Kolumne | Holger Schulze
AUF DEN HUND GEKOMMEN
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Kennen Sie das auch? Jeden Tag in der Früh um 7 oder noch zeitiger aufstehen, anziehen und ab nach draußen, egal welcher Wochentag es ist und ob es stürmt, schneit oder wie aus Kübeln gießt, egal ob die sommerliche Morgensonne einen begrüßt oder ob es bei winterlicher Eiseskälte noch immer stockfinster ist? Wenn Sie all das mit Ja beantworten können, ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich groß, dass Sie einen Hund besitzen, und dass dieser der Grund für Ihre allmorgendlichen Aktivitäten ist, einfach raus und laufen! Was für viele, die keinen Hund besitzen, vielleicht wie der reine Horror klingen mag, hat aber erwiesenermaßen eine ganze Reihe von positiven gesundheitlichen Effekten: So leiden Hundebesitzer seltener unter Herz-Kreislauferkrankungen oder Depressionen, sind stressresistenter und haben in der Folge tatsächlich eine höhere Lebenserwartung!
Die Ursachen hierfür sind dabei höchstwahrscheinlich auf zwei Aspekte zurückzuführen, einen physischen und einen sozialen. Das physische ist dabei offensichtlich und oben bereits beschrieben: Tägliches Spazierengehen ist dank des vierbeinigen Freundes bei Hundehaltern häufiger als bei Nicht-Hundebesitzern, und diese regelmäßige physische Aktivität wirkt sich nicht nur positiv auf unsere körperliche, sondern auch unsere geistige Gesundheit aus, vermindert zum Beispiel depressive Zustände. Die zweite, soziale Komponente verstärkt diesen Effekt noch. Dabei wirken sich soziale Beziehungen dann besonders positiv auf das psychische Wohlbefinden aus, wenn sie von Intimität und Vertrauen geprägt sind. Gerade weil Hunde von ihren Haltern oft vermenschlicht werden, erfüllen sie diese Eigenschaften: Sie hinterfragen ihre Halter nicht, zeigen bedingungslose Zuneigung und vermitteln Sicherheit und Selbstwertgefühl.
Hundehalter leben länger!
Diese Eigenschaften sind es auch, die Hunde oft fehlende menschliche Sozialkontakte kompensieren lassen, weshalb die beschriebenen positiven Effekte tatsächlich auch bei alleinstehenden Menschen ausgeprägter sind als bei solchen, die in festen Partnerschaften oder Familien leben. Darüber hinaus können Hunde aber auch gerade beim Knüpfen menschlicher Beziehungen unterstützen, da sie die soziale Kontaktaufnahme erleichtern.
Physiologisch wirken sich all diese physischen wie sozialen Aktivitäten auf unser vegetatives Nervensystem (VNS) aus: Hundebesitzer zeigen ein im Vergleich zu Nicht-Hundehaltern ein erhöhtes Aktivitätsniveau im parasympathischen und ein erniedrigtes Niveau in sympathischen Teil des VNS. Befunde, die gut zu der erhöhten Stresstoleranz wie auch der geringeren kardiovaskulären Belastung passen: Selbst nach besonderer Stressbelastung normalisiert sich der Blutdruck bei Hundebesitzern schneller als bei den „hundefreien“ Kontrollgruppen. Wenn Sie also noch keinen Hund haben, aber sich dazu entschließen sollten, das eingangs Beschriebene auf sich zu nehmen, so werden Sie sicherlich oft fluchen, wenn Sie früh raus müssen oder die Hausschuhe zerbissen sind. Aber Sie bekommen auch ganz viel zurück, versprochen!
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/19 auf Seite 12.
Zur Person
Prof. Dr. Schulze, Hirnforscher
Holger.Schulze@uk-erlangen.de
Prof. Dr. Schulze ist Leiter des Forschungslabors der HNO-Klinik der Universität Erlangen-Nürnberg sowie auswärtiges wissenschaftliches Mitglied des Leibniz-Instituts für Neurobiologie in Magdeburg. Seine Untersuchungen zielen auf ein Verständnis der Neurobiologie des Lernens und Hörens.
www.schulze-holger.de