Menschen, die übergewichtig sind, empfinden viele Lebensmittel oft als fade. © moodboard / moodboard / Thinkstock

Übergewicht | Lebensmittel

BEI ADIPOSITAS LEIDET DER GESCHMACKSSINN

Das Thema Übergewicht ist seit Jahren in den Medien präsent – Deutsche werden immer dicker heißt es. US-amerikanische Forscher haben nun herausgefunden, dass Menschen, die an Übergewicht leiden, viele Nahrungsmittel als fade empfinden und dadurch in die missliche Lage geraten, für ein befriedigendes Geschmackserlebnis stark fett- und zuckerhaltige Produkte zu sich zu nehmen. Aber warum leidet der Geschmackssinn?

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Die Wissenschaftler um Dr. Andrew Kaufmann und sein Team von der Cornwell University in Ithaca untersuchten das Phänomen, dass der Geschmackssinn bei zunehmendem Gewicht leidet mittels Tierversuchen. Sie gingen der Vermutung nach, dass wahrscheinlich die Anzahl der Rezeptoren auf der Zunge abnehmen. Dies kommt dadurch zustande, dass die durch Übergewicht hervorgerufene chronische systemische Entzündungsreaktion, vor allem das Bauchfett eine Menge dieser proinflammatorischen Botenstoffe produziert. Zu Beginn der Studie wurden Labormäuse mit kalorienreicher Nahrung gefüttert. Nach einem Zeitraum von acht Wochen hatten die Tiere im Vergleich zu gesund ernährten Mäusen nicht nur enorm zugenommen, sondern bei der Untersuchung ihrer Zunge konnte man erkennen, dass ein enormer Rückgang der Geschmacksknospen stattgefunden hatte.

Bei genetisch veränderten Mäusen, die den Adipositas-Entzündungsmediator Tumornekrosefaktor (TNF) nicht produzieren können, war ebenfalls durch die fettreiche Ernährung ein deutliches Plus an Gewicht zu erkennen. Die Anzahl der Geschmacksknospen wiederum unterschied sich wiederum nicht von denen der gesunden Mäuse. Dadurch wurde die Vernutung der Wissenschaftler bekräftigt, dass eine dauerhafte unterschwellige Entzündungsreaktion für eine Abnahme des Geschmackssinns verantwortlich ist. Weiterhin konnten die Forscher aufzeigen, dass nicht eine orale Exposition gegenüber der fettreichen Ernährung, sondern metabolische Effekte das Geschmacksempfinden leiden lassen. Das heißt konkret, dass Tiere, die aufgrund ihrer genetischen Manipulation nicht dick werden können, trotz Zunahme kalorienreicher Produkte keinen Rückgang der Geschmacksrezeptoren aufweisen.

Kaufmann und sein Team kommen zu dem Schluss, dass Übergewicht und Geschmacksempfinden in einer bidirektionalen Wechselbeziehung stehen. Aber es gibt auch gute Nachrichten. Entschließt man sich abzunehmen, kommen die Geschmacksknospen zurück. Die Forscher sehen aber auch Möglichkeiten mittels eines therapeutischen Ansatzes die Hemmung der proinflammatorischen Kaskaden hervorzurufen. Durch eine solche Blockade der Entzündungsreaktion könnte man übergewichtigen Menschen das Essen wieder schmackhaft machen.

Nadine Hofmann,
Leitung Online-Redaktion

Quelle: Pharmazeutische Zeitung

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