Kommunikation
DER GOOGLE-EXPERTE
Seite 1/1 3 Minuten
Komisch eigentlich, aber Apothekenmitarbeiter haben eine seltsame Form des Selbstbewusstseins. Einerseits sind sie der Ansicht, dass sie unglaublich viele Daten und Fakten über Arzneimittel wissen und dass sie die richtigen Ansprechpartner zu jedem Arzneimittelthema sind. Sie wissen, was sie empfehlen wollen und was nicht. Sie beraten täglich viele Kunden und haben für jeden einen guten Rat. Und in ihrer Freizeit besuchen sie Seminare, machen E-Learnings und lesen Fachzeitschriften. Andererseits kann sie jeder noch so kleine Kundeneinwand komplett aus der Fassung bringen.
Wie ist das möglich? Ganz einfach: Es sind nicht die Einwände, die ein Kunde hervorbringt, die Sie so sehr verunsichern. Es sind ihre eigenen Einwände, die sie fertig machen. Die wenigen Punkte, bei denen sie an sich selber zweifeln, schlagen voll zu, wenn der Gesprächspartner sie erwischt. Weil wir alle subjektive Menschen sind und die anderen immer so sehen, wie wir selbst sind. Nicht so, wie sie sind. Hier ist ein Beispiel, was passieren kann, wenn man glaubt, dass Kunden einen Vorteil davon haben, sich im Internet zu informieren und vielleicht auch ihre Arzneimittel im Internet zu kaufen:
Es sind nicht die Einwände, die ein Kunde hervorbringt, die Sie so sehr verunsichern. Es sind Ihre eigenen Einwände, die Sie fertig machen.
So nicht Der Kunde sagt: „Ich habe mal im Internet geforscht. Und da stand, dass das Produkt XYZ eine gute Empfehlung bei meiner Erkrankung ist. Können Sie mir dieses Produkt empfehlen?“ Dabei denkt der Kunde: „Ich habe wirklich gar keine Ahnung. Was weiß ich, was das für eine Internetseite war... die hier in der Apotheke, die wissen das. Die sagen mir das, ganz bestimmt.“ Sie denken vielleicht: „Oh lieber Kunde. Was soll das? Wenn du im Internet kaufen willst, dann mach das doch, ich kann diesen Preis ohnehin nicht halten, also lass mich in Ruhe damit. Du willst ja doch nur deine Bestätigung dafür suchen, dass wir in der Apotheke zu teuer sind!“
Dann sagen Sie: „Ja, das kann sein. Sicher gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, die für Sie in Frage kommen, aber das ist auf jeden Fall eine. Ich darf Ihnen aber auch gleich sagen, dass wir dieses Produkt nur in der kleinen Größe führen, da die große Packung nur übers Internet läuft. Die haben wir nicht vorrätig“. Kein Wunder, dass der Kunde dann die Welt nicht mehr versteht. Denn in Wirklichkeit kann und will er nicht allein entscheiden, sondern er braucht Ihren Rat – deshalb kommt er. Wie hätte denn das Gespräch anders laufen können?
Über die Autorin
Dr. Anna Laven ist Leiterin des Programms „Medical Pharmacy“ an der Heinrich Heine Universität in Düsseldorf und Geschäftsführerin der Pharmabrain GmbH. Sie ist Apothekerin für klinische Pharmazie und Kommunikationstrainerin. In ihrer Arbeit verbindet sie pharmazeutisches Fachwissen mit apothekenspezifischer Kommunikation und Training zu konkreten Arzneimitteln. Kontaktadresse: anna.laven@pharmabrain.org
Besser so Der Kunde sagt: „Ich habe mal im Internet geforscht. Und da stand, dass das Produkt XYZ eine gute Empfehlung ist bei meiner Erkrankung. Können Sie mir dieses Produkt empfehlen?“ Sie denken: Erst mal nichts, weil Sie eine klar strukturierte, vorbereitete Vorgehensweise bei der Beratung haben. Sie sagen: „Sie suchen also ein Arzneimittel gegen Krankheit XYZ, für sich selber .... (Kunde nickt bejahend)... Ich verstehe... Welche weiteren Arzneimittel nehmen Sie ein, und was sollte ich darüber hinaus genau über Ihren Gesundheitszustand wissen, um Sie optimal zu beraten?“ Nun antwortet Ihr Kunde, und Sie können aus pharmazeutischer Sicht entscheiden, ob seine Wahl richtig war oder nicht.
Falls ja, verkaufen Sie ihm das gewünschte Arzneimittel ohne Wenn und Aber und nennen ihm die wichtigsten Punkte zur Einnahme. Falls nein, geben Sie ihm das Richtige, ebenfalls ohne Wenn und Aber. Die Hauptwirkung Ihres Verhaltens wird sein: Sie positionieren sich als absoluter Arzneimittelexperte. Als der, der Sie auch sind. Hat dieses Verhalten auch Nebenwirkungen? Unbedingt: Denn Sie übernehmen die Verantwortung dafür, dass Sie eine durchdachte Empfehlung äußern. Allerdings können Sie diese Verantwortung aus unserer Sicht mit Leichtigkeit tragen. Denn es ist leichter, die Verantwortung für eine gute Empfehlung zu übernehmen als für fehlende Beratung oder unterlassene Arzneimittelauswahl.
Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER Apotheke Sonderheft „Kommunikation und Zusatzverkäufe" auf Seite 6.
Dr. Anna Laven, Apothekerin und Kommunikationstrainerin