Politik
BETÄUBUNGSMITTELRECHT KOMPAKT – TEIL 1
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Die Regelungen rund um das Betäubungsmittel sind zwar komplex, müssen aber niemand in Angst und Schrecken versetzen. Wichtig zu wissen ist, wo man was nachschlagen kann, wenn etwa die praxisrelevanten Hinweise in der Rote Liste® nicht ausreichen. Das Wichtigste aus dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln , die einschlägige Verordnung (BtMVV), die Binnenhandelsverordnungen (BtMBinHV, BtMAHV) über den Austausch von Betäubungsmitteln nach Sozialgesetzbuch V und Aktuelles im Überblick:
BtMG Das Betäubungsmittelgesetz regelt den erlaubten Umgang mit Betäubungsmitteln. Rund 200 Betäubungsmittel im Sinne des Gesetzes sind in den Anlagen I bis III aufgeführt. Anlage I listet nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel (z. B. Rauschdrogen wie Mescalin und Lysergid), Anlage II verkehrsfähige, aber nicht verschreibungsfähige Betäubungsmittel (z. B. Diamorphin, d-Cocain und Cyclobarbital), Anlage III verkehrsfähige und verschreibungsfähige Betäubungsmittel (z. B. Buprenorphin, Codein, Fentanyl, Flunitrazepam, Methadon, Morphin, Tilidin).
Anlage III ist also (besonders) apothekenrelevant. Zu beachten sind Sonderfälle, so genannte „ausgenommene Zubereitungen”. So ist für Codein gemäß Anlage III zum BtMG dann kein BtM-Rezept erforderlich, wenn bestimmte Konzentrationen und Mengen je abgeteilte Form eingehalten werden (es sei denn, die Verschreibung erfolgt für betäubungsmittel- oder alkoholabhängige Personen). Ausnahmeregelungen finden sich unter anderem auch für Tilidin in Kombination mit Naloxonhydrochlorid, fast alle Benzodiazepine und viele Barbiturate.
Wer Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, erwerben, einführen, ausführen oder abgeben will, bedarf einer Erlaubnis der Bundesopiumstelle des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Dies gilt auch für den Verkehr mit Betäubungsmitteln zwischen Haupt- und Filialapotheke. Hier sind jedoch Abgabebelege nach der BtM-Binnenhandelsverordnung (BtMBinHV) auszufertigen.
Strafbar macht sich, wer BtM ohne Verschreibung in einer Apotheke abgibt. Betäubungsmittel können importiert werden, wenn hinsichtlich des Wirkstoffes keine identischen und hinsichtlich der Wirkstärke keine vergleichbaren Fertigarzneimittel zur Verfügung stehen (§ 73 Abs. 3 Arzneimittelgesetz). Dann allerdings benötigen Apotheken eine entsprechende Erlaubnis der Bundesopiumstelle. In der Regel werden die Präparate deshalb über Importeure mit einer Erlaubnis bestellt.
Betäubungsmittel müssen in Apotheken gesondert aufbewahrt und gegen unbefugte Entnahme gesichert sein. Eine Aufbewahrung im Kommissionierer ist nicht zulässig. Nicht mehr verkehrsfähige und nicht mehr benötigte Betäubungsmittel müssen in Gegenwart von zwei Zeugen vernichtet werden. Eine Wiederverwendung oder Rückgewinnung darf nicht möglich sein. Bei therapeutischen Pflastern bietet sich zum Beispiel vor der Entsorgung das Zerschneiden in Schnipsel an.
Die Vernichtung ist zu protokollieren, von allen Beteiligten zu unterschrieben und zu datieren und drei Jahre aufzubewahren. Nicht vergessen werden darf, die vernichteten Betäubungsmittel in den Aufzeichnungen auszutragen.
Aktuelles Die neue Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften (26. BtMÄndV) überführt mehr als zwei Dutzend Stoffe in die Anlagen I und II des Betäubungsmittelgesetzes, unter anderem synthetische Derivate des Amphetamins, des Kokains sowie der Cannabinoide. Weiterhin werden in Anlage III des BtMG flüssige Tilidin-Arzneimittel mit schneller Wirkstofffreisetzung den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften unterstellt.
Darüber hinaus wird in der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) die Höchstverschreibungsmenge für Methylphenidat angepasst und für cannabishaltige Fertigarzneimittel, Dexamfetamin sowie Flunitrazepam werden Höchstverschreibungsmengen festgelegt. Die vorausgegangene fünfundzwanzigste Änderungsverordnung erlaubte insbesondere die Herstellung und Verschreibung Cannabis-haltiger Fertigarzneimittel zu therapeutischen Zwecken und stellte wichtige Weichen, um die Versorgung schwerstkranker Patienten am Lebensende zu verbessern.
Hospize und Einrichtungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung ist es seit Mitte 2011 erlaubt, einen Notfallvorrat an Betäubungsmitteln für den unvorhersehbaren, dringenden und kurzfristigen Bedarf vorzuhalten. So wird vermieden, dass aus regulatorischen Gründen – in der Vergangenheit war eine gesonderte Verschreibung für aufgebrauchte BtM notwendig – Schwerstkranke oder Sterbende etwa in Nachtstunden und am Wochenende Betäubungsmittel nur mit zeitlicher Verzögerung erhalten können.
Betäubungsmittelrecht kompakt Teil 2 der dreiteiligen Serie befasst sich in der nächsten Ausgabe mit der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung, die das Verschreiben, die Abgabe und den Nachweis des Verbleibs von Betäubungsmitteln regelt.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/12 ab Seite 48.
Dr. Michael Binger, Hessisches Sozialministerium