Eine junge Frau lässt sich von ihrer Mutter trösten.
Ein sensibler Umgang mit dem Thema Essstörungen und Diabetes ist nötig. © KatarzynaBialasiewicz / iStock / Getty Images Plus

Diabetes | Essstörungen

ESSSTÖRUNGEN BEI TYP-1-DIABETIKERINNEN BESONDERS HÄUFIG

Zwei- bis dreimal häufiger leiden junge Frauen mit Typ-1-Diabetes unter Essstörungen – mit potenziell lebensgefährlichen Folgen. Denn sie riskieren irreversible Nerven- und Gefäßschäden oder schlimmstenfalls ihr Leben. Ärzte und Angehörige sollten verstärkt auf Anzeichen achten.

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Am weitesten verbreitet ist Bulimie. Junge Typ-1-Diabetikerinnen verschlingen in Essanfällen große Mengen, die sie im Anschluss wieder erbrechen – aus Angst zuzunehmen. Alternativ werden hohe Dosen Abführmittel eingenommen, um Durchfälle zu provozieren. Eine weitere, verbreitete Methode stellt das Insulin-Purging dar: Die Patientinnen lassen lebenswichtige Insulin-Dosen aus mit der Folge, dass der aufgenommene Zucker nicht resorbiert, sondern über den Urin wieder ausgeschieden werden soll. Doch große Mengen Glucose verbleiben im Blut, die Blutzuckerspiegel steigen an, freie Glucose greift Blutgefäße, Nerven und Nieren an. Im Extremfall droht eine Ketoazidose.

Doch warum gerade Typ-1-Diabetikerinnen? Ist das nicht sowieso der „schlanke Diabetes-Typ“? „Durch den Diabetes müssen sich Mädchen und junge Frauen täglich mit Inhalt und Menge des Essens auseinandersetzen“, erklärt Susan Clever, Diplom-Psychologin aus Hamburg auf einer gemeinsamen Pressekonferenz von Diabetes- und Hormonexperten diesen Monat in Berlin. „Gerade in der Pubertät ist die Gefahr groß, dass Maßnahmen, die den Diabetes behandeln sollen, in ein krankhaftes Verhältnis zum Essen und zum eigenen Körper führen.“ Zudem begünstigt die Insulin-Therapie die Gewichtszunahme, gerade zu Beginn. Stress durch die Krankheit Diabetes, ein geringes Selbstwertgefühl, beschämende Aussagen von Freunden oder Mitschülern – eine gefährliche Kombination, durch die sich Betroffene in ein gestörtes Essverhalten flüchten können.

„Da die Betroffenen aus Scham nicht über ihre Erkrankung sprechen, sind Ärzte und Angehörige gefragt, bei jungen Patientinnen mit Diabetes Typ 1 verstärkt auf Anzeichen von Essstörungen zu achten“, sagt Clever.

Worauf man achten kann: 

• Schwankt das Körpergewicht stark?
• Liegen sehr hohe Blutzuckermesswerte vor?
• Misst die Patientin nur selten ihren Blutzucker?
• Werden mehrere Blutzuckermessgeräte zum Messen verwendet?

Auch in der Apotheke kann durch eine sensible Beratung ein wichtiger Beitrag zur Früherkennung von Essstörungen bei jungen Typ-1-Diabetikerinnen geleistet werden. Bei Auffälligkeiten können Arzt, Angehörige und die versorgende Apotheke in einem sich ergänzenden Team zusammenarbeiten – und lebensbedrohliche Komplikationen verhindern.

Farina Haase,
Apothekerin/Redaktion

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft

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