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Botanicals

DIE VITAMIN-C-BOMBE

Sanddornsträucher prägen mit ihren orangeroten Früchten die Dünenlandschaft Norddeutschlands. Reichhaltige Bestände finden sich vor allem an der Ostsee. Unverarbeitet schmecken die Früchte extrem sauer.

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Sanddornbeeren (Hippophae rhamnoides fructus) werden wegen ihres hohen Vitamin-C-Gehaltes geschätzt. Arzneibuchware sind sie aber nicht. Auch werden keine Fertigarzneimittel angeboten. Es finden sich lediglich Nahrungsergänzungsmittel (NEM) mit dem Öl der Beeren, die vor allem zur Infektprophylaxe beliebt sind. Die Früchte werden zum Sanddorndicksaft gepresst oder zu Konfitüren oder Gelees verarbeitet. Daneben sind sie in Teemischungen zu finden und es werden Kosmetika mit dem reichhaltigen Öl aus Kernen und Fruchtfleisch (Sanddornöl) hergestellt.

Orangerote Steinfrüchte Sanddorn (Hippophae rhamnoides L.) aus der Familie der Ölweidengewächse (Elaeagnaceae) wächst als kleiner bis mittelgroßer Strauch, gelegentlich auch als kleinerer Baum, der bis zu sechs Meter hoch werden kann. Seine Äste und Zweige sind dornig und sparrig. Daran sitzen wechselständig angeordnet die kurzgestielten, fünf bis acht Zentimeter langen Laubblätter, die den Blättern der Weide ähneln. Sie haben eine lineal-​lanzettliche Form, sind glattrandig, oberseits matt und unterseits weißsilbrig behaart. Der Sanddorn ist zweihäusig (diözisch), das heißt es gibt männliche und weibliche Pflanzen. Aus den unscheinbaren, grünlich-gelben weiblichen Blüten, die in kurzen Trauben stehen, bilden sich ab Ende August bis in den Oktober hinein orangefarbene, eiförmige Früchte. Sie werden fälschlicherweise als Beeren bezeichnet, obwohl es sich botanisch gesehen um Steinfrüchte handelt.

Typische DünenpflanzeDie frühe Erwähnung seiner Heilwirkung in der tibetischen und ayurvedischen Medizin deutet auf die asiatische Heimat des Sanddorns. Ursprünglich stammt das Ölweidengewächs aus Nepal. Vor circa 17 000 Jahren ist es durch eiszeitliche Verschiebungen bis nach Europa vorgedrungen, wo es sich besonders in den Küstengebieten der Nord- und Ostsee als Dünenpflanze auf kalkhaltigen Sand- und Kiesböden in sonnige Lagen angesiedelt hat. Mit seiner bis zu drei Meter tiefen Pfahlwurzel und einem verzweigten Geflecht an Nebenwurzeln ist Hippophae rhamnoides in der Lage, sich auf nährstoffarmen, losen Böden fest zu verankern.

Zudem ist Sanddorn in Meeresnähe aufgrund seiner Windfestigkeit und Salztoleranz anderen Gehölzen überlegen und kann reich- haltige Bestände ausbilden. Heute wird die Pflanze gern zum Küstenschutz auf Sanddünen sowie zur Befestigung von Böschungen und Abhängen an Gebirgen, Straßen und Autobahnen gepflanzt. Zudem finden sich Sanddorn-Plantagen, wobei Mecklenburg-Vorpommern europaweit das größte Anbaugebiet darstellt.

Die orangeroten Beeren des Sanddorns sind nicht nur für den Menschen ernährungsphysiologisch wertvoll, sie stellen auch für Vögel eine wichtige Nahrungsquelle dar.

Mühsame Ernte Das Einsammeln der Sanddornbeeren kann sehr schwierig und beschwerlich sein. Zum einen zerplatzen die Früchte bei Berührung leicht, zum anderen besteht wegen der langen spitzen Dornen Verletzungsgefahr. Traditionell werden die Beeren vorsichtig vom Ast abgeschüttelt oder mit Holzutensilien abgestreift. Da dies eine stachelige und mühsame Angelegenheit ist, hat eine neuere Methode das herkömmliche Verfahren abgelöst. Hierbei werden die gesamten fruchtbehangenen Äste abgeschnitten und die Früchte nachträglich abgeschlagen. Danach kommen die Zweige mitsamt Beeren bei minus 38 Grad Celsius in den Gefrierschrank, da sich tiefgefrorene Früchte leichter lösen lassen.

Zitrone des Nordens Der bevorzugte Standort des Strauches kommt in seinem Namen Sanddorn zum Ausdruck. Auch weitere deutsche Bezeichnungen wie Sandbeere, Strand-, Haff-, Meer- oder Dünendorn verweisen darauf. Gleichzeitig nehmen sie auf die langen, scharfen Dornen der Pflanze Bezug, was auch der lateinische Artname aufgreift (rhamnus = Dorn). Der Gattungsname Hippophae soll sich von griech. hippos = Pferd und phaes = leuchtend ableiten und „glänzendes Pferd“ bedeuten, da die von den alten Griechen an die Pferde verfütterten Sanddornblätter für ein glänzendes Fell sorgten. Aufgrund des hohen Vitamin-C-Gehaltes der Früchte ist der Sanddorn auch als Zitrone des Nordens bekannt.

Vitamin C und mehr Sanddornbeeren können mit 0,1 bis 1,4 Prozent Vitamin C bis zu zehnmal mehr Vitamin C als Zitronen enthalten. Zudem kommen Flavonoide (u.a. Quercetin, Kämpferol, Isorhamnetin), 0,1 bis 0,2 Prozent Vitamin E, Mineralstoffe (z. B. Calcium, Magnesium, Mangan, Eisen), circa 7 Prozent fettes Öl und Carotinoide (beta-Carotin, Lycopin) vor, wobei auf letztere die orangerote Farbe der Früchte zurückzuführen ist. Darüber hinaus sind die Früchte auch hervorragende Vitamin-B12-Lieferanten. Durch Symbiose des Sanddorns mit speziellen Bakterien, den Aktinomyces, entstehen in der Samenschale hohe Vitamin-B12-Konzentrationen, wie sie sonst nur von tierischen Lebensmitteln bekannt sind. Roh sind die Beeren sehr sauer und damit ungenießbar. Daher werden nur aus den frischen Früchten hergestellte Lebensmittel wie Konfitüren, Gelees, Säfte oder Sirupe verzehrt.

Hochwertiges Sanddornöl Beim Öl muss prinzipiell zwischen dem Fruchtfleisch- und dem Kernöl unterschieden werden. Während das Fruchtfleischöl wegen des hohen Carotinoid-Gehaltes kräftig orangerot gefärbt ist und einen charakteristischen fruchtig-öligen Geschmack aufweist, ist das Samenöl (= Kernöl) lediglich gelbbraun und dünnflüssiger, aber reicher an ungesättigten Fettsäuren. Zur Anwendung kommt meist das Gemisch beider Öle, das Sanddornöl (Oleum Hippophaes).

Da ihm entzündungshemmende und antibakterielle Wirkungen zugeschrieben werden, wird es volksmedizinisch seit Jahrhunderten vor allem äußerlich bei Wundheilungsstörungen, Verbrennungen und Dekubitus verwendet. Die Volksmedizin empfiehlt aber auch die Einnahme bei Magen-Darm-Erkrankungen und zur Anregung des Stoffwechsels. Zudem soll es antioxidative, leber-, ulkus- und tumorprotektive Eigenschaften aufweisen. Die Dermatologie schätzt das reichhaltige Öl wegen seines hohen Gehaltes an Linol- und Linolensäure, Palmitoleinsäure und Vitamin E bei trockener Haut und Neurodermitis sowie als Anti-​Aging-Kosmetikum.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 10/2020 ab Seite 82.

Gode Chlond, Apothekerin

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