Herzschrittmacher retten Leben – das Implantat verhindert lebensgefährliche Situationen bei Herzrhythmusstörungen. © Lightstar59 / iStock / Getty Images Plus

Medizinprodukte | Kardiologie

AUTARKER HERZSCHRITTMACHER

Bei Rhythmusstörungen oder Aussetzern sind Herzschrittmacher ein wahrer Segen. Einziger Nachteil: Ab und zu müssen die Batterien gewechselt werden. Ein neues Implantat versorgt sich selbst mit Strom – wie das?

Seite 1/1 2 Minuten

Seite 1/1 2 Minuten

Alle elektronischen Geräte brauchen eine Stromquelle, sei es in Form von Batterien, Akkus oder Zugang zu einer Steckdose – im Grunde ziemlich lästig. Was tun, wenn keine Stromquelle zur Verfügung steht? Forscher suchen daher schon seit einiger Zeit nach Möglichkeiten, elektronische Geräte in die Unabhängigkeit zu führen. Erste Versuche an Schweineherzen scheinen vielversprechend was die Umsetzung am Herzschrittmacher angeht. Millionen Menschen weltweit könnten von der neuen Technologie profitieren.

Möglich macht dies ein triboelektrischer Antrieb: Durch Druck oder Verformung treten zwei Materialschichten in Kontakt und tauschen Elektronen aus, die bei der anschließenden Trennung abgeleitet werden können. Es handelt sich zum einen um eine Polymerschicht aus Fluorkohlenstoff-Verbindungen, zum anderen um eine dünne Aluminiumschicht, die normalerweise durch einen porösen Abstandhalter getrennt sind. Bei Bewegung wird die Trennschicht zusammengedrückt und die Schichten treten in Kontakt, die erzeugte Spannung wird durch eine Elektrode abgeleitet und in eine kleine Speichereinheit (Kondensator) übertragen. Der entstehende Elektronenfluss bedeutet Strom für den Herzschrittmacher. Die Verformung kommt durch die Bewegung des Herzens zustande. Wissenschaftler um Han Ouyang vom Institut für Nanoenergie und Nanosysteme in Peking entwickelten ein triboelektrisches System, das die Herzbewegung so nutzen kann, dass genügend Strom erzeugt wird, um einen gängigen Herzschrittmacher anzutreiben. Das System wird als Gesamtpaket implantiert.

Erste Anwendungserfolge konnte das Team schon am Schweineherz beobachten. Das ähnelt im Aufbau sehr dem menschlichen Herzen, auch Größe und Energiebedarf sind vergleichbar. Die durch eine Herzsystole erzeugte Energie übertraf im Versuch die nötige Schwelle für einen Schrittmacher, der Speicher des Geräts stieg innerhalb von drei Stunden von 0 auf 3,55 Volt an. Durch Abkühlung der Herzgegend lösten die Wissenschaftler im Anschluss Rhythmusstörungen aus, der Schrittmacher reagierte und sendete Impulse aus – der normale Rhythmus war schnell wiederhergestellt. „Dieser Generator stellt damit eine vielversprechende Methode dar, um biomechanische Energie in vivo zu sammeln“, berichteten Ouyang und sein Team. „Die Leistung des Geräts ist beeindruckend, denn sie ist viermal so hoch wie bei bisherigen Ansätzen dieser Art.“ Zudem sei das System gut verträglich und haltbar. Wenn das System jetzt noch kleiner und effizienter gestaltet wird, könnte bald ein erster klinischer Einsatz am Menschen erfolgen.

Farina Haase,
Apothekerin/Redaktion

Quelle: www.wissenschaft.de

×