Biologisches Alter | Studie
DEM ALTER KANN MAN KEIN SCHNIPPCHEN SCHLAGEN
Seite 1/1 2 Minuten
Menschen altern unterschiedlich: Der eine bemerkte schon im Studium das erste graue Haar, der andere wirkt noch als Rentner jugendlich-sportlich. Doch was sind die Gründe dafür? Wie lässt sich das biologische Alter einer Person bestimmen und welche Rückschlüsse ergeben sich daraus für den weiteren Alterungsprozess? Um den Antworten auf diese Fragen näher zu kommen, hat Professor Dr. Alexander Bürkle fünf Jahre lang die Gesundheitsdaten von 3.300 Probanden im Alter von 35 bis 74 Jahren protokolliert. Ein Datenschatz, der noch unter vielen anderen Gesichtspunkten Erkenntnisse liefern wird. In drei Jahren wissen wir mehr – so hoffen die Wissenschaftler.
„Um wahrzunehmen, dass Menschen unterschiedlich altern, muss man kein Wissenschaftler sein“, so Professor Bürkle. Jeder kenne aus seinem Bekanntenkreis Männer oder Frauen, denen man ihr kalendarisches Alter nicht ansehe. „Kürzlich war ich beim Klassentreffen zur Feier von 40 Jahren Abitur. Dort traf ich einige Schulkameraden, die deutlich älter wirkten. Es gab aber auch eine Mitschülerin, die man für zehn bis 15 Jahre jünger gehalten hätte.“ Warum nur? Was ist der Jungbrunnen? Was lässt andersherum einen Menschen rasant altern? Diese Fragen beschäftigen Bürkle, der Molekulare Toxikologie im Fachbereich Biologie an der Universität Konstanz lehrt, seit vielen Jahren. Was er mit Sicherheit sagen kann: „Man kann dem Alter kein Schnippchen schlagen bezüglich Gesundheit und kognitiver Fähigkeiten!“
Woran es aber liegt, dass einige bis ins hohe Alter rege und von gravierenden Krankheiten verschont bleiben, während andere schon in mittleren Jahren deutlich verbraucht wirken – hierauf hat die Forschung bisher keine eindeutigen Antworten gefunden. Einzelne Biomarker, die Auskunft über das tatsächliche biologische Alter einer Person und ihren weiteren Alterungsprozesses geben könnten, erwiesen sich in der Vergangenheit als nicht haltbar.
Dies könnte sich jetzt ändern! Gefördert von der EU-Kommission, haben sich 26 Arbeitsgruppen aus 14 Ländern an der multizentrischen Studie MARK-AGE beteiligt. Fünf Jahre lang wurden die Gesundheitsdaten von rund 3.300 Probanden im Alter von 35 bis 74 Jahren protokolliert.
Besonders spannend: Unter den Teilnehmern befanden sich die Nachkommen von Personen, die zuvor an dem so genannten GEHA-Projekt beteiligt waren. Damalige Probanden mussten mindestens 90 Jahre alt und überdurchschnittlich gesund sein sowie Geschwister vorweisen, die gleichermaßen langlebig und fit waren. „Uns interessierte, ob man bei diesen ‚genetisch begünstigten‘ Menschen schon im mittleren Lebensalter eine Verlangsamung des Alternsprozesses feststellen kann“, so Bürkle. „Denn es deutet alles darauf hin, dass Altern eine Mischung aus Genetik und Umwelteinflüssen ist.“
Knapp drei Jahre dauerte die Erstauswertung der Daten bisher. Rund 400 Biomarker wurden auf ihre Aussagekraft geprüft. Die zehn relevantesten wird Professor Bürkle auf dem größten deutschsprachigen Kongress für Altersmedizin in Stuttgart Anfang September vorstellen. Bis dahin will er noch nichts zu den Ergebnissen der Studie verraten. „Aber das ist nur der Anfang“, ist er überzeugt. „Das ist ein Datenschatz, der noch unter vielen anderen Gesichtspunkten Erkenntnisse liefern wird.“