Kreuzallergien | Immunsystem
DAS PROBLEM MIT DEN DOPPELGÄNGERN
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Gräser und Tomaten, Latex und Bananen, Birke und Apfel: Manche Allergiker vertragen bestimmte Lebensmittel mitunter nicht. Kreuzallergie heißt dieses Phänomen. „Die Ursache liegt darin, dass in beiden Allergenquellen identische oder ähnliche Strukturen vorhanden sind und das Immunsystem plötzlich Ähnlichkeiten erkennt“, erklärt Sonja Lämmel vom Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB). Es reagiert also auf einen Doppelgänger. „Manche Allergiker begeben sich dann sogar in Gefahr“, sagt der Dermatologe Prof. Birger Kränke. Denn selbst wenn ein mit seiner Pollenallergie vertrauter Patient die für ihn typischen saisonalen Beschwerden kennt, heißt das nicht, dass er etwa auch das Auftreten allergischer Symptome nach dem Konsum von bestimmten Nahrungsmitteln richtig einordnen kann. „Das könnte in seltenen Fällen in einem Schockzustand enden“, betont Kränke, der die Allergieambulanz am Universitätsklinikum Graz leitet. Aus dem Grund sind Kreuzreaktionen ein wichtiges Thema im Alltag allergischer Patienten.
„In der Literatur wird die Kreuzreaktivität meist bei Pollensensibilisierungen und Nahrungsmittelallergien besprochen“, erklärt Kränke. Hier reagiert dann das Immunsystem nicht nur auf die dem Allergiker bekannten Allergene wie Pollen, Hausstaubmilben oder Tierhaare, sondern eben auch auf bestimmte Lebensmittel.
Birkenpollen und das Problem mit Äpfeln
Liegt etwa eine Allergie gegen Birkenpollen vor, besteht das Risiko, auch auf Apfel, Haselnuss oder Soja allergisch zu reagieren. „Wer an Heuschnupfen leidet - in den Industrieländern sind das mittlerweile mindestens 15 Prozent der Erwachsenen sowie bis zu 10 Prozent der Kinder und Jugendlichen -, reagiert oft bis zu 50 Prozent auch allergisch auf bestimmte Nahrungsmittel“, sagt Kränke. Lämmel ergänzt, dass die Anzahl der Menschen mit Pollenallergie, die gleichzeitig an einer pollenassoziierten Lebensmittelallergie leiden, in den vergangenen Jahren zugenommen habe.
Inzwischen haben sich bestimmte Kreuzallergie-Syndrome etabliert. Das zahlenmäßig bedeutsamste ist das Birkenpollen-Nuss-Kernobst-Syndrom: Ist das Immunsystem also auf Birkenpollenstrukturen sensibilisiert, kann es auch auf Apfel, Pfirsich, Nektarine, Kirsche, Zwetschge, Hasel- und Walnuss und Soja reagieren. Ebenfalls verbreitet sind das Sellerie-Karotten-Beifuß-Gewürz-Syndrom und das Hausstaubmilben-Krustazeen-Mollusken-Syndrom - hierbei kann der Verzehr von Garnelen oder Muscheln für Hausstauballergiker zu Problemen führen.
Kribbeln im Mund und juckende
Augen Die Symptome einer Kreuzreaktion zeigen sich meist zuerst an den Körperstellen, die direkt mit dem Kreuzallergen in Berührung kommen: „Kribbeln im Mund, Kratzen im Hals oder ein pelziges Gefühl auf der Zunge sind die häufigsten“, sagt Lämmel. Fließschnupfen, juckende Augen oder Hustenreiz sind ebenfalls möglich. Selten kann es laut Birger Kränke zu einer massiven Ausweitung der Reaktion kommen, so dass auch weitere Organe wie die Lunge (Asthma), Haut (Nesselausschlag, Flush) oder der ganze Körper (anaphylaktischer Schock) reagieren können. Vermeiden lassen sich Kreuzreaktionen nur, wenn Kreuzallergien untersucht und diagnostiziert wurden. Der Mediziner rät allen Betroffenen, bei bestimmten Allergien ein Notfallset mit Antihistaminikum, Kortikosteroid und eventuell einen Adrenalin-Autoinjektor bei sich zu haben. „Die effektivste Maßnahme ist aber, die allergieauslösenden Substanzen zu meiden.“
Individuelle Empfehlungen statt Pauschal-Listen
DAAB-Expertin Lämmel empfiehlt eine Ernährungstherapie, bei der individuell erarbeitete Meidungsempfehlungen ausgesprochen werden. Denn häufig zeigen sich in einem Allergietest „stumme Sensibilisierungen“: Das heißt, der Test ist wegen der Kreuzreaktion zwar positiv, aber der Verzehr des Nahrungsmittels führt zu keiner allergischen Reaktion, erklärt Lämmel. Gerade bei einer vermuteten pollenassoziierten Kreuzreaktion erlaubt erst die Auswertung verschiedener Tests oder ein Blutergebnis und vor allem das Ernährungs- und Symptomprotokoll ein verlässliches Urteil.
Quelle: dpa