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Herpes

DAS GROSSE KRIBBELN

Jucken, Brennen und Bläschenbildung auf den Lippen deuten auf Herpes hin. Um die Ausbreitung der Erreger zu verhindern, sollte man bei den ersten Beschwerden rasch handeln.

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Schwerwiegender Verlauf Bei immungeschwächten Personen (wie HIV-oder Krebspatienten) kann es unter Umständen zu Komplikationen kommen. Zusätzliche Beschwerden bereiten dann etwa der Befall innerer Organe, bakterielle Superinfektionen (in diesen Fällen muss zusätzlich ein Antibiotikum eingesetzt werden), schlecht heilende Haut- und Schleimhautentzündungen, Bindehautentzündungen, Beeinträchtigungen der Gesichtsnerven mit Lähmung (Fazialisparese) oder Schädigungen der Augen mit Einschränkungen des Sehvermögens.

Ist die empfindliche Kinderhaut etwa durch Neurodermitis vorgeschädigt, kann es zu einer schweren Herpesausbreitung kommen. Herpes-simplex-Viren können auch Entzündungen des Gehirns (Enzephalitis) oder Hirnhautentzündungen (Meningoenzephalitis) hervorrufen, wenn die Viren über die Riechschleimhaut der Nase und dann über die Nervenbahnen des Nervus olfactorius in das Gehirn eindringen. Typisch sind grippeähnliche Symptome, die in einem hochfieberhaften Infekt enden. Im weiteren Verlauf können auch psychische Veränderungen auftreten.

Im Beratungsgespräch ist es aufgrund der möglichen Komplikationen wichtig, auch diese sowie bestehende Grunderkrankungen abzufragen. Berichtet der Kunde von Beschwerden, die über den Befall der Lippen hinausgehen, sollten PTA und Apotheker dringend zu einem Arztbesuch raten. Das gilt auch für Kinder, Schwangere und Stillende mit Herpes labialis.

Auslöser ermitteln Es ist nicht ohne weiteres möglich, Lippenherpes zu verhindern. Sind die potentiellen Ursachen (wie etwa UV-Strahlung) bekannt, sollten Betroffene sich diesen möglichst entziehen. Raten Sie Ihren Kunden, selbst zu beobachten, in welchen Situationen Lippenherpes auftritt und welche Triggerfaktoren als Ursprung in Betracht kommen. Grundsätzlich ist es ratsam, Stress durch ausreichend Auszeiten zu reduzieren. Das Immunsystem kann durch eine ausgewogene Ernährung sowie moderate Bewegung gestärkt werden.

Bei Sonnenaufenthalten sind stets Kosmetika mit hohen Lichtschutzfaktoren (30 und mehr) zu verwenden. Ist der Herpes-Ausbruch auf hormonelle Auslöser zurückzuführen, sollten Patienten mit dem entsprechenden Arzt (zum Beispiel mit dem Gynäkologen) Rücksprache halten und Maßnahmen, wie die Umstellung auf ein anderes orales Kontrazeptivum, einleiten. Wer regelmäßig unter Lippenherpes leidet, hält am besten ein Herpes- Präparat in der Hausapotheke vorrätig, um bei den ersten Anzeichen gleich reagieren zu können. 

Verschiedene Therapieoptionen Für die Selbstmedikation von Lippenherpes hält das Apothekensortiment eine Vielfalt an Präparaten bereit. Die verschiedenen Wirkstoffe greifen in die unterschiedlichen Herpesphasen ein. In der Prodromal- und Erythemphase hindern bestimmte Substanzen die aktivierten Viren daran, in die Epithelzellen der Lippen zu gelangen. Replikationshemmer werden während des Ausbruchs sowie zu Beginn der Bläschenbildung eingesetzt.

Docosan-1-ol entfaltet seine Wirkung in der Prodromalsowie in der Erythemphase. Der Wirkstoff heftet sich an die Zellmembranen der Hautzellen, sodass sich die Membranen der Epithelzellen verändern. Die Viren können dann ihr Erbgut nicht mehr in die Wirtszellen einschleusen und diese umprogrammieren. Auf diese Weise lässt sich die Vermehrung der Erreger unterbinden. Therapeutika mit Docosan-1-ol dürfen ab dem zwölften Lebensjahr verwendet werden. Da die Substanz lokal wirkt und keine toxischen Effekte aufweist, ist die Creme auch für Schwangere oder Stillende geeignet. Sie wird fünfmal täglich (etwa alle drei Stunden) dünn auf die betroffenen Stellen aufgetragen.

Es ist sinnvoll, zum Applizieren ein Wattestäbchen zu benutzen und Berührungen mit der Öffnung der Tube zu vermeiden. Raten Sie Personen mit Lippenherpes, die Behandlung so früh wie möglich zu beginnen. Zu den Replikationshemmern gehören die Wirkstoffe Aciclovir und Penciclovir. Sie ähneln im Aufbau der viralen Erbinformation. In infizierten Zellen werden sie zunächst in eine Triphosphat-Form umgewandelt. Das Produkt gelangt daraufhin als falscher Baustein in die Virus-DNA und stoppt die Ausbreitung der Erreger. Aciclovir ist fünfmal täglich aufzutragen, eine Altersbeschränkung existiert nicht. Die Anwendung von Penciclovir ist erst ab einem Lebensalter von zwölf Jahren indiziert und erfolgt tagsüber alle zwei Stunden.

Der Extrakt aus den Blättern von Melissa officinalis bietet ebenfalls Hilfe bei Herpes. Die Wirkweise besteht vermutlich darin, dass der Virenbefall der Zellen durch die reversible Hemmung relevanter Zellrezeptoren verhindert wird. Auch bei diesem Präparat ist es wichtig, die Behandlung so früh wie möglich einzuleiten und bis zum Abklingen der Beschwerden fortzuführen. Der Einsatz bei Lippenherpes ist ab dem ersten Lebensjahr möglich. Auch Zink ist in der Selbstmedikation von Bedeutung. Es verfügt über virustatische, adstringierende, entzündungshemmende sowie wundheilungsfördernde Eigenschaften.

Man geht davon aus, dass sich die Zinkionen an die Membran der Herpesviren binden und auf diese Weise das Anhaften an die Zelle verhindern. Zur Wirkverstärkung ist Zink gelegentlich mit Heparin kombiniert. Die Behandlung ist ab dem sechsten Lebensjahr möglich. Weisen Sie Ihre Kunden darauf hin, die Creme bis zur Ausheilung sechs Mal täglich dünn aufzutragen. Auch hier gilt: Je eher die Therapie beginnt, desto erfolgreicher ist sie.

HSV 1

Der Herpes-simplex-Virus Typ 1 ist der Familie der Herpesviridae zuzuordnen. Hierbei handelt es sich um behüllte Viren mit einer doppelsträngigen, linearen DNA. Die wirtsspezifischen Erreger befallen die Nervenzellen, die Lymphozyten und die epidermalen Zellen. Nach der Erstinfektion verbleiben sie lebenslang im Wirt. Manchmal brechen in den folgenden Jahren keine Beschwerden mehr aus, bei einigen Menschen werden die Viren jedoch nochmals aktiviert.

Rezeptpflichtige Therapie Bei schweren Verläufen oder bei häufig wiederkehrenden Rezidiven ist eine orale oder sogar eine parenterale virustatische Therapie indiziert. Zur Prävention einer Superinfektion ist es möglich, dass der Arzt Antibiotika mit Inhaltsstoffen wie etwa Gentamycin verschreibt.

Weitere Behandlungsmöglichkeiten Durch Herpespflaster wird der Ausbruch nach dem Prinzip der feuchten Wundheilung in Schach gehalten. Auf dem Markt gibt es außerdem Softlaser und Stifte, die mit Elektrostimulation gegen die Symptome vorgehen. Darüber hinaus sollen Kautabletten mit L-Lysin und weiteren Mikronährstoffen Hilfe bei Herpes bieten. Häufig werden unter Laien „Hausmittel“ wie die Behandlung mit Essig, Zahnpasta oder einer alkoholischen Lösung diskutiert.

Raten Sie Ihren Kunden im Beratungsgespräch jedoch stets von solchen Maßnahmen ab. Beim Einsatz derartiger alternativer Mittel besteht das Risiko, dass die Lippen stark austrocknen, die Geschwüre immer wieder aufplatzen, sodass die Heilungsdauer zunimmt. Auch von Hausmitteln wie Teebaum- oder Zimtöl sollte abgesehen werden, denn sie gehen mit einem hohen allergischen Potential einher.


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