Biomarker | Altern
DIE IMMUN-UHR IN UNS
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Das Immunsystem wehrt Krankheitserreger und Fremdstoffe ab und beseitigt abgestorbene oder fehlerhaft gewordene eigene Körperzellen. Deswegen ist es auch so wichtig für die eigene Gesundheit. Auf Infektionen reagiert das Immunsystem oft mit Entzündungen, die dazu beitragen, den Erreger zu bekämpfen.
Leider nehmen im Alter Entzündungsprozesse zu, die auch ohne äußere Einflüsse entstehen und chronisch verlaufen können. Solche Entzündungen führen langfristig zu Gewebeschäden und erhöhen das Risiko für Krebs, Demenz und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Diese Erkenntnis half einem Team um Nazish Sayed von der Stanford University in Kalifornien dabei, eine neue biologische „Altersuhr“ zu entwickeln.
iAge
Dazu bestimmten sie zunächst 50 verschiedene Immunmarker in Blutproben von 1001 Menschen zwischen acht und 96 Jahren. Daraufhin nutzten sie eine künstliche Intelligenz, die mithilfe von Deep Learning Muster in den Blutergebnissen erkannte und diese in Beziehung zu Gesundheitsdaten der Probanden setzte. So konnten die Forschenden Biomarker identifizieren, die mit altersbedingten Krankheiten und Gebrechlichkeit in Verbindung stehen und eine neue biologische Altersuhr darstellen: iAge. Die Forscher schreiben über ihre Altersuhr:
„iAge sagt wichtige Alterungsphänotypen voraus und gibt Einblicke in die Mechanismen, die zur Alterung der Gefäße führen. Wir haben eine signifikante Korrelation zwischen iAge und Multimorbidität bei den über 60-Jährigen in dieser Studie beobachtet. Dies unterstreicht die Schlüsselrolle von iAge bei der Anhäufung von physiologischen Schäden während des Alterns.“
Der Signalstoff des Immunsystems Chemokin CXCL9 sorgt dafür, dass Lymphozyten an den Ort einer Infektion gelangen. Doch in diesem Fall konnten die Wissenschaftler zeigen, dass CXCL9 mehrere Gene hochreguliert, die zu Entzündungen beitragen. Außerdem ist es an zellulärer und vaskulärer Alterung sowie ungünstigen Veränderungen des Herz-Kreislauf-Systems beteiligt, beschreibt Sayed. Die Forschenden testeten an menschlichen Zellen und an Mäusen, was passiert, wenn sie CXCL9 experimentell ausschalteten. Das Ergebnis: Die Gefäßfunktion besserte sich, arterielle Versteifungen nahmen ab und die Zellen waren wieder in der Lage, sich zu erneuern. Die Forscher berichten:
„In Zukunft könnte es möglich sein, das Einsetzen der Gefäßalterung zu verzögern, indem man CXCL9 therapeutisch unterdrückt.“
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Mit iAge könnte man, laut den Forschenden, den zukünftigen Gesundheitszustand prognostizieren: „Mit iAge ist es möglich, sieben Jahre im Voraus vorherzusagen, wer gebrechlich werden wird“, sagt Sayeds Kollege David Furman. „Das lässt uns viel Spielraum für Interventionen.“
Ob und wie die Methode tatsächlich in der Praxis einsetzbar ist, muss sich noch zeigen. Christian Kosan, Leiter der Arbeitsgruppe Transkriptionsregulation am Institut für Biochemie und Biophysik der Friedrich-Schiller-Universität Jena, war nicht an der Studie beteiligt und ist skeptisch: „Diese Experimente fanden unter sehr standardisierten Versuchsbedingungen statt, die nicht überall gewährleistet werden können.“ Außerdem sei fraglich, ob die ermittelten Ergebnisse auch in einem Individuum mit der gleichen Genauigkeit gemessen und exakt bestimmt werden können. Laut Kosan müsse dies erst durch Feldstudien überprüft werden.
Quelle: Wissenschaft.de