Wirkstoffe – historisch beleuchtet

F WIE FUROSEMID

Unentbehrlich sind die Diuretika. Ihre Entdeckung verdanken sie – wie beispielsweise das bedeutende erste synthetische Schleifendiuretikum Furosemid – eher glücklichen Zufällen.

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Diuretika sind chemisch gesehen sehr unterschiedliche Stoffe. Genutzt wurden sie zunächst als Mittel gegen die Wassersucht, darunter verstand man Ödeme, die meist aufgrund einer Herzinsuffizienz auftraten. Zunächst waren es Purine , dann Quecksilberverbindungen (Kalomel, Sublimat), schließlich ein quecksilberhaltiges perorales Antisyphilitikum (Novasurol®) sowie Mersalyl (Salyrgan®).

Trotz zahlreicher Fälle von Quecksilbervergiftungen waren bis 1950 organische Quecksilberverbindungen Standard der Ödembehandlung. Mit den Sulfonamiden, deren diuretische Wirkung zufällig entdeckt und zunächst nur als eine Nebenwirkung bei anderweitiger Indikation betrachtet wurde, konnte die Forschung eine Arzneimittelgruppe entwickeln, deren hoher therapeutischer Stellenwert bis heute unbestritten ist. Dass Sulfanilamid (Prontosil®), ein Chemotherapeutikum, als unerwartete Nebenwirkung eine Diurese auslöst, konnte William Schwartz 1949 klinisch belegen. 1950 kam als erstes sulfonamidhaltiges, peroral applizierbares Diuretikum der Carboanhydrasehemmstoff Acetazolamid in den Handel, 1957 Chlorothiazid und schließlich 1959 Hydrochlorothiazid (HCT).

Irrungen und Wirrungen Auf der Suche nach noch effektiveren Thiaziden entdeckten der Chemiker Hajdu und der Mediziner Muschaweck für die deutschen Farbwerke Höchst schließlich im Jahr 1959 zufällig die Substanz Furosemid – mit einem gänzlich anderen Wirkmechanismus. Ausgehend von den Benzothiadiazinen hatten sie gehofft, durch Austausch des heterozyklischen Teils im Molekül durch einen offenkettigen Substituenten eine Wirkungsverbesserung der Thiazide zu erzielen. Die entwickelte Substanz wies zwar wie die Thiazide eine Sulfanilamid-Struktur auf, doch wurde die zweite Sulfonamidgruppe des HCT durch eine Carboxylgruppe ersetzt und als Seitenkette ein Furylmethylrest eingeführt.

Bei der Wirkuntersuchung stellte sich heraus, dass Furosemid nicht wie die Thiazide im Nierenbereich am frühdistalen Tubulus, sondern an der Henle-Schleife angreift und deshalb wesentlich potenter ist. Das war die Geburtsstunde der synthetisch hergestellten Schleifendiuretika.

Siegeszug und Fortschritt Rasch nach Markteinführung begann der Siegeszug. Furosemid entwickelte sich zu einem echten Arzneimittelklassiker und hat bis heute seinen Stellenwert als unentbehrliches Saluretikum, um Wassereinlagerungen zu bekämpfen, Herzschwäche und Bluthochdruck zu reduzieren, behalten. Doch auch bei den Schleifendiuretika vom Furosemid-Typ gab es Fortschritte: Die Weiterentwicklung Piretanid wird bei peroraler Gabe besser und zuverlässiger resorbiert als Furosemid. Das ursprünglich als Antidiabetikum entwickelte Torasemid besitzt bei ebenfalls hoher Resorption eine deutlich längere Haltwertszeit.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/11 auf Seite 56.

Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin/Journalistin

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