Während der ersten Woche nach der Geburt passiert im Leben eines Neugeborenen jeden Tag etwas Neues. © Kieferpix / iStock / Getty Images Plus

Neugeborene | Gesundheit

ERSTE LEBENSWOCHE NACH DER GEBURT IST EINE PRÄGENDE ZEIT

Da sind sie kaum auf der Welt und schon haben Neugeborene jeden Tag andere spannende Dinge, die um sie herum passieren. Aber was passiert in der ersten Lebenswoche eigentlich im Körper der Babys?

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Jeden Tag neue Reize, krankmachende Viren und Bakterien, die ständig um einen herumschwirren – die erste Woche nach er Geburt könnte dramatischer nicht sein. Während man die letzten neun Monate geborgen im Mutterleib verbracht hat, heißt es nun sprichwörtlich Augen zu und durch. Forscher der University of British Columbia in Vancouver sind der Frage nachgegangen, was in der ersten Woche alles so passiert. „Die erste Lebenswoche geht mit einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen einher und zunehmend zeichnet sich ab, dass diese Phase auch einen wesentlichen Einfluss auf die spätere Gesundheit hat“, so Amy Lee. Aus molekularbiologischer Sicht ist trotz der besonderen Bedeutung über die erste Woche im Leben eines Babys allerdings kaum etwas bekannt.

Fragen über Fragen säumen diese erste Lebensphase, wie beispielsweise welche Gene an- und ausgeschaltet werden oder welche Proteine die Zellen produzieren? Antworten gibt es leider bislang keine, was auch daran liegt, dass den Kleinen aufgrund ihres nicht ausreichend vorhandenen Blutes kein Blut für eine Analyse abgezapft werden kann. Die Wissenschaftler aus Vancouver haben nun eine andere Lösung gefunden, die folgendermaßen aussieht: Die Forscher haben Methoden entwickelt, wo bereitsein Milliliter Blut ausreicht, um aussagefähige Ergebnisse zu erzielen.

In einer Untersuchung wurde die neue Methode an Neugeborenen aus Gambia in Westafrika und Babys aus Papua-Neuguinea getestet. Hierfür wurde den Probanden jeweils am Tag ihrer Geburt, sowie ein zweites Mal innerhalb der ersten Lebenswoche jeweils ein Milliliter Blut abgenommen. Anschließend wurden die Proben in unterschiedliche Labor gebracht und mittels Computermodellen analysiert. Die spannende Frage nun war: Welche molekularen Prozesse würden sich im Körpersaft der Neugeborenen zeigen?

„Im Gegensatz zu der relativ stabilen Biologie, die wir bei gesunden Erwachsenen sehen, ist die erste Woche im Leben eines Babys hoch dynamisch“, erklärt Lees Kollege Robert Hancock. Innerhalb der ersten Woche finden im Neugeborenen-Körper tausende Veränderungen statt. Sowohl die Genexpression als auch die unterschiedlichen Komponenten des Immunsystems, wie die Funktion von Interferonen und Neutrophilen oder bestimmt Signalwege, verändern sich. Die Forscher konnten feststellen, dass bei allen Babys die molekularen Veränderungen einem ähnlichen Muster folgen und dadurch einen ähnlichen Entwicklungsverlauf nehmen.

„Das legt nahe, dass diese Prozesse nicht zufällig stattfinden, sondern einem festen, altersspezifischen Weg folgen“, erklärt das Forscherteam. „Diese offenbar allgemeingültigen Verlaufsmuster sind besonders spannend. Denn sie liefern einen Ausgangspunkt für die Erforschung größerer Fragen – zum Beispiel, wie sich Impfungen auf die normale Entwicklung von Neugeborenen auswirken“, so Mitautor Ofer Levy vom Boston Children’s Hospital. Babys zeigen auf Impfungen eine andere Reaktion als ältere Individuen. Vakzine könnten aufgrund der neuen Erkenntnisse künftig besser an die jeweiligen Altersgruppen angepasst werden. „Diese Ergebnisse ebnen den Weg für bessere Kinder-Impfstoffe“, so Levys Kollege Tobias Kollmann.

Die Untersuchung der Wissenschaftler könnte auch noch bei der Aufklärung anderer Fragen nützlich sein. Wie beeinflussen Ernährung und Infektionen den Entwicklungsprozess des Babys und welche Rolle spielt die Gesundheit der Mutter dabei? „Unser Ansatz ermöglicht neue Einblicke in die Ontogenese der ersten Lebenswoche – eine dynamische Entwicklungsphase, die ein wichtiger Schlüssel für Gesundheit und Krankheit ist“, erklärt das Wissenschaftlerteam in seinem Fazit zur Studie.

Nadine Hofmann,
Leitung Online-Redaktion

Quelle: www.wissenschaft.de


Originalpublikation: Amy Lee (University of British Columbia, Vancouver) et al., Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-019-08794-x

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