Eine Schüssel Haferbrei mit Beeren und Nüssen
Den Hafertag kannten schon unsere Großeltern - hier verfeinert mit Beeren und Nüssen. © Zbarovskiy96 / iStock / Getty Images Plus

Insulinresistenz | Beratung

ERNÄHRUNGSTIPPS FÜR TYP-2-DIABETIKER

Ein Großteil der Typ-2-Diabetiker leidet nicht nur unter dieser einen Stoffwechselkrankheit, sondern trägt ein großes Paket aus Fettstoffwechselstörung, Bluthochdruck oder Adipositas mit sich herum. Dass die Ernährung viele der Krankheitssymptome lindern und den Verlauf positiv beeinflussen kann, wissen die meisten. Doch was hilft und was sind nur Trends?

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Natürlich sind bei Diabetes die Kohlenhydrate von großer Bedeutung bei der Ernährungsweise – doch Kohlenhydrat ist eben nicht Kohlenhydrat. Es kommt dabei auf zwei Faktoren an:

  1. Den glykämische Index (GI): Er gibt die blutzuckersteigende Wirkung eines Lebensmittels an. In Prozent ausgedrückt gibt er die Dauer und Höhe des Blutzuckeranstiegs nach Verzehr von 50 Gramm Kohlenhydraten aus dem entsprechenden Lebensmittel, bezogen auf den Wert nach der Aufnahme von 50 Gramm reiner Glucose. 
  2. Die glykämische Last (GL), sie berücksichtigt neben den Kohlenhydraten auch die aufgenommene Menge des Lebensmittels, also einer durchschnittlichen Portion. So haben beispielsweise Möhren einen GI von 43 Prozent, aber nur eine glykämische Last von drei – man isst eben auch nicht direkt ein Kilo Möhren auf einmal. Zum Verständnis ein weiteres Beispiel: Eine Scheibe Weißbrot hat den GI von 73 Prozent. Dabei wiegt eine Scheibe etwa 30 Gramm und enthält 14 Gramm Kohlenhydrate. Die GL beträgt damit 0,73x14, also 10,2. In einigen Fachkreisen wird die Angabe des GL daher der des GI vorgezogen.

Mit der neuen Diagnose Diabetes Typ 2 sind viele Patienten erst einmal überfordert: Informationen über Medikamente, Blutzuckermessen und Co. prasseln in kurzer Zeit auf sie ein. Unterstützen Sie Ihre Kunden mit Neu-Diagnose, oder auch zur Auffrischung, doch mit einer Lebensmitteltabelle, in der gängige Lebensmittel mit GI- und GL-Angaben versehen aufgelistet sind.
Generell können Sie dazu erklären, dass Mahlzeiten aus Lebensmitteln mit niedrigen GI beziehungsweise GL dazu beitragen können, Körperfettmasse, Nüchtern-Blutzucker, HbA1C und Entzündungsprozesse zu verbessern. Und einen weiteren positiven Effekt gibt es auch noch: Es erhöht die Ballaststoffzufuhr. Laut Dr. Swantje Brede vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, und Prof. Dr. Dr. Jan-Hendrik Lehnert vom deutschen Zentrum für Diabetesforschung in Lübeck sehen darin sogar den Grund für die positiven Effekte.

Eine ballaststoffreiche Diätform mit niedrigem glykämischen Index ist die mediterrane Diät. Ihr wird nachweislich eine Verbesserung des kardiovaskulären Risikos bei Typ-2-Diabetes nachgesagt. Die zum größten Teil pflanzlichen Lebensmittel und die Auswahl ungesättigter Fettsäuren führen zu einer Verbesserung der Entzündungssituation, wirken sich positiv auf Gesamtmortalität und Fettleber aus, außerdem kommt es seltener zu Retinopathien. Den Grund sehen die Ernährungsexperten unter anderem in den antioxidativen und antiinflammatorischen Eigenschaften der Polyphenole. Vegetarier fahren daher auch gut mit ihrer Ernährungsform.

Doch Low-Carb- und Low-Fat können nicht allgemeingültig und jedem Diabetiker empfohlen werden. Die Begriffe sind recht schwammig und geben erst einmal keinen Aufschluss über die Zusammensetzung der Lebensmittel. Eine Studie, bei der beide Diätformen bei Typ-2-Diabetikern zwei Jahre lang umgesetzt wurden, konnten keine Unterschiede bezüglich Gewichtsreduktion oder HBA1C feststellen. In einer Studie zeigte sich sogar eine erhöhte Mortalität unter Low-Carb, da kohlenhydratreiche Lebensmittel vorwiegend durch tierische Protein- oder Fettquellen ersetzt wurden. Der Proteinanteil birgt sowieso weiteren Diskussionsstoff. Bislang konnte man keinen negativen Einfluss (z.B. auf die Nierengesundheit) feststellen, Langzeitdaten fehlen allerdings noch.

Es geht aber auch noch radikaler, zum Beispiel mit der ketogenen Diät. Dabei wird der Kohlenhydrat-Anteil derartig reduziert (20-50 Gramm/Tag) bei gleichzeitig erhöhter Fettzufuhr als Hauptenergielieferant, dass sich eine Ernährungsketose einstellt. In einer Studie konnten 94 Prozent der Typ 2-Diabetiker ihre Insulintherapie verbessern oder beenden, eine durchschnittliche Reduktion des HBA1C um 1,3 Prozent und ein Gewichtsverlust von im Schnitt 13,8 Kilogramm wurden registriert.

Wer mediterran irgendwann nicht mehr sehen kann, für den bringt ein Blick nach Fernost vielleicht eine Abwechslung. Denn es handelt sich nun einmal nicht um ein paar Diät-Tipps, sondern um eine dauerhafte Ernährungsumstellung – und die muss auch schmecken. Also, warum nicht mal koreanisch? Die vielen fermentierten Lebensmittel mit ihrem hohen Isoflavongehalt verbessern die Metabolisierung von Glucose und Fetten in der Leber.

Vielleicht hat ihr Kunde auch schon einmal von der DASH-Diät gehört? Die Abkürzung steht für Dietary Approaches to Stop Hypertension, also Diätempfehlungen gegen Bluthochdruck. Sie basiert auf einer pflanzlichen Ernährungsweise, mit viel Ballaststoffen, Proteinen und wenig gesättigten Fettsäuren oder raffinierten Kohlenhydraten (Industriezucker, Weißmehlprodukte, etc.). Eine Metaanalyse wies die Reduktion von Blutdruck, Gesamt- und LDL-Cholesterin nach.

Ihr Kunde tut sich schwer mit der Umstellung, verfällt schnell wieder in alte Muster oder findet keinen Gefallen an großen Veränderungen? Empfehlen Sie ihm doch einen Hafertag. Gerade bei Patienten mit ausgeprägter Insulinresistenz hat sich Hafer bewährt – am besten zusammen mit einer fettreduzierten Ernährung. Die Flocken verstärken nämlich den günstigen Effekt auf HBA1C, Gewicht und Lipidstoffwechsel. Auch die tägliche Tasse Kaffee scheint sich laut einer Metaanalyse positiv auf den Glucosestoffwechsel auszuwirken: Das Diabetesrisiko sinkt demnach um sechs Prozent.

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quelle: Brede S, Lehnert JH. Internist 2019; 60: 49-58, aus der Medical tribune, 54. Jahrgang, Nr.9, 1.März 2019; 4

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