Stammzellforschung | Embryoklone
AUF DEM WEG ZUR KÜNSTLICHEN GEBÄRMUTTER?
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Normalerweise läuft es so: Wird ein Mensch gezeugt, befruchtet ein Spermium eine Eizelle. Innerhalb von fünf bis sechs Tagen wächst darin im Körper einer Frau dann eine sogenannte Blasytozyste heran, das ist ein Gebilde aus etwa 200 Zellen. Wenige Tage nach diesem Stadium ist der frühe Embryo daraufhin bereit, sich in die Gebärmutterschleimhaut einzunisten – das ist der Moment, wo eine Schwangerschaft beginnt. Und zwar nicht nur beim Menschen, sondern bei allen Säugetieren, von der Maus bis zum Elefanten.
Zwei Forscherteams ist es nun gelungen, sehr ähnliche Zellgebilde im Labor heranwachsen zu lassen – und zwar ohne vorherige Befruchtung durch ein Spermium, außerhalb eines lebenden Organismus. Das eine Team setzte dabei embryonale Stammzellen ein. Das andere programmierte für seine Versuche menschliche Hautzellen in ein Stammzellstadium um und setzte sie auf eine Art 3-D-Gerüst. Dort begannen die Zellen sich dann wie Blastozysten zu organisieren. Völlig identisch zu natürlich gewachsenen Embryonen seien die Zellkugeln aber nicht, sagte Nicholas Rivron vom Institut für Molekulare Biotechnologie in Wien. Wie bei den früheren Experimenten an Mäusen sei es wahrscheinlich, dass die auf diese Weise gezüchteten Blastoide nach ein paar Tagen aufhören würden, richtig zu wachsen. Der Grund dafür sei, dass die Strukturen im Vergleich zu echten Embryos zu unorganisiert seien.
Die ersten Tage der Embryonalentwicklung liefen also auf künstliche Weise ab. Ähnliches war bisher nur an Mäusen gelungen. Die Forscherteams wollten unter anderem wissen, warum befruchtete Eizellen sich manchmal nicht erfolgreich in der Gebärmutterschleimhaut einnisten. Die Modelle könnten etwa dazu dienen, neue Verhütungsmittel zu entwickeln und Medikamente zu testen.
„Bemerkenswert, aber nicht völlig überraschend“ findet das Michele Boiani vom Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster. Er hatte sogar erwartet, dass die Versuche an menschlichen Stammzellen noch besser als an Mäusen funktionieren. Den Nutzen sieht er vor allem darin, dass die Blastoide Forschern künftig erlauben könnten, bei Experimenten auf menschliche Embryonen aus künstlicher Befruchtung zu verzichten. An denen herrscht nämlich in der Forschung Mangel, während sich die Erzeugung der Blastoide trotz ihrer Defizite skalieren lasse.
Jetzt folgt natürlich die Diskussion um die ethischen Dimensionen. So muss insbesondere diskutiert werden, ob die Blastoiden länger als 14 Tage kultiviert werden sollten. Denn nach den Richtlinien der Internationalen Gesellschaft für Stammzellforschung (ISSCR) ist eine solche Kultivierung nur über diese Zeitspanne zulässig.
Die Entwicklung könne die Diskussion darüber befeuern, ob sich diese Grenze nicht auf 28 Tage ausdehnen müsste: Erst dann bilden sich nämlich bei menschlichen Embryonen erste Strukturen von Empfindungsfähigkeit.
Dass Embryonen von Säugetieren außerhalb des Uterus heranwachsen können, zeigte ein Forscherteam aus Israel. Es hatte dafür eine künstliche Gebärmutter im Labor geschaffen; schwangeren Mäuseweibchen wurden nach fünf Tagen Embryonen entnommen und in die künstliche Gebärmutter eingesetzt. Dort ließen die Forschenden die Embryonen sechs weitere Tage heranreifen. Nach elf Tagen reichte die Nährstoffversorgung über die künstliche Gebärmutter nicht mehr aus, um die Embryonen am Leben zu erhalten
Diese ethisch umstrittene Forschung dient dazu, zu verstehen, welches Zusammenspiel es braucht, damit aus einer befruchteten Zelle ein komplexer Organismus heranwächst.
Alexandra Regner,
PTA und Medizinjournalistin
Quelle: Zeit online