Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung liegt auf dem Schreibtisch neben einem Stift und einem Stethoskop
Aktuell ist man entweder arbeitsunfähig oder arbeitsfähig, kommt bald die Zwischenlösung? © Henrik Dolle / iStock / Getty Images Plus

Gesundheitssystem | Fehltage

FÜR EIN PAAR STUNDEN KRANKGESCHRIEBEN

Der Ärzteverband Marburger Bund schlägt eine Art „Teilzeit-Krankschreibung“ als neue Form der Arbeitsminderungs-Bescheinigung vor. Statt den ganzen Tag könnten Arbeitnehmer dann auch nur stundenweise krankgeschrieben werden.

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In Schweden wird dieses Modell praktiziert, in Deutschland ist man aktuell entweder arbeitsunfähig und bleibt komplett zu Hause oder man ist gesund und geht eben arbeiten. Der Vorsitzende Rudolf Henke sagte vor kurzem gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: „Viele erkrankte Arbeitnehmer könnten wahrscheinlich schneller genesen und würden weniger lange dem Arbeitsprozess fernbleiben, wenn es nicht nur die Wahl zwischen Arbeitsfähigkeit und Arbeitsunfähigkeit gäbe“. Mit einer vorübergehenden Minderung der Arbeitsfähigkeit könnte der Arzt hingegen verordnen, dass der Arbeitnehmer, wenn sein gesundheitlicher Zustand das zulässt, für einige Stunden am Tag arbeiten gehen kann. Das Argument hierfür: „Tagesstruktur und Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen blieben erhalten, die Gefahr einer sozialen Isolation wäre deutlich gemindert“, erklärt Henke.

Dabei nimmt er vor allem Bezug auf den Anteil der Arbeitnehmer, die aufgrund psychiatrischer Krankheitsbilder als derzeit arbeitsunfähig gelten. Gerade bei Depressionen könnten längere Krankschreibungen zu einer Verschlimmerung der Symptomatik beitragen. Dazu kommt nach Henke auch die Angst um den Arbeitsplatz. Stundenweise Schonung anstatt komplett daheim zu bleiben, zum Beispiel mit einer Krankschreibung von vier bis sechs Stunden – wäre die konkrete Umsetzung des Vorschlages des Ärzteverbands Marburger Bund. „Ich bin sicher, dass durch eine Bescheinigung der Arbeitsminderung viele Fälle von längerer Arbeitsunfähigkeit verhindert werden und Patienten ihre Krankheit besser bewältigen können“, sagte Henke.

Dieses Modell wurde übrigens bereits 2015 in Deutschland diskutiert. Anlass war ein vom damaligen Bundesgesundheitsministers Hermann Gröhe in Auftrag gegebenes Gutachten, das sich mit Lösungsstrategien zur Eindämmung der steigenden Gesundheitsausgaben beschäftigte. Allein 2014 betrugen die Krankengeldzahlungen der Krankenkassen etwa 10,6 Milliarden Euro.

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quelle: Pharmazeutische Zeitung

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