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PTA-Fortbildung 01/14

ALLERGIEN: VOM WINDE VERWEHT

Allergien gab es schon im alten Ägypten, doch bekam das Phänomen erst vor knapp hundert Jahren vom Wiener Kinderarzt Clemens von Pirquet seinen heute weltweit gebräuchlichen Namen.

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Tränende Augen, eine laufende Nase oder eine behinderte Atmung – all diese Symptome können auf eine Allergie zurückzuführen sein. Dabei handelt es sich um eine überschießende Abwehrreaktion des Immunsystems gegen normalerweise harmlose körperfremde Substanzen. Diese Fremdstoffe werden als Antigene und in diesem Fall als Allergene bezeichnet. Das Abwehrsystem eines Allergikers stuft diese Eindringlinge als gefährlich ein und bekämpft sie mit einer Überreaktion.

Allergische Reaktion Dafür werden beim Erstkontakt von B-Lymphozyten spezifisch gegen das Allergen ausgerichtete Abwehrstoffe vom Immunglobulin-Typ E gebildet, die sich auf die Oberfläche von Mastzellen setzen. Mastzellen gehören zur Gruppe der weißen Blutkörperchen und sind Zellen der körpereigenen Abwehr, die Entzündungsstoffe (Mediatoren) gespeichert haben und mit spezifischen Bindungsstellen für IgE ausgestattet sind.

Die Mastzellen befinden sich im Blut und Körpergeweben, insbesondere in Haut und Schleimhäuten von Nase, Mund und Augen sowie in den Atmungsorganen und im Darm. Während dieser ersten Phase, der Sensibilisierungsphase, treten noch keine sichtbaren Reaktionen auf. Der Körper ist vorerst nur sensibilisiert worden. Kommt es aber zu einem wiederholten Kontakt mit demselben Allergen, dann erinnert sich das Immunsystem und produziert schnell größere Mengen an IgE.

In dieser Reaktionsphase bindet das Antigen beziehungsweise Allergen an seine spezifischen Antikörper, die auf den Mastzellen sitzen. Bei dieser Antigen-Antikörper-Reaktion überbrückt ein Antigen zwei benachbarte Antikörper und bringt durch die Quervernetzung (bridging) die Mastzelle zum Platzen. Die Mastzellen entleeren sich (Degranulation) und setzen dabei eine Vielzahl von Mediatoren frei, die Entzündungsreaktionen hervorrufen, die harmlos bis lebensbedrohlich verlaufen können.

Allergische Symptome Der wichtigste Mediator ist Histamin, daneben spielen Leukotriene, Prostaglandine und Zytokine eine Rolle. Die Stoffe lösen an den Blutgefäßen eine Gefäßerweiterung und eine Erhöhung der Durchlässigkeit aus, wodurch Flüssigkeit austritt und es zu Ödemen in Haut und Schleimhaut kommt. Zudem kontrahieren sie die glatte Muskulatur und stimulieren die Schleimproduktion.

Je nach Ausmaß und Lokalisation der Reaktion treten die verschiedenen bekannten allergischen Symptome auf, die individuell sehr unterschiedlich sein können: Sie reichen von Jucken, Niesreiz, verstopfter oder laufender Nase, geröteten oder tränenden Augen, Lidschwellungen, Hautausschlägen, Magen-Darm-Beschwerden, Atemnot und Asthmaanfällen bis hin zum anaphylaktischen Schock.

Allergische Reaktionstypen Sie werden als Allergien vom Soforttyp (Typ I) bezeichnet. Soforttyp deshalb, weil die allergischen Beschwerden innerhalb weniger Sekunden bis Minuten nach dem Kontakt der Allergene mit Haut oder Schleimhaut auftreten. 90 Prozent aller allergischen Reaktion zählen zu diesem Typ, der immer IgE-vermittelt ist.

Beispiele dafür sind die häufigsten allergischen Erkrankungen wie das allergische Asthma bronchiale, Nahrungsmittelallergien und die allergische Rhinitis, die volkstümlich als Heuschnupfen und medizinisch als Rhinokonjunktivitis bezeichnet wird, da neben einer Entzündung der Nasenschleimhaut häufig eine Bindehautentzündung der Augen (Konjunktivitis) dazu kommt. Prinzipiell werden Allergien je nach Ablauf in vier verschiedene Typen eingeteilt.

Allergenkontakt vermeiden
Eine vollständige Allergenkarenz stellt die beste Präventivmaßnahme dar. Allerdings ist dies praktisch kaum möglich. Folgende Tipps können aber das Leben erleichtern:

+ Täglich Pollenflugvorhersage beachten
+ Urlaubsreise während der individuellen Pollensaison in pollenfreie Regionen legen
+ Spaziergänge und sportliche Aktivitäten nach einem Regenguss planen, da dann die Allergene aus der Luft gespült worden sind
+ Sonnenbrille tragen, um Pollen vom Auge fernzuhalten
+ Gartenarbeiten vermeiden, aber Rasen häufig mähen (lassen), damit Gräser und Kräuter nicht zum Blühen kommen
+ Fenster in Zeiten der größten Allergenkonzentration am besten geschlossen halten, ansonsten verringern Pollenschutzgitter beim Lüften die Innenraumbelastung
+ Beim Autofahren keine Fenster öffnen, Pollenfilter in der Lüftungs- oder Klimaanlage reduzieren zusätzlich die Pollenkonzentration im Wageninnern
+ Häufig Staub und damit Pollen wegsaugen, am besten mit einem Staubsauger mit Feinfilterung
+ Haare abends waschen, um nächtlichen Beschwerden durch im Haar festgesetzte Pollen vorzubeugen
+ getragene (pollenbehaftete) Kleidung nicht im Schlafzimmer aufbewahren
+ Wäsche nicht im Freien trocknen, da sich sonst Pollen daran heften

Neben dem Soforttyp unterscheidet man noch den Zytotoxischen Typ (Typ II), den Immunkomplex- Typ (Typ III) und den Spättyp (Typ IV). Auch die viel seltener auftretenden Typ-II- und Typ-III-Allergien sind antikörpervermittelt, wobei nicht IgE-, sondern IgG- und IgM-Antikörper eine Rolle spielen. Zudem dauert es bis zum Auftreten der Symptome einige Stunden. Beispiel für eine Typ-II-Allergie ist eine Agranulozytose, bei der es durch Arzneistoffe wie Metamizol zu einer Zerstörung köpereigener Zellen (Zytolyse) kommt.

Bei einer Typ-III-Allergie bilden sich innerhalb von Stunden mit dem Allergen Immunkomplexe, die Entzündungsreaktionen auslösen. Bekanntes Beispiel dafür ist die Vogelzüchterlunge, bei der tierische Proteine aus Staub oder dem Kot von Vögeln eingeatmet werden, die entzündliche Reaktionen des Lungengewebes verursachen. Bei der Reaktion vom Spättyp oder Typ-IV-Reaktion treten die allergischen Symptome erst ein bis zwei Tage nach dem Allergenkontakt auf.

Dieser Typ ist T-Zell-vermittelt, dass heißt, die Allergie wird nicht durch Antikörper, sondern durch spezifische T-Lymphozyten ausgelöst. Dabei wandern sensibilisierte T-Lymphozyten an die Kontaktstelle des Allergens und führen zu einer Gewebsentzündung. Nach diesem Reaktionsmuster verlaufen beispielsweise Transplantat-Abstoßungsreaktionen oder das allergische Kontaktekzem.

Allergieauslöser Theoretisch kann jeder Fremdstoff, sofern er eine bestimmte Größenordnung besitzt, eine Allergie auslösen. Ein Molekül mit allergenen Eigenschaften ist einerseits so groß und so kompliziert aufgebaut, dass es eine Immunreaktion bewirken kann. Andererseits muss es aber klein genug sein, um Haut und Schleimhäute durchdringen zu können. Schätzungen zu Folge ist für circa 20 000 Substanzen eine allergieauslösende Wirkung bekannt, wobei 90 Prozent der Allergiker unter einer begrenzten Anzahl von Allergen leiden. Zu den häufigsten Allergenen zählen Blütenpollen, Milbenkot, Tierepithelien (tierische Ausscheidungsprodukte, die an Haaren oder Federn kleben), Insektengifte, Nahrungsmittel und Schimmelpilze.

Die Allergene lassen sich in folgende Kategorien einteilen:

  • Inhalationsallergene, z. B. Pollen, Schimmelpilzsporen, Mehl, Holzstaub, Kot der Hausstaubmilben, Tierepithelien
  • Nahrungsmittelallergene, z. B. Milch, Ei, Getreide, Fisch, Hülsenfrüchte, Soja, Nüsse, Gewürze, Farbstoffe, Konservierungsmittel, Obst
  • Kontaktallergene, z. B. Kosmetika, Haarfärbemittel, Nickel- und Chrom-haltiger Schmuck, Wolle, Latex, Waschund Putzmittel
  • Insektengiftallergene, z. B. Wespen-, Bienen-, Hummelnoder Hornissengift
  • Arzneimittelallergene, z. B. Penicillin und andere Antibiotika, Sulfonamide, Schmerzmittel

Atopische Trias Bei Allergikern sind oft mehrere Organsysteme betroffen, wobei sich am häufigsten eine allergische Rhinitis, ein Asthma bronchiale und eine Neurodermitis manifestieren. Diese drei allergischen Erkrankungen werden als atopische Krankheiten oder als Erkrankungen des atopischen Formenkreises bezeichnet. Sie können einzeln, gleichzeitig oder zeitlich versetzt auftreten.

Allergische Rhinitis Der Heuschnupfen ist die bekannteste und häufigste allergische Erkrankung mit steigender Prävalenz. Nach Angaben des Deutschen Allergie- und Asthmabundes leiden darunter inzwischen ungefähr 16 Prozent der deutschen Bevölkerung. Meist beginnt er in der Kindheit und Jugend, etwa 80 Prozent der Betroffenen erkranken vor dem 30. Lebensjahr.

Mit zunehmendem Alter kann das Krankheitsbild schwächer werden oder sogar ganz verschwinden. Möglich ist aber auch ein erstes Auftreten im Erwachsenenalter, sodass selbst bei älteren Personen mit Schnupfensymptomen eine Allergie nicht prinzipiell ausgeschlossen werden kann. Verantwortlich für die Heuschnupfensymptome sind Pollen und damit Eiweiß- beziehungsweise Zucker-Eiweiß-Verbindungen, die über die Atmung aufgenommen werden.

Intermittierende und persitierende Rhinitis
Die bislang verwendete Einteilung in eine saisonale und perenniale allergische Rhinitis wurde zugunsten einer neuen Klassifizierung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aufgegeben. Jetzt steht die Dauer der Symptomatik im Vordergrund und es wird in eine intermittierende (unterbrechende) und persistierenden (anhaltenden) allergische Rhinitis unterschieden. Während bei der intermittierenden Form eine Symptomatik von weniger als vier Tagen pro Woche oder weniger als vier Wochen im Jahr zugrunde liegt, dauern bei einer persistierenden Rhinitis die Symptome länger als vier Tage pro Woche und mehr als vier Wochen an.

Zumeist spielt sich die allergische Entzündungsreaktion an Nase und Augen gleichzeitig ab. Heuschnupfengeplagte leiden an heftigen Niesattacken, Juckreiz in der Nase, starkem Sekretfluss und einer behinderten Nasenatmung. Eine Konjunktivitis mit juckenden, brennenden und tränenden Augen, Rötung und einer Lidschwellung belastet den Pollenallergiker zusätzlich. Insgesamt fühlen sich viele der Leidgeplagten müde und schlapp.

Dauerschnupfen Treten die Beschwerden streng saisonal entsprechend der Blütezeit der allergieauslösenden Pflanzen auf, spricht man von einer saisonalen beziehungsweise intermittierenden (unterbrechenden) allergischen Rhinitis oder Rhinokonjunktivitis. Da die verschiedenen Pollenarten von Anfang des Jahres bis in den Herbst hinein fliegen, kann es bei einer Sensibilisierung gegen mehrere Pollenarten auch zu lang andauernden, monatelangen Beschwerden kommen.

Deshalb ist es manchmal kompliziert, eine pollenassoziierte Allergie von einem perennialen (ganzjährigen) beziehungsweise persistierenden (anhaltenden) allergischen Dauerschnupfen abzugrenzen, zumal letzterer saisonalen Schwankungen unterliegt. So ein anhaltender Dauerschnupfen ist Folge von Allergenen, denen man ständig ausgesetzt ist und die nicht an die Vegetationsperiode gekoppelt sind (z. B. Hausstaubmilbenexkremente, Schimmelpilzsporen oder Tierepithelien).

Etagenwechsel gefürchtet Heuschnupfenpatienten haben ein stark erhöhtes Risiko, ein Asthma bronchiale zu entwickeln. Symptome wie trockener Husten und Atembeschwerden deuten drauf hin. Unbehandelt entsteht bei jedem Dritten innerhalb weniger Jahre ein Asthma. Die Allergie hat einen Etagenwechsel vorgenommen: Sie ist von den oberen Atemwegen zu den Bronchien, den unteren Atemwegen, hinabgestiegen. Dabei bildet sich ein Asthma besonders häufig, wenn die ersten allergischen Symptome vor dem sechsten Lebensjahr aufgetreten sind. Um einen Etagenwechsel zu verhindern, sollte eine adäquate Therapie so früh wie möglich eingeleitet und konsequent durchgeführt werden.

Asthma bronchiale Betroffene leiden vor allem nachts oder in den frühen Morgenstunden anfallsartig unter plötzlich auftretender Atemnot, die oftmals von einem trockenen Husten mit zähem Schleimauswurf begleitet ist. Typisch sind pfeifende und giemende Strömungsgeräusche beim Atmen. Sie gaben der Erkrankung ihren Namen, der aus dem Griechischen kommt und „Keuchen“ bedeutet. Die Beschwerden sind Folge einer anhaltenden Entzündung der Atemwege. Durch die gesteigerte Reaktionsbereitschaft der Bronchien reagiert der Asthmatiker empfindlich auf zahlreiche Reize.

Verschiedenste Faktoren wie Pollen, Tierepithelien, Kälte, Rauch, Luftverschmutzung oder Infekte führen zu einer reversiblen Verengung der Atemwege, insbesondere der kleinen Bronchien und Bronchiolen, und damit zu Atemnot. Je nach Schweregrad des Asthmas kommt es zu einer unterschiedlichen Beteiligung von Entzündungszellen, die einen Spasmus der Bronchialmuskulatur, ein Ödem der Bronchialwand und eine vermehrte Sekretion zähen, glasigen Schleims auslösen.

Achtung Kreuzallergien Bei circa jedem zweiten Heuschnupfenpatienten sind auch Beschwerden nach dem Verzehr bestimmter Nahrungsmittel festzustellen. Dabei leiden manche Allergiker nur zu den Blühperioden der betroffenen Pollen, während andere auch außerhalb des Pollenfluges bestimmte Lebensmittel nicht vertragen und mit Kribbeln und Gaumenjucken bis hin zu Schwellungen der Mund- und Rachenschleimhäute reagieren. Darüber hinaus können Magen-Darm-Beschwerden, Hautreaktionen, Kreislaufbeschwerden bis hin zu einem anaphylaktischen Schock ausgelöst werden.

Man spricht von einem oralen Pollensyndrom oder einer pollenassoziierten Nahrungsmittelallergie, deren Ursache eine Kreuzreaktion mit Pollen ist. Das Immunsystem reagiert dabei auf Eiweißstrukturen aus Nahrungsmitteln, die denen der allergisierenden Pollen ähneln. Kreuzreaktionen können mit botanisch verwandten Obstsorten und Gewürzen auftreten. So vertragen Birkenpollenallergiker kein Kern- und Steinobst oder Nüsse. Allergiker auf Gräserpollen müssen sich vor Soja, Tomaten, Bananen und Erbsen hüten.

Weitere Beispiele sind Kreuzreaktionen zwischen Beifußpollen und Karotten, Sellerie, Paprika sowie Kiwis. Je unbehandelter ein Nahrungsmittel ist, desto mehr Allergiepotenz hat es. So kann man bei einigen Obst- und Gemüsesorten durch Kochen oder Einfrieren die allergenen Strukturen zerstören. Diese präventive Maßnahme funktioniert aber nicht immer. Sellerie und Erdnüsse behalten beispielsweise ihre Allergenität selbst nach Hitzezufuhr.

Allergikerkarriere Von Nahrungsmittelallergien können ebenso Personen betroffen sein, die nicht an einem Heuschnupfen leiden. Die häufigste ist die Milch- und Ei-Allergie. Aber auch Seefische, Schalentiere, Nüsse, Getreide, Hülsenfrüchte und Rohgemüse (vor allem Sellerie) lösen oft allergische Reaktionen aus. Insbesondere bei Kindern gehören die Nahrungsmittelallergien zu den ersten Allergieformen. Viele Lebensmittelallergien verlieren sich aber meistens im Laufe der Zeit (z. B. auf Eier, Milch, Soja, Weizen). Dafür treten im Klein- und Schulalter vermehrt Inhalationsallergien auf.

Allergenen auf der Spur Die Allergiediagnostik erlaubt eine Aufdeckung möglicher Allergene und ist Voraussetzung für präventive und therapeutische Maßnahmen (z. B. Allergenkarenz oder Hyposensibilisierung). Neben einer ausführlichen Anamnese stehen mehrere Testverfahren zur Verfügung: Hierzu zählen Hauttests, Blutuntersuchungen und Provokationstests. Sie geben Aufschluss über Art, Aktualität und Schwere der Erkrankung. Haut- und Provokationstests werden unter ärztlicher Kontrolle durchgeführt, damit auf potenzielle starke allergische Reaktionen adäquat reagiert werden kann. Der Patient muss sogar noch 30 Minuten lang nach der Testdurchführung in der Praxis bleiben, da dies die kritische Zeitspanne für ernsthafte Zwischenfälle ist.

Hauttests werden als Suchtest oder Bestätigungstest durchgeführt. Die verschiedenen Tests beruhen alle auf demselben Prinzip: Durch Aufbringen von Allergenextrakten auf oder unter die Haut werden bei sensibilisierten Personen Rötung oder Schwellung ausgelöst. Bei dem am häufigsten durchgeführten Pricktest wird mit einer Lanzette ein Auszug des möglichen Allergens in die oberste Hautschicht des Unterarms eingebracht. Er wird standardmäßig bei Allergien vom Soforttyp angewendet.

Notfallsituation anaphylaktischer Schock
Ein anaphylaktischer Schock ist die stärkste allergische Reaktion vom Soforttyp, die tödlich enden kann. Typische Symptome sind zu anfangs ein Gaumenjucken, Kribbeln an Händen, Füßen oder im Genitalbereich, Unruhe und Hitzegefühl sowie Hautausschläge mit stark juckenden Quaddeln. Im weiteren Verlauf sind gastrointestinale Symptome (Übelkeit, Erbrechen, krampfartige Bauchschmerzen, Durchfall), ein Anschwellen von Zunge und Rachen und Atemnot möglich. Schwere Kreislaufreaktionen wie Blutdruckabfall, beschleunigter Herzschlag, Herzrhythmusstörungen bis hin zum Kreislaufzusammenbruch können folgen. Um sofort reagieren zu können, sollten Allergiker mit einem erhöhten Anaphylaxie-Risiko ein Notfallset bei sich führen. Dieses beinhaltet einen Adrenalin-Autoinjektor zur Selbstapplikation, ein Glukokortikoid sowie ein Antihistaminikum. Bei bekanntem Asthma bronchiale ist zusätzlich eine bronchialerweiternde Substanz in Form eines Inhaliersprays darin enthalten.

Zum Nachweis einer ekzemauslösenden Spätreaktion wird der Epicutan-(Pflaster-)Test angewandt. Mit Allergenlösung getränkte Testpflaster werden auf die Haut (meist auf den Rücken) geklebt. Nach 24, 48 und 72 Stunden wird unter den Pflastern nachgesehen, ob sich eine Rötung, Schwellung oder Bläschen gebildet haben. Während der Pricktest nur einen Hinweis auf eine bestehende Sensibilisierung und keinen Beweis für eine aktuell vorliegende Allergie gibt, ist der Epicutantest gleichzeitig ein organbezogener Provokationstest.

Blutuntersuchungen Der wichtigste Bluttest ist der RAST-Test (Radio-Allergen-Sorbent-Test), mit dem spezifische IgE gegen einige wichtige Inhalationsallergene quantitativ erfasst werden. Man benutzt diesen Test oftmals zur Bestätigung einer möglichen Allergie, die schon im Hauttest nachgewiesen wurde. Er kommt auch bei Personen zum Einsatz, bei denen Hauttests nicht durchführbar sind, wie beispielsweise bei Neurodermitispatienten oder bei hochgradig sensibilisierten Personen, für die ein Hauttest zu gefährlich wäre. Allerdings gibt auch eine Blutuntersuchung nur Aufschluss über eine Sensibilisierung. Eine Allergie muss aktuell noch nicht vorliegen.

Provokationstests Sie werden zur zweifelsfreien Bestätigung positiver Ergebnisse anderer Allergietests verwendet. Mit ihnen kann eine klinisch relevante Allergie von einer reinen Sensibilisierung abgegrenzt werden. Hierzu werden die Allergene dem Körper auf die Art und Weise zugeführt, wie es auch in der Realität der Fall ist, das heißt, sie werden je nachdem welches Organ betroffen ist, inhaliert, geschluckt oder auf die Schleimhäute aufgebracht.

Beim Heuschnupfenpatienten werden beispielsweise durch Sprühen einer allergenhaltigen Lösung auf die Nasenschleimhaut allergische Symptome ausgelöst, die in der Natur durch die Pollen verursacht werden. Provokationstests werden zudem bei Nahrungsmittelallergien oder Asthma bronchiale durchgeführt.

Therapieoptionen Prinzipiell lassen sich am besten mit den im Handverkauf zur Verfügung stehenden Antiallergika die Symptome der allergischen Sofortreaktion (Typ I) behandeln, wobei in der Selbstmedikation die Therapie der allergischen Rhinitis die größte Rolle spielt. Am häufigsten werden H1-Antihistaminika angewendet. Sie helfen vor allem bei leichten Beschwerden, die sich vorrangig mit Nies- und Juckreiz, einer laufenden Nase und einer Konjunktivitis äußern. Eine verstopfte Nase kann meist effektiver mit einem topischen Glukokortikoid behandelt werden. Kurzfristig eignen sich zu Beginn der Therapie der nasalen Obstruktion auch abschwellende alpha-Sympathomimetika.

Hemmstoffe der Mediatorfreisetzung (z. B. Cromoglicinsäure) kommen heute sehr viel seltener zum Einsatz, da sie schwächer wirksam sind und konsequent mehrmals täglich (bis zu vier Mal) appliziert werden müssen. Zudem erfordern sie eine rechtzeitige Applikation, die etwa zwei bis drei Wochen vor dem erwarteten Pollenflug begonnen werden muss. Nur dann können Mastzellstabilisatoren eine befriedigende Stabilisierung der Membranen von Mastzellen über eine Blockade von Chloridkanälen erzielen und Freisetzung von Histamin und anderen Entzündungsmediatoren vermindern. Sie sind vor allem eine Therapieoption für Schwangere.

ZUSATZINFORMATIONEN

Allergieveranlagung

In Deutschland ist schätzungsweise jeder Dritte von einer Allergie betroffen – Tendenz steigend. Die Gründe für die Entstehung einer Allergie und die Zunahme an Allergikern sind noch nicht vollständig geklärt. Man geht von einer multifaktoriellen Genese aus, wobei verschiedene Aspekte diskutiert werden (z. B. Erhöhung der Umweltverschmutzung, Feinstaubbelastung, veränderte Lebens- und Ernährungsgewohnheiten, Stress).

Unbestritten ist aber, dass die Veranlagung eine Allergie zu entwickeln vererbt wird. Dabei wird nicht die spezifische Erscheinungsform der Allergie weitergegeben, sondern lediglich die erhöhte Bereitschaft, auf Fremdstoffe schneller, leichter und stärker zu reagieren. Die genetische Allergiebereitschaft wird auch als Atopie bezeichnet. Das Allergierisiko ist von der Familienanamnese abhängig, wobei es deutlich erhöht ist, wenn beide Elternteile Allergiker sind. Dann beträgt die Wahrscheinlichkeit 60 Prozent, dass auch das Kind eine Allergie entwickeln wird.

Pollenflug

Etwa 95 Prozent der Heuschnupfenpatienten leiden unter den sieben allergologisch wichtigsten Pollenarten: Hasel, Erle, Birke, Gräser, Roggen, Beifuß und Ambrosia, wobei besonders viele Allergiker auf Pollen der Frühjahrsblüher (z. B. Hasel, Erle und Birke) reagieren. Auskunft über die Blühzeiten und damit die höchste Allergenbelastung der jeweiligen Pollenart gibt der Pollenflugkalender, der unter www.pollenstiftung.de abgerufen werden kann.

Die aktuellen Pollenflugdaten sind täglich unter www.dwd.de/pollenflug einzusehen. So kann der Pollenallergiker sein Allergierisiko jeder Zeit einschätzen und versuchen, den Pollen aus dem Wege zu gehen oder rechtzeitig eine adäquate Therapie einzuleiten.

Spezifische Immuntherapie
Mit der Spezifischen Immuntherapie (SIT), auch als Hypo- oder Desensibilisierung bezeichnet, steht ein kausal wirkendes Therapieprinzip zur Verfügung, das Allergien vom Soforttyp dauerhaft abschwächen oder gar heilen kann. Es existieren verschiedene Varianten der SIT, die sich in der Darreichungsform, den Intervallen der Anwendung, der Dauer der Behandlung und im Indikationsspektrum unterscheiden.

Am häufigsten wird die subkutane spezifische Immuntherapie (SCIT) eingesetzt, bei der die Allergene in anfangs steigender Dosierung (später in einer Erhaltungsdosis) über einen Zeitraum von drei Jahren subkutan gespritzt werden. Daneben gibt es die Sublinguale Immuntherapie (SLIT), bei der Allergene in Form von Tropfen oder Tabletten zur Anwendung kommen, und die vor allem bei einer Gräserpollenallergie effektive Effekte zeigt.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 01/14 ab Seite 34.

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