziert. Es verursacht Muskelkrämpfe, da es Nervensignale hemmt, die eine Kontraktion der Muskeln verhindern.
Nach einer Inkubationszeit von bis zu drei Wochen zeigen sich erste, grippeähnliche Symptome. Das früheste typische Zeichen ist die Verkrampfung der Gesichtsmuskulatur, sodass der Kiefer nicht mehr geschlossen werden kann und der Patient aussieht, als würde er grinsen. Anschließend verkrampft sich die Rückenmuskulatur, was zu einer Überstreckung des ganzen Körpers nach hinten führt. Diese Krämpfe können so stark sein, dass sie zu Wirbelbrüchen führen, danach kann es zu krampfartigen Zuckungen kommen.
Unbehandelt führt die Vergiftung zum Tod durch Atemlähmung. Für Tetanus gibt es kein Gegengift; man kann lediglich die Wunde reinigen und im schlimmsten Fall eine Amputation durchführen, um die Verbreitung des Erregers einzudämmen. Wirksam ist jedoch eine Impfung. In Ländern, wo dies forciert wird, konnte die Krankheit dadurch sehr stark eingedämmt werden.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 04/13 ab Seite 122.
Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist