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»Keine Mobiltelefone für Schwangere?«

FETUS ON RADIO

Die Strahlung mobiler Telefone ist schädlich – nur ein Gerücht? An Mäusen konnten nun schädigende Effekte auf die Hirnentwicklung nachgewiesen werden.

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Kennen Sie das auch? Das ständige Bombardement der Medien mit Schreckensmeldungen über immer neue Bedrohungen für unsere Gesundheit, von Schweinegrippe über Cholesterinwerte bis hin zu Erdstrahlen? Unabhängig davon, wie gut die wissenschaftlichen Belege für das jeweilige Gefahrenpotenzial ausfallen, lösen derartige Themen leider bei vielen Menschen Angst aus und verändern ihr Verbraucherverhalten, bei anderen hingegen hat die Flut solcher Meldungen längst dazu geführt, potenzielle Problematiken für die Gesundheit zu verdrängen oder schlicht ganz zu ignorieren.

Ein Thema, das immer wieder kontrovers diskutiert wird, ist das Gefährdungspotenzial der Strahlung mobiler Telefone. Wenngleich dies eine wichtige Frage ist, lagen doch bislang kaum belastbare wissenschaftliche Daten zu einer mögliche Gefährdung durch diese Strahlen vor.

Doch es gibt Neuigkeiten: Die Wirkung elektromagnetischer Strahlung, wie Mobiltelefone sie als Funksignal nutzen, wurde bereits verschiedentlich in Zellkulturen untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass die Strahlung die Zellteilung beeinflussen oder die Entstehung zellschädigender freier Radikale begünstigen kann. Kritisch bei all solchen Untersuchungen ist immer die Frage nach der noch unschädlichen Strahlendosis, gemessen als spezifische Absorptionsrate. Die EU hat hier als Grenzwert 2,0 W/kg festgelegt, die USA 1,6 W/kg.

Forscher aus Yale konnten nun nachweisen, dass Mäuse, die während der Schwangerschaft einer solchen Strahlung, produziert von normalen Mobiltelefonen, ausgesetzt waren, zwar selber nicht erkrankten, wohl aber ihre Nachkommen: Tiere, die in utero der Strahlung ausgesetzt waren, zeigten verringerte synaptische Übertragung in Neuronen der präfrontalen Kortex, einer Struktur, die zum Beispiel Aufmerksamkeitsreaktionen und Arbeitsgedächtnis steuert, was beides bei Kindern mit ADHS gestört ist. In ähnlicher Weise zeigten auch die Mäuse verschlechterte Gedächtnisleistungen, geringere Ängstlichkeit und Hyperaktivität, sodass hier ein Zusammenhang zwischen der Strahlung mobiler Telefone, gestörter Hirnentwicklung und daraus resultierenden Verhaltensauffälligkeiten, vergleichbar denen bei menschlichem ADHS, bestehen könnte.

Wenngleich es im Moment noch völlig unklar ist, ob sich diese an Mäusen erhobenen Befunde auf den Menschen übertragen lassen werden, gibt es bereits epidemiologische Befunde, die in die gleiche Richtung deuten. Daher könnten Sie sicherheitshalber dennoch – falls Sie gerade schwanger sein sollten – den Gebrauch eines Mobiltelefons minimieren und stattdessen wieder vermehrt das gute alte Festnetztelefon nutzen – das kennen Sie ja vielleicht auch noch.

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ZUR PERSON

Prof. Dr. Holger Schulze
Hirnforscher
Holger.Schulze@uk-erlangen.de

Prof. Dr. Schulze ist Leiter des Forschungslabors der HNO-Klinik der Universität Erlangen-Nürnberg
sowie auswärtiges wissenschaftliches Mitglied des Leibniz-Instituts für Neurobiologie in Magdeburg.
Seine Untersuchungen zielen auf ein Verständnis der Neurobiologie des Lernens und Hörens.
www.schulze-holger.de

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 04/13 auf Seite 12.

 


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