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Repetitorium

BLUTGERINNUNGSSTÖRUNGEN – TEIL 3

Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören zu den häufigsten Todesursachen. Hauptursache: Blutgerinnsel (Thromben). Gerinnungshemmende Medikamente kommen im Apothekenalltag deshalb häufig vor.

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Ist die Blutgerinnung zu schwach, dauert eine Blutung länger als normal. Es vergeht mehr Zeit, bis der Körper die Blutung gestoppt hat – oder bis extern entsprechende Maßnahmen getroffen wurden, die Blutung zu stoppen (siehe Repetitoriumsteil 2). Sehr viel bekannter als diese hämorrhagische Diathese (erhöhte Blutungsneigung), da im Apothekenalltag wesentlich häufiger vorkommend, ist hingegen die thrombophile Diathese (erhöhte Thromboseneigung). Das heißt, die Blutgerinnung ist zu stark, es besteht die Gefahr von Thromben, Embolien – mit all ihren negativen Konsequenzen.

Denn je nachdem in welchem Teil des Körpers sich ein Blutgerinnsel bildet oder womöglich mit dem Blutkreislauf verschleppt wird und sich absetzt, wird dort die Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen gefährdet, sind insbesondere Lungenembolie, Herzinfarkt oder Schlaganfall zu fürchten. Ursache der Gerinnselbildung sind auch hier Modifikationen in der Blutzusammensetzung, der Blutströmung oder auch Änderungen an den Gefäßwänden. Blutgerinnungshemmer können grob in zwei Gruppen eingeteilt werden:

Plättchenhemmer verhindern das Zusammenballen der Thrombozyten.
Blutgerinnungshemmer hemmen die Bildung oder Wirkung der Gerinnungsfaktoren.

Gerinnungshemmende Wirkstoffe gehören zu den am häufigsten verordneten Arzneimitteln. Ihre therapeutische Breite ist stets zweifach limitiert: Wirkungsverstärkung erhöht das Blutungsrisiko, Wirkungsabschwächung steigert das Thrombose- und Infarktrisiko. Welche Art von Gerinnungshemmer infrage kommt, ist von der Grunderkrankung und möglichen Begleiterkrankungen des Betroffenen (Arzneimittelinteraktionen), Alter oder Risikofaktoren, aber auch Unverträglichkeiten abhängig. Ärztlicherseits gilt es für jeden Patienten individuell die Vor- und Nachteile abzuwägen.

Thrombozyten-Aggregations-Hemmer Im Volksmund wird diese Substanzgruppe gerne als „Blutverdünner“ bezeichnet. Diese Bezeichnung ist pharmazeutisch allerdings nicht korrekt, da das Blut nicht verdünnt, sondern dafür gesorgt wird, dass sich die einzelnen Thrombozyten (Blutplättchen) nicht so leicht aneinander heften können. Ihre Wirkung ist im Vergleich zu Antikoagulanzien deutlich schwächer, weshalb sie eher zur Prophylaxe, also zur Behandlung nach einem Herzinfarkt und/oder nach Implantation von Gefäßsstützen (Stents) in die Herzkranzgefäße, zur Vorbeugung eines Schlaganfalls bei entsprechenden Risikopatienten, auch bei Vorhofflimmern oder bei Menschen mit bekannter Arteriosklerose zum Einsatz kommen.

Zu den Thrombozytenaggregationshemmern zählen unter anderem (eingeteilt nach primärem Angriffspunkt in der Wirkung):

Cyclooxygenase-Hemmer: Acetylsalicylsäure (ASS). Hier sind mit 75 bis 100 Milligramm täglich oral eingenommen deutlich geringere Wirkstoffmengen notwendig als zur Schmerzbehandlung. Durch die Langzeitbehandlung sind insbesondere Mikroblutungen im Magen-Darm-Bereich, sehr selten Überempfindlichkeitsreaktionen, etwa der Haut, der Atemwege, oder auch Nierenfunktionsstörungen möglich.
ADP-Rezeptorblocker: Clopidogrel, Prasugrel, Ticlopidin und Ticagrelor.

Die ersten drei sind Prodrugs, sie werden erst durch einen Stoffwechselprozess, an dem maßgeblich die Enzyme CYP3A4 und CYP2C19 beteiligt sind, in aktive Metaboliten, also die eigentlichen Wirkstoffe, überführt – und dies nur zu einem gewissen Prozentsatz. Clopidogrel als Monotherapie (Einzeldosis täglich: 75 mg) wird zur Sekundärprophylaxe nach Schlaganfall, Herzinfarkt, falls ASS weniger indiziert ist (Unverträglichkeit), genommen. In Kombination mit ASS wird es bei akutem Koronarsyndrom eingesetzt („doppelte Plättchenhemmung“) – dann meist höher dosiert (300 mg).

Aus Prasugrel entsteht wesentlich mehr des aktiven Metaboliten, weshalb die Dosis mit zehn Milligramm täglich (bei Älteren über 75 Jahre oder weniger als 60 kg) und als Erhaltungsdosis fünf Milligramm auch deutlich niedriger ausfällt. Die Zulassung erfolgte insbesondere für Patienten mit akutem Koronarsyndrom, bei denen eine perkutane Katheterintervention durchgeführt wurde. Im Einzelfall (höhere Reduktion kardiovaskulärer Mortalität) kann – bei strenger Indikationsstellung – wiederum Ticagrelor Vorteile bringen. Generell gilt für diese Klasse jedoch: Durch die irreversible Blockade eines Rezeptors in den Thrombozyten, stellt sich bei allen die Gerinnungsfähigkeit erst mit der Neubildung von Thrombozyten im Laufe von fünf bis sieben Tagen wieder ein.

Als hauptsächliche Nebenwirkungen aller ADP-Rezeptorblocker gelten deshalb die Gefahr zu starker Blutungen mit Blutbildveränderungen, Magen-Darm-Störungen, Urtikaria („Nesselsucht“), im Extremfall thrombotisch- thrombozytepenische Purpura (TTP – lebensbedrohliche kleinfleckige Kapillarblutungen in die Haut) und Leberschäden, seltener Dyspnoe (Atemnot). Aufgrund des günstigeren Nebenwirkungsprofils werden heute deutlich häufiger Clopidogrel und Prasugrel, weniger Ticlopidin eingesetzt.
Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten: Abciximab, Eptifibatid, Tirofiban.

Diese Substanzklasse wird parenteral (intravenös) angewandt und insbesondere zusammen mit ASS und/oder Heparin zur Therapie eines akuten Koronarsyndroms (akuter Myokardinfarkt, bei instabiler Angina pectoris) eingesetzt.
Phosphodiesterase-Hemmer: Dipyridamol, Cilostazol. Das ursprünglich als Koronartherapeutikum entwickelte Dipyridamol wird häufig in Kombination mit 25 Milligramm ASS eingesetzt.

Nebenwirkungen des Kombinationspräparates sind – neben möglichen unerwünschten Wirkungen von ASS – primär Benommenheit, Muskelschmerzen, Hitzewallungen, Hypotonie (niedriger Blutdruck), Tachykardie („Herzrasen“) sowie Verschlechterung einer koronaren Herzerkrankung (KHK). Bei arteriellen Durchblutungsstörungen, insbesondere Claudicatio intermittens („Schaufensterkrankheit“) zur Verlängerung der schmerzfreien Gehstrecke wird meistens Cilostazol gegeben. Häufigste Nebenwirkung sind hier Kopfschmerzen.

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Blutgerinnungshemmende Stoffe Antikoagulanzien hemmen die Bildung oder die Wirkung der Gerinnungsfaktoren. Lange Zeit waren Heparine und Vitamin-K-Antagonisten (Phenprocoumon, Warfarin) die einzigen Substanzen zur Hemmung dieser plasmatischen Blutgerinnung. In den letzten Jahren wurden jedoch neuere Wirkstoffe entwickelt, wie etwa Dabigatran, Rivaroxaban oder Apixaban, Edoxaban. Ist eine dauerhafte „Blutverdünnung“ notwendig, können diese neuen Wirkstoffe eine deutliche Erleichterung des Alltags bringen.

Heparin, niedermolekulare Heparine, selektive Faktor- Xa-Hemmer Vor, während und nach Operationen sowie bei Bettlägerigkeit aus anderer Ursache, manchmal aber auch zur Therapie nach Venenthrombosen oder Lungenembolie werden häufig vorübergehend gerinnungshemmende Medikamente als Thromboseprophylaxe eingesetzt. Hierzu eignen sich gut Heparin und niedermolekulare Heparine. Das körpereigene direkte Antikoagulanz Heparin ist ein polyanionisches Polysaccarid und interagiert direkt an verschiedenen Stellen der Blutgerinnungskaskade mit den Gerinnungsfaktoren.

Wesentlichster Angriffspunkt ist die Aktivierung von Antithrombin (insbesondere Hemmung der Gerinnungsfaktoren Xa und IXa), während niedermolekulare Heparine ihre gerinnungshemmende Wirkung vor allem über den Faktor Xa entfalten. Die niedermolekularen Heparine, die aus dem Nativprodukt (Heparingewinnung aus tierischem Gewebe wie Schweinedarmmukosa und Rinderlunge) auf unterschiedlichen Herstellungswegen gewonnen werden, weisen gegenüber dem Standard-Heparin für viele Anwendungsbereiche Vorteile auf. Dazu zählen eine verbesserte und kontrolliertere Wirksamkeit, eine vereinfachte Anwendung und weniger Blutungskomplikationen.

Gefürchtet ist insbesondere unter unfraktioniertem Heparin eine Heparin-induzierte Thrombozytopenie (HIT), also ein deutlicher bis massiver Abfall der Blutplättchenzahl. Ansonsten gelten allergische Reaktionen, Hautnekrosen, reversibler Haarausfall und bei – selten vorkommender – Langzeittherapie Osteoporosen als weitere zu beachtende Nebenwirkungen. Als Antagonist von Heparin wirkt Protaminsulfat, das beispielsweise bei einer Heparin-Überdosierung dessen Wirkung aufheben kann. (Niedermolekulare) Heparine werden im Regelfall einmal täglich, zur Gerinnselauflösung auch zweimal täglich subcutan in das Fettgewebe unter der Haut injiziert („Bauchspritzen“).

Im klinischen Bereich, etwa bei bestimmten Herzinfarktformen verabreichen Ärzte Heparine jedoch auch intravenös. Die Dosierung erfolgt nach Internationalen Einheiten (I.E.). Ausgehend von der Antithrombin-bindenden Wirkung des Heparins wurde mit dem Pentasaccharid Fondaparinux ein erster Vertreter einer eigenen Substanzklasse, der selektiven Faktor-Xa-Hemmer, entwickelt. Die Substanz soll eine bessere Steuerbarkeit der Therapie ermöglichen, auch kommen Heparin-induzierte Thrombozytopenien (HIT) so gut wie nicht vor.

Andererseits treten Blutungen häufiger auf als unter niedermolekularen Heparinen. Neben den Heparinen werden auch Heparinoide und Hirudin sowie dessen Derivate Desirudin und Bavalirudin eingesetzt. Ausgangspunkt war das Drüsensekret des Blutegels, von dem schon 1884 die stark gerinnungshemmende Wirkung festgestellt wurde.


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Orale Antikoagulanzien Für eine dauerhafte „Blutverdünnung“ oder eine Behandlung über einen längeren Zeitraum, etwa aufgrund Vorhoffflimmerns (Herzrhythmusstörung), zur Verhinderung eines Schlaganfalls, nach Einsetzen von mechanischen Herzklappen, nach einer Thrombose oder Lungenembolie sind in Tablettenform einnehmbare Antikoagulanzien besser geeignet.

Cumarine Vitamin K-Antagonisten (VKA) hemmen die Vitamin K-abhängige Synthese von Gerinnungsfaktoren (IX, X, VII und II) und auch von Antigerinnungsfaktoren wie Protein C und Protein S. 4-Hydroxycumarin ist das Grundgerüst aller VKA. Sie sind somit alle strukturverwandt. Allerdings existieren länderspezifisch Vorlieben: So ist in Deutschland Phenprocoumon führend, in der Schweiz Acenocoumarol und in den USA und Australien Warfarin. Alle drei Wirkstoffe zeichnet der gleiche Wirkmechanismus aus, die Halbwertszeiten unterscheiden sich jedoch gravierend:

– Phenprocoumon: 150 Stunden
– Acenocoumarol: 10 Stunden
– Warfarin: 36 Stunden

Auch die Wirkung der Substanzen tritt nicht sofort, sondern erst nach einer Latenz ein. Die antikoagulative Wirkung von Cumarin-Derivaten wurde 1944 entdeckt, als Kälber, die Heu mit einem hohen Anteil an verschimmeltem Honigoder Steinklee gefressen hatten an inneren Blutungen starben. Es wurde anschließend nachgewiesen, dass im Klee enthaltenes Cumarin beim Schimmeln zu Dicoumarol abgebaut wird – was die Blutungen hervorruft. So wurde letztlich festgestellt, dass die oralen Antikoagulanzien mit Vitamin K um die Bindungsstelle an der Vitamin-K-Epoxidase konkurrieren, sodass es vom Mengenverhältnis der beiden antagonistischen Stoffe abhängt, in welchem Maße die Gamma- Carboxylierung erfolgt und die Gerinnungsfaktoren aktiviert werden.

Je mehr Antikoagulanz an die Vitamin-K-Epoxidase bindet, desto stärker ist die Gerinnungshemmung. Desto höher ist auch der INR-Wert, der zur Kontrolle unbedingt gemessen werden muss (siehe Repetitoriumsteil 2, regelmäßiges Monitoring), da die Cumarine eine sehr enge therapeutische Breite besitzen. Die Einstellung auf möglichst konstante, gewünschte Werte ist nicht leicht (schwere Steuerung). Denn auch das Ansprechen auf die Therapie und damit die notwendige Dosierung sind individuell stark unterschiedlich, unter anderem aufgrund eines genetischen Polymorphismus in der Verstoffwechselung.

Zudem spielen Begleiterkrankungen, die Begleitmedikation (viele Interaktionen) sowie die Ernährung (möglichst ausgewogen, abwechslungsreich) eine große Rolle. Die gleichzeitige Anwendung folgender Medikamente verstärkt beispielsweise die Wirkung und erhöht die Blutungsgefahr: Thrombozytenaggregationshemmer, andere Antikoagulanzien wie Heparin, Nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAR), Allopurinol, Antiarrhytmika (wie Amiodaron, Chinidin, Propafenon), Methoxsalen, Antibiotika (Chloramphenicol, Tetrazykline, Cotrimoxazol, Cloxacillin, Makrolide, Cephalosporine), Disulfiram, Fibrate, Imidazolderivate Triazolderivate, Methyltestosteron und andere anabole Steroide, Schilddrüsenhormone, aber auch Zytostatika (wie Tamoxifen, Capecitabin) oder Trizyklische Antidepressiva.

Umgekehrt verringert die gleichzeitige Anwendung folgender Medikamente die Wirkung: Azathioprin, Barbiturate, Carbamazepin, Colestyramin, Digitalis-Glykoside, Diuretika, Kortikosteroide, Gluthetimid, 6-Mercaptopurin, Rifampicin, Metformin, Thiouracil, Vitamin-K-haltige Produkte, Johanniskraut-haltige Präparate. Bei Einleitung der Therapie mit Cumarinen muss immer zusätzlich ein parenterales Antikoagulanz, etwa niedermolekulares Heparin gegeben werden, da sonst schnell ein induzierter Protein C-Mangel paradoxerweise einen Gefäßverschluss bewirken könnte. Ansonsten sind die unerwünschten Wirkungen und Gegenanzeigen ähnlich wie bei den Heparinen. Cumarin-Derivate dürfen allerdings nicht während der Schwangerschaft und Stillzeit gegeben werden.

Vitamin-K ist bei zu starker Blutungsneigung das Antidot. Doch muss auch hier die Latenz bis zum Wirkungseintritt beachtet werden (durchaus sechs bis zwölf Stunden), sodass im Falle der Notwendigkeit einer sofortigen Wiederherstellung der Blutgerinnungsfähigkeit auch hier nur die Gabe von Gerinnungsfaktoren und zur Vermeidung von Verblutungen, die Gabe von Bluttransfusionen übrig bleibt. Trotz dieser erwiesenen Schwierigkeiten und Nachteile ist Tatsache: Die oralen Vitamin-K-Antagonisten sind immer noch mit Abstand am weitesten als Antikoagulanzien verbreitet.

Neuere Substanzklassen Sind es nun NOAK (Neue orale Antikoagulanzien oder auch Nicht Vitamin-K-abhängige Antikoagulanzien) oder DOAK (direkte orale Antikoagulanzien)? Die Rede ist von der vergleichsweise neuen Therapieoption mit Dabigatran, Rivaroxaban oder Apixaban und Edoxaban. Dies sind ebenfalls orale Hemmstoffe für Faktor IIa/Thrombin (Dabigatran, Apixaban) beziehungsweise des aktivierten Gerinnungsfaktors X (Xa; Rivaroxaban, Apixaban, Edoxaban). Sie beherrschen seit einigen Jahren sowohl was die Frage nach der Substanzklasse angeht als auch nach Vor- und Nachteilen gegenüber den Vitamin-K-Antagonisten, also sowohl positiv (Vorteile) als auch negativ (Nachteile wie Antidot-Frage) die Berichterstattung auf der Suche nach dem „optimalen“ Antikoagulanz.

Auch in der Fachwelt gehen die Meinungen weit auseinander: Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie empfiehlt mittlerweile den primären Einsatz von NOAK/DOAK – bevorzugt vor den Cumarinen. Ein Ende 2016 erschienener, äußerst aktueller Leitfaden der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) rät den Ärzten – nicht nur aufgrund der vergleichsweise teuren Therapie – zu einer zurückhaltenden Verschreibung von NOAK/DOAK. Der Einsatz solle auf Patienten beschränkt werden, für die VKA wie Phenprocoumon keine geeignete Therapieoption (etwa aufgrund stark schwankendem INR-Wert, bei hohem Risiko für Gehirnblutungen, bei erhöhtem Risiko für Arzneimittel- und Nahrungsmittel- Wechselwirkungen) seien.

Insgesamt werden die NOAK/DOAK etwa zur Prävention von Thromboembolien bei Knie- oder Hüftgelenkersatz, zur Behandlung von Patienten mit Vorhofflimmern, zur Schlaganfall-Prävention mehr und mehr eingesetzt. Auch aufgrund ihrer einfacheren Handhabung, der im Regelfall, also routinemäßig nicht notwendigen Gerinnungskontrolle (im Gegensatz zu Patientenschulungen und regelmäßiger INR-Messung bei VKA), der bisher kaum vorhandenen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, der wesentlich geringer auftretenden Hirnblutungen im Vergleich zu VKA.

Problematisch ist allerdings, dass der Einsatz hocheffektiver Gerinnungshemmer stets mit einem erhöhten Blutungsrisiko einhergeht. Die in den vergangenen Jahren auch die Medien beherrschende Frage nach einem geeigneten spezifischen Antidot bei einer – allerdings selten vorkommenden – akuten, lebensbedrohlichen Blutungssituation scheint jedoch ebenfalls gelöst: Dabigatran lässt sich mit dem im vergangenen Jahr zugelassenen Idarucizumab antagonisieren. Für alle modernen Gerinnungshemmer des Typs Faktor Xa wurde mit Andexenat alfa ein „Universal-Antidot“ für den klinischen Bedarf erprobt, die Zulassung ist allerdings noch nicht erteilt.

Sondergebiet Calzium-Komplex-Bildner Kalziumionen sind für die Blutgerinnung unentbehrlich. Durch ihren Entzug kann ebenfalls die Blutgerinnung verhindert werden. Diese Art der Antikoagulation, also durch Komplexbildung mit Citrat oder EDTA (Ethylendiamintetraessigsäure), wird beispielsweise in der Dialyse (extrakorporale Behandlung) gerne genutzt.

Sondergebiet Thrombus-Auflösung (Lyse) Ist es erst einmal zur Thrombenbildung in den Gefäßen gekommen, können diese Gerinnsel durch die beschriebenen Antikoagulanzien nicht mehr aufgelöst werden. Eine schnelle (meist Notfallmedizin, infolge Myokardinfarkt, Schlaganfall!) und hoffentlich gute, klinische Versorgung ist dann unerlässlich. Mit Thrombolytika (Plasminogenaktivatoren, indirekten Fibrinolytika) gelingt mittlerweile zu einem hohen Prozentsatz Abhilfe, insbesondere wenn die Behandlung schnellstmöglich nach Thrombenbildung eingeleitet und engmaschig überwacht wird.

Als körpereigene Thrombolytika werden insbesondere Urokinase und Gewebeplasminogenaktivator (tPA) beziehungsweise deren Derivate Reteplase, Tenecteplase, und als körperfremder Stoff Streptokinase verwendet. Quasi genau das Gegenteil machen übrigens Antifibrinolytika (Hemmer der Gerinnselauflösung) wie Tranexamsäure und para-Aminomethylbenzoesäure. Deren Anwendung kann nicht nur als Antidot zur Behandlung einer Hyperfibrinolyse, etwa auch als Mundlösung nach zahnärtzlichen oder oralchirurgischen Operationen für „Phenprocoumon- Patienten“ (DAC/NRF-Rezeptur), insgesamt in der HNOChirurgie, sondern auch bei übermäßigem Nasenbluten sinnvoll sein.

Angesichts der zunehmend älter werdenden Bevölkerung in Deutschland ist damit zu rechnen, dass thromboembolische Ereignisse weiter stark zunehmen. Dank des andauernden Fortschritts können Patienten mit Blutgerinnungsstörungen heute aber quasi schon maßgeschneidert behandelt werden. Und die Entwicklung schreitet mit großen Schritten voran: In der Pipeline und kurz vor der Zulassung in Amerika (FDA) stehen derzeit schon wieder neue Substanzen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 03/17 ab Seite 86.

Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin und Fachjournalistin

„Blutgerinnungsstörungen – Teil 3”

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