Fersensporn
DA STEH’ ICH ECHT NICHT DRAUF!
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Das sind Redewendungen, die im übertragenen Sinn mit Füßen zu tun haben. Und sie beschreiben Situationen, die unangenehm sind und stets irgendeine Konsequenz nach sich ziehen. Sehr direkt und kein bisschen übertragen, bezieht sich „schlecht zu Fuß sein“ auf überaus unangenehme Momente, in denen unbeschwertes Gehen und Stehen Mühe bereiten. Eine solche Situation ist gegeben, wenn man einen Fersensporn hat. Haben Sie sich schon mal Gedanken darüber gemacht, was ein Fersensporn ist, woher er kommt und ob man ihn einfach so wieder loswird? Könnten Sie aus dem Stegreif einen betroffenen Kunden beraten?
Ein FallbeispielAlles fing damit an, dass Paula eines Morgens aufstand und beim Loslaufen einen Schmerz unter der Ferse verspürte. Hatte Sie gestern ihre Jogging-Einheit oder bei den Dehnungsübungen übertrieben? War es vielleicht Muskelkater? Unterm Fuß? Gut, sie hatte sich vor ein paar Monaten vorgenommen, sich mehr zu bewegen, da sie über 40 war und ein paar Kilo loswerden wollte. Nach ein paar Minuten war der Schmerz weg und alles war normal. So ging das einige Tage, aber allmählich verschlimmerten sich die Beschwerden.
Das morgendliche Anlaufen tat immer häufiger weh, die Schmerzen hielten oft den ganzen Tag über an. Paula hatte bei jedem Schritt das Gefühl, mit der Ferse auf einen Nagel zu treten. Was war da los? Sie beschloss, ihren Arzt zu fragen. Der untersuchte den Fuß eingehend und diagnostizierte einen Calcaneussporn, zu Deutsch Fersensporn. Paula hatte schon mal davon gehört und erinnerte sich, dass das wohl eine langwierige Sache sein kann. Aber wie kam sie denn zu einem Fersensporn?
Die Ursachen Es wird geschätzt, dass ungefähr 10 Prozent der Bevölkerung unter einem Fersensporn mehr oder weniger leiden, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer und meist zwischen 40 und 60 Jahre alt sind. Die Ursachen können sehr unterschiedlich sein. Es erscheint nachvollziehbar, dass stehende oder gehende Berufe aufgrund der Belastung der Füße prädestiniert sind, solche Symptome zu zeitigen.
Dass jedoch auch langes Sitzen mit einseitiger, starrer Fußhaltung wie beim Fernfahren oder Maschinenbedienen, falsches Laufschuhwerk, fehlerhaft ausgeführte Aufwärmphasen oder einfach anatomische Veranlagungen wie Senk-, Hohl- oder Knickfuß die Ursache sein können, vermutet man nicht auf Anhieb. Da liegt der Schluss bei Übergewicht schon etwas näher.
Eine fiese Entzündung Jetzt könnte man ja meinen, ein Fersensporn bilde sich aus überlasteten Knochen, sprich er sei ein Auswuchs, der aus Knochengewebe entstehe. Das ist jedoch nicht der Fall. Tatsächlich entsteht solch ein Fersensporn dadurch, dass die Sehnenansätze am Fersenbein dauerhaft belastet werden und sich entzünden. Diese ständigen Entzündungen bewirken, dass der Körper an den entsprechenden Stellen Kalk einlagert, um die überbeanspruchte Region zu schützen und zu stärken. Dadurch verhärten die Sehnenfasern. So entsteht im Laufe der Zeit ein knöcherner Auswuchs, der Fersensporn.
Der Calcaneus stellt im Fußskelett den größten Knochen dar, dessen hinteres Ende, der Tubus calcanei, die Ferse bildet. Am Calcaneus setzen über die Achillessehne verschiedene Muskeln an, die für die Ausformung der Wade zuständig sind. Ebenso setzt hier die Plantarsehne an, die vom Fußballen zur Ferse an der Fußsohle entlangläuft, wo sie das Fußlängsgewölbe in Form hält. Ferner findet über sie die Beugung der Zehen statt. Diese Sehnenansätze werden Enthesen genannt. Kommt es zur Bildung eines Sporns an der Plantarsehne, spricht man vom unteren Fersensporn, ist hingegen der Achillessehnenansatz betroffen, wird der Sporn als oberer Fersensporn bezeichnet. Unter den Fußerkrankungen zählt der Fersensporn zu den langwierigsten Erscheinungen, die oft nur schwer zu behandeln sind.
Umso wichtiger ist es, eine genaue Diagnose zu stellen und den Krankheitsursprung und -prozess exakt zu identifizieren. Es macht sich nicht jeder Fersensporn dadurch bemerkbar, dass er Schmerzen verursacht. Im Gegenteil, viele Sporne blieben sogar solange unentdeckt, bis Zufallsbefunde aufgrund von Röntgenaufnahmen auf ihre Spur führen. Steigen Körpergewicht und Belastung indes an, verstärkt sich der Druck auf die Enthesen, und die Ausprägung des Fersensporns wird begünstigt, was wiederum eine stärkere Entzündung mit sich bringt. Auch ein Hohlfuß kann aufgrund der stark nach hinten gewölbten Ferse und des damit verbundenen Schuhdruckes zu einer Fehlbelastung der Enthesen von Achilles- und Plantarsehne führen und Fersensporne nach sich ziehen.
Die Therapie Je nachdem, wo der Fersensporn sitzt, wodurch er ausgelöst wurde und wie stark er ausgeprägt ist, gibt es unterschiedliche Therapieansätze. Dazu gehören konservative, also mechanische, physiotherapeutische, aber auch immer wieder operative Methoden und nicht zuletzt Änderungen des Lebenswandels, um zum Beispiel Gewicht abzubauen. Am Anfang steht beim Arzt immer die ausführliche Befragung des Patienten, der eine manuelle Untersuchung folgt. Daran schließt sich für gewöhnlich die bildgebende Untersuchung mittels Röntgen im Ruhezustand und im Stehen an. Mit Ultraschall lässt sich der Zustand der Achillessehne darstellen. Auch mögliche Schleimbeutelschädigungen können so sichtbar gemacht werden.
Als weitere Möglichkeit kommt eine MRT-Untersuchung – meist unter Einsatz eines Kontrastmittels – infrage. Der untersuchende Arzt kann anhand einer podometrischen Fußdruckmessung feststellen, ob es Auffälligkeiten beim Gehen oder Stehen gibt. Dazu zählen Fehlstellungen, muskuläre Ungleichgewichtungen, Ausweichbewegungen und Schonhaltungen. Ist der Fersensporn diagnostiziert, geht es um die Wahl der Maßnahme, um die Schmerzen zu lindern. Wichtig ist zu verstehen, dass der Fersensporn als Symptom und nicht als Krankheit begriffen wird. Es muss nicht unbedingt der Sporn entfernt werden, sondern es gilt in erster Linie, der Entzündung Herr zu werden.
Geduld erforderlich Ein individuelles Mittel sind Einlegesohlen, die an der Stelle, wo der Fersensporn sitzt, eine Aussparung haben. Cortisoninjektionen bekämpfen zwar die Entzündung, jedoch macht Cortison auf Dauer die Sehnen mürbe, sodass sie reißen können. Stoßwellen helfen in vielen Fällen, da sie die Schmerzrezeptoren im Fuß triggern und ruhigstellen. Megavoltbestrahlungen haben bis heute wegen unterschiedlicher Meinung der Ärzte über die Dosis zu keiner abschließenden Bewertung hinsichtlich ihres Erfolges geführt. Manche Ärzte greifen zum Skalpell, aber häufig bleiben die Schmerzen bestehen, und in 50 Prozent der Fälle bildet sich nach kurzer Zeit erneut ein Fersensporn.
Eine Umstellung der Ernährung mit dem Ziel, entzündungsfördernde Substanzen zu reduzieren, kann bei der Therapie unterstützend helfen, und die Reduzierung des Körpergewichtes trägt ebenfalls zur Verbesserung des Befindens bei. Physiotherapeutische Maßnahmen fokussieren die Dehnung der Fußsohlenmuskeln und der Sehnen, und Faszien-Rollmassagen haben sich als sehr wirkungsvoll erwiesen. Der große Vorteil: Man kann die Übungen nach kurzer Lernphase allein zu Hause durchführen. Einen Versuch wert ist auf alle Fälle auch die homöopathische Behandlung mit Hekla lava D6. So hat es auch Paula mit Dehnungen, ausreichend Bewegung, barfuß laufen, gesundem Schuhwerk, angepasster Ernährung und Vermeidung von Übergewicht geschafft, wieder schmerzfrei zu laufen. Geht doch!
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/2021 ab Seite 102.
Wolfram Glatzel, freier Journalist