© DIE PTA IN DER APOTHEKE

Berühmte Apotheker

EINE STADT TRÄGT SEINEN NAMEN

Dass eine deutsche Industrie-Stadt nach einem Apotheker benannt wurde, wissen wohl die Wenigsten. Noch weniger gilt dies für einen jedem geläufigen Bundesliga-Fußballverein. Carl Leverkus (1804 bis 1889) machte dies möglich.

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Er stammte schon aus einer Apothekerfamilie. Geboren wurde Carl Leverkus nämlich am 5. November 1804 in Wermelskirchen als zweites von sechs Kindern des Apothekers Johann Wilhelm Leverkus (1776 bis 1848) und dessen Frau Alexandrine, geborene Jaeger (1777 bis 1856). Nach Besuch der Elementarschule in Wermelskirchen und ab 1816 der Bürgerschule in Lennep (heute Remscheid), absolvierte er ab 1818 eine Apothekerlehre – zunächst bei seinem Vater, anschließend in Winningen an der Mosel bei Apotheker Joseph Krahe. Lange bevor an der Universität Marburg ein eigenes pharmazeutisch-chemisches Institut existierte, studierte er 1822/23 dort zwei Semester Chemie/Pharmazie unter Prof. Ferdinand Wurzer (1765 bis 1844).

Eine knapp zweijährige Gehilfen-Tätigkeit in der väterlichen Apotheke, weiteres Gehilfendasein bei Apotheker Joseph Gerlinger in Trier folgten. Sein anschließender Studienaufenthalt an der Sorbonne in Paris war für einen Apotheker dieser Zeit völlig ungewöhnlich. Eingeschrieben als einfacher Chemiestudent finanzierte er sich als echter „selfmade-man“ selbst mit der Fabrikation pyrotechnischer Erzeugnisse, die er an französische Theater verkaufte. Zudem arbeitete er in Paris in einer chemischen Fabrik und erhielt dadurch Einblick in die Herstellung des leuchtend blauen, ungiftigen, in Lösungsmitteln unlöslichen Farbstoffes Ultramarin.

Die bis etwa 1826/28 zur Pigmentherstellung verwendeten Mineralien (Halbedelstein Lapislazuli) stammten von „ultra mare“ (jenseits des Meeres), daher der Name. Die Herstellung war sehr teuer und umständlich gewesen – bis eben 1828 der französische Chemiker Jean-Baptiste Guimet (1795 bis 1871) einen Preis für die künstliche Herstellung von Ultramarin aus Quarz, Kaolin, Soda oder Natriumsulfat, Schwefel und Holzkohle erhielt. Fast gleichzeitig mit Guimet entwickelte Christian Gottlob Gmelin (1792 bis 1860), Professor für Chemie und Pharmazie in Tübingen, 1828 ein entsprechendes Verfahren.

Doktorwürde ohne Neues 1829 immatrikulierte sich Carl (und sein jüngerer Bruder Wilhelm) an der Berliner Universität, wo Carl im Oktober 1829 das Apotheker-Examen Erster Klasse ablegte. Er kehrte nach Wermelskirchen zurück, doch da seine Bemühungen um eine Apothekerkonzession vergeblich waren, arbeitete er zunächst als praktischer Chemiker in Barmen (heute Stadt Wuppertal). Mit Schreiben vom 9. Oktober 1830 wandte er sich an den Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Gießen und bat darum als Externer und „ohne über Thesen zu disputieren“ in absentia, also in Abwesenheit, promoviert zu werden. Und tatsächlich genügte eine zehnseitige „Abhandlung über Silber: Sein Vorkommen, seine Gewinnung, seine Reinigung und seine Eigenschaften“, die sicherlich eine schöne Zusammenfassung war, aber nichts Neues hervorbrachte („von etwas neuem ... keine Spur ...“), um selbst den damaligen Ordinarius der Chemie Justus Liebig (1803 bis 1873) für ihn und die Zustimmung zur Doktorwürde einzunehmen.

Die Stadt Leverkusen hat heute über 16 600 Einwohner und zählt zu den Großstädten Nordrhein-Westfalens.

Dank verwehrter Apothekerkonzession Fabrikant Leverkus gehörte anschließend zu jenen Pharmazeuten, die sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufgrund des erschwerten Zugangs zum Apothekerberuf von diesem ab- und der Forschung und Chemikalienfabrikation zuwandten. 1834 eröffnete er nach großen finanziellen Anstrengungen in seiner Heimatstadt Wermelskirchen die „Chemische Fabrik Dr. Carl Leverkus“, in der zunächst Zinnsalze und -beizen, Bleisalze, Eisenbeize, Borax und kristallisiertes Soda produziert wurden. Parallel entwickelte Leverkus ein auf der Basis der Forschungen Guimets fußendes modifiziertes, verbessertes, preisgünstiger herzustellendes Verfahren zur Ultramarin-Synthese und erlangte hierauf ein auf zehn Jahre befristetes Patent des Königreichs Preußen.

Die internationale Anerkennung blieb nicht aus. Auf der ersten Weltausstellung 1851 in London wurde Leverkus´ Ultramarin als das hervorragendste Erzeugnis der deutschen Industrie gerühmt, 1855 erhielt Leverkus sogar die silberne Medaille der Pariser Weltausstellung. Doch die Versorgung mit Rohstoffen (auch Kohle) am Ursprungs-Standort in Wermelskirchen war schwierig und auf dem Ultramarin-Markt entstand ein heftiger Konkurrenzkampf. Um Rentabilitätsvorteile zu erzielen, erwarb Leverkus 1860 ein ursprünglich der Köln-Mindener Eisenbahn gehörendes Grundstück in der Nähe der Station Küppersteg direkt am Rheinufer (besserer Kohle- und Warentransport auch per Schiff) und verlegte die Fabrik dorthin. 1862 wurde der Betrieb aufgenommen, nachdem auch Wohnungen und weitere Infrastruktur für die teils aus Wermelskirchen stammenden Arbeiter und Angestellten gebaut worden waren.

In Erinnerung an den Familiensitz in Lennep nannte Leverkus den neuen Standort „Leverkusen“. Dies war die Geburt eines Ortes, der 1930 Stadtrechte erhielt. Die Anschrift seines neuen Unternehmens lautete „Rheinische Ultramarin-Fabrik Dr. Carl Leverkus, Leverkusen bei Coeln a. Rhein“. In den 1870er Jahren erlebte die Fabrik einen großen Aufschwung. 1874 begann die zusätzliche Produktion von Alizarin, einem Farbstoff, der die Textilfärbereien von den vor allem aus Frankreich importierten natürlichen Krappstoffen unabhängig machte – und zusätzlich dem während der Wirtschaftskrise (Große Depression 1873 bis 1896) einsetzenden Preisverfall des Ultramarins entgegenwirkte.

Privates und Erbe Seit 1838 war Leverkus mit Juliane Auguste Küpper aus Wermelskirchen verheiratet, hatte mit ihr elf Kinder, die alle ihre Eltern überlebten. Zeit seines Lebens engagierte sich Leverkus für seine Arbeiter und die Gemeinde. Am 1. Februar 1889 starb Carl Leverkus jedoch an einer Herzlähmung. Nach seinem Tod verkauften seine Söhne 1891 die Alizarin-Fabrik und einen Teil des Werksgeländes an die „Elberfelder Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co. AG“. 1918 beziehungsweise 1924 nahm Bayer auch die restlichen Gebäude in Besitz. Damit war Carl Leverkus´ Fabrik Grundstein des heutigen Standortes der Bayer AG, einem bis heute führenden Pharmaunternehmen. Die Ortsbezeichnung wurde beibehalten. Und auch der 1904 gegründete Turn- und Sportverein Bayer 04 Leverkusen e.V. ist mit seiner Fußball- Werkself seit 1979 ohne Unterbrechung in der höchsten deutschen Spielklasse vertreten. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/17 ab Seite 106.

Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin und Fachjournalistin

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