Durchfall und Blähungen
ALARM IM DARM
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Viele kennen es: das Rumpeln im Bauch – und plötzlich kommt es raus. Patienten mit Durchfall suchen in der Regel nach der Toilette die Apotheke auf, um die unangenehmen Symptome möglichst schnell zu stoppen. Daher ist Diarrhö ein wichtiges Beratungsthema, zu dem PTA und Apotheker kompetent Hilfestellungen bieten und die Möglichkeit der Selbstmedikation aufzeigen sollten.
Lebenswichtige Bewohner Die Gesamtheit an Bakterienpopulationen im Verdauungstrakt bezeichnet man als Darmmikrobiom. Dieses steht mit vielen Körperfunktionen im Zusammenhang (Fettstoffwechsel, Nahrungsverwertung, vermutlich Autoimmunerkrankungen, Entzündungen der Mukosa, Metabolisierung von Arzneien, Abwehr von Krankheitserregern). Verändert sich die Besiedlung der Intestinalflora, treten möglicherweise Störungen der Darmperistaltik, Verstopfungen, Blähungen, Bauchschmerzen oder Durchfälle auf. Durchfall ist relativ unspezifisch und kann auf harmlose, aber auch auf schwere Erkrankungen hindeuten. Das Symptom äußert sich dadurch, dass Betroffene mehrmals täglich wässrigen bis breiigen Stuhl ausscheiden. Akute Durchfälle verlaufen meistens mild und sind in der Regel selbstlimitierend – Beispiele dafür sind die Nahrungsmittelintoxikationen, die sich nach ein bis zwei Tagen legen, oder die Reisediarrhö, die etwa vier Tage andauert.
Eine schwere, anhaltende Diarrhö führt zu Flüssigkeit- und Elektrolytverlusten, die bedrohlich sind und unbedingt behandelt werden müssen. Generell geht man davon aus, dass bei Durchfällen mit einer Dauer von bis zu vier Wochen eine akute und darüber hinaus eine chronische Erkrankung vorliegt. Folgende Vorgänge können dafür verantwortlich sein, dass Durchfall entsteht: Infolge einer Entzündung gibt der Darm vermehrt Wasser und Salze ins Darminnere ab (sekretorische Diarrhö). Dies geschieht vor allem bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, bei Lebensmittelvergiftungen, durch Bakterientoxine oder durch die übermäßige Einnahme einiger Abführmittel. Verbleiben Substanzen im Darm (etwa schlecht resorbierbare, osmotisch aktive Substanzen aus der Nahrung), die Flüssigkeit im Darmlumen halten, entwickelt sich eine osmotische Diarrhö. Dabei kommt es zu einem Verdünnungseffekt im Darm. Ursachen sind beispielsweise Nahrungsmittelunverträglichkeiten.
Plötzlich krank Ein akuter, nicht entzündlicher Durchfall ist durch eine kurze Inkubationszeit charakterisiert und beginnt wenige Stunden nach der Aufnahme des Toxins. Selten geht er mit Fieber und Erbrechen einher. Typische Beispiele für Erreger sind Enteritiden nach Stappylococcus-aureus- Toxin (Softeis), Clostridium perfringens, Bacillus cereus, Entereotoxin bildende E.coli (ETEC) sowie das Norovirus. Eine akute entzündliche Diarrhö hingegen wird von Fieber, Erbrechen und gelegentlich von blutigem Stuhl begleitet. Salmonellen sind hierzulande die häufigsten Erreger einer meldepflichtigen Infektionserkrankung, die mit Durchfall einhergeht.
Die Bakterien kommen meist bei Rindern und bei Geflügel vor, ohne dass die Tiere selbst erkranken. Über Nahrungsmittel wie etwa nicht durchgegartes Fleisch, Eis oder Eier sowie durch direkten Kontakt mit Erkrankten gelangen die Keime in den menschlichen Darm und rufen schwere (manchmal blutige) Durchfälle hervor. Betroffene leiden meist zusätzlich unter starken Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Fieber. Bei ansonsten gesunden Personen klingt die Infektion nach einigen Tagen wieder ab, gefährlich können Salmonellen für Säuglinge, chronisch Kranke oder für ältere Menschen werden.
URSACHEN VON DURCHFALL AUF EINEN BLICK
Akute Diarrhö:
+ Stress, Angst
+ Lebensmittelvergiftung
+ Medikamente
+ akute Infektionen
+ Strahlenbehandlung
Chronische Diarrhö:
+ Laktoseintoleranz
+ Reizdarm
+ Chronischer Alkoholmissbrauch
+ Zöliakie
+ Bauchspeicheldrüsenkrebs
+ Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
+ Divertikulitis
+ Medikamente
+ Tumoren
Hartnäckige Probleme Chronischer oder anhaltender Durchfall wird durch verschiedene harmlose oder ernsthafte Auslöser herbeigeführt. Persistiert die Diarrhö über mehr als vier Wochen, handelt es sich um eine chronische Form. In diesen Fällen ist von Seiten des Arztes unbedingt eine exakte Diagnostik zu stellen, weil das Symptom einerseits auf gefährliche Erkrankungen hindeuten kann, andererseits nach der Identifikation der Ursache kausale Therapien zur Verfügung stehen. Eine der schwierigsten Fragen bei der chronischen Diarrhö besteht in der fährliche Erkrankungen hindeuten kann, andererseits nach der Identifikation der Ursache kausale Therapien zur Verfügung stehen.
Eine der schwierigsten Fragen bei der chronischen Diarrhö besteht in der Differenzierung, ob eine organische oder eine funktionelle Problematik vorliegt. Hinweise auf organische Gründe sind nächtliche Durchfälle, kontinuierliche (statt intermittierende) Krankheitsanzeichen, ein plötzlicher Beginn, Veränderungen bestimmter Blutwerte, starke Gewichtsverluste sowie eine Dauer von mehr als drei Monaten. In einigen Fällen ist eine unspezifische antidiarrhöische Behandlung erforderlich und zwar, wenn die Beschwerden so stark ausgeprägt sind, dass eine Linderung dringend notwendig ist (z. B., wenn eine langwierige Diagnostik absehbar ist), wenn die spezifische Therapie für ein zufriedenstellendes Ergebnis nicht ausreicht oder wenn keine spezifische Behandlung der Ursache existiert.
Ursache: Arzneimittel Häufig führen unter anderem folgende Medikamente zu Durchfällen:
- Antibiotika
- Zytostatika
- Magnesiumpräparate
- Orlistat
- Digitalis
- Theophyllin
- Laxanzien
Austrocknung vermeiden Ein Beispiel für eine viral bedingte Diarrhö ist der durch die hochgradig ansteckenden Rotaviren ausgelöste Durchfall. Man unterscheidet sieben Serogruppen (A bis G), von denen die Gruppe A am stärksten verbreitet ist. Diese werden wiederum anhand von zwei verschiedenen Oberflächenproteinen (VP4 und VP7) in Untertypen unterteilt. Säuglinge und Kinder im Alter von sechs Monaten bis zu zwei Jahren trifft es in den westlichen Industrieländern am häufigsten. Die Beschwerden treten über einen Zeitraum von drei bis acht Tagen auf. Die Infektion kann mild verlaufen, doch auch schwerwiegende Symptome wie hohe Flüssigkeitsverluste, Fieber, Erbrechen sowie starke Bauchschmerzen sind möglich. 50 Prozent der Betroffenen zeigen zusätzlich respiratorische Beschwerden wie Schnupfen oder Halsschmerzen. Bei schweren Infektionen droht, insbesondere bei Säuglingen, ein Flüssigkeitsverlust mit Dehydrierung, was unbehandelt zum Tode führt. Ein Anzeichen für eine drohende Austrocknung ist eine leicht eingesunkene Fontanelle.
Weitere Ursachen Menschen mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie Zöliakie, Glutenoder Laktose-Intoleranz neigen ebenfalls zu wässrigen Durchfällen, die oft in Verbindung mit Oberbauchschmerzen auftreten. Die Symptome machen sich kurz nach dem Verzehr entsprechender Lebensmittel bemerkbar. Eine spezielle Form des Durchfalls ist der sogenannte Fettstuhl (Steatorrhö). Dieser entsteht, wenn im Dünndarm nicht ausreichend Gallensäuren abgegeben werden. Letztere sind dafür verantwortlich, dass komplexe Fette gespalten werden, damit diese von der Darmschleimhaut aufgenommen werden können. Die Konsistenz der Fäzes bei Steatorrhö ist breiig, sodass der Stuhl schlecht spülbar ist.
Reizdarm Stress und Konflikte können manchen Menschen buchstäblich auf den Darm schlagen. Die Lebensqualität ist in solchen Fällen enorm beeinträchtigt, weil die Verdauung den Alltag der Betroffenen bestimmt. Das Reizdarm-Syndrom (RDS, Reizkolon, spastisches Kolon oder lat.: Colon irritabile) ist eine Funktionsstörung des Darms, die mit krampfartigen Bauchschmerzen, Druck im Unterbauch, Durchfall, Völlegefühle oder Blähungen einhergeht. Es wird als Kombination von chronischen oder gelegentlich auftretenden Symptomen im Darmtrakt über einen Zeitraum von mindestens zwölf Wochen Dauer beschrieben.
Meist treten die Beschwerden plötzlich und unerwartet auf, nach der Defäkation nehmen sie in der Regel wieder ab. Die Stuhlfrequenz und Stuhlkonsistenz der Patienten ist verändert, bei einigen Betroffenen verbleibt ein permanentes Gefühl der unvollständigen Stuhlentleerung. Eine ursächliche Therapie des RDS steht nicht zur Verfügung, daher ist eine Heilung ausgeschlossen. Die Behandlung basiert auf drei Säulen: Dazu zählen allgemeine Maßnahmen, wie zum Beispiel die Ernährungsberatung, psychotherapeutische Methoden sowie die medikamentöse Begleitung.
Beratung bei Durchfall An folgenden Anhaltspunkten sollten Sie sich im Kundengespräch stets orientieren, wenn Betroffene von Diarrhö berichten:
- Wann genau haben die Symptome begonnen?
- Um welche Stuhlmenge handelt es sich?
- Wie ist die Stuhlbeschaffenheit?
- Wie hoch ist die Stuhlfrequenz?
- Welche Begleitsymptome (wie Erbrechen und Bauchschmerzen) treten auf?
- Befindet sich Blut oder Eiter im Stuhl?
- Zu welchen Zeitpunkten findet die Defäkation statt?
Elektrolyte zuführen Weisen Sie Ihre Kunden zunächst darauf hin, viel zu trinken, um die Flüssigkeitsverluste auszugleichen, denn beim Durchfall kommt es zu einer massiven Ausscheidung von Wasser und Elektrolyten. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Diarrhö chronisch oder akut ist – Trinken ist bei Durchfall immer das A und O, um eine Austrocknung zu vermeiden. Empfehlen Sie Ihren Kunden fertige Elektrolytmischungen: Diese werden mit einer vorgegebenen Menge an Wasser zubereitet und enthalten eine ausgewogene Elektrolytkonzentration. Die Resorption der auf diese Weise zugeführten Elektrolyte aus dem Darm wird durch die Anwesenheit von Glukose unterstützt. Zur Steigerung der Compliance enthalten die Lösungen verschiedene Geschmacksrichtungen. Wer keine fertige Mischung zur Hand hat, kann sich selbst eine ähnliche Lösung herstellen: Dazu benötigt man einen Teelöffel Salz, acht Teelöffel Zucker und eine Tasse Orangensaft, die man auf einen halben Liter Mineralwasser gibt. Ist ein Flüssigkeitsausgleich durch Trinken nicht mehr möglich, erhalten Patienten Infusionen.
Verschiedene Therapiemöglichkeiten Weil Durchfall die unterschiedlichsten Ursachen haben kann, gibt es keine einheitliche Leitlinie zur Behandlung. Die Beschwerden werden meist symptomatisch bekämpft, eine Untersuchung des Erregerspektrums findet in der Regel erst einmal nicht statt. Wenn es sich bekanntermaßen um eine bakteriell ausgelöste Erkrankung handelt, verschreibt der Arzt ein Antibiotikum. Ein sehr gängiger Wirkstoff gegen Durchfall ist Loperamid. Der Opioidantagonist beeinträchtigt die Darmbewegungen und normalisiert somit die gesteigerte Motilität. Die Resorption von Wasser und Elektrolyten wird durch die Verlängerung der intestinalen Transitzeit gesteigert und vermindert die Flüssigkeits- und Elektrolytverluste.
Loperamid eignet sich für Erwachsene und Jugendliche ab zwölf Jahren und darf in der Selbstmedikation nicht länger als zwei Tage zum Einsatz kommen. Außerdem ist der Wirkstoff bei Darminfektionen mit Fieber und blutigem Durchfall kontraindiziert. Ein weiterer Wirkstoff gegen akuten Durchfall ist Racecadotril: Dieser hemmt die Darmmotilität nicht, sondern normalisiert den übermäßigen Wasser- und Elektrolyteinstrom in den Darm – die natürliche Eigenbewegung bleibt also erhalten. Der Vorteil von Racecadotril besteht darin, dass die Durchfallerreger während der Behandlung ausgeschieden werden können. Das Medikament ist zur Behandlung einer akuten Diarrhö bei Erwachsenen über 18 Jahren zugelassen, wenn keine ursächliche Therapie möglich ist.
Extrakte aus der Uzarawurzel eignen sich zur Linderung akuter Durchfallerkrankungen und dürfen bereits bei Kindern ab dem zweiten Lebensjahr verwendet werden. Das pflanzliche Arzneimittel beruhigt die erhöhte Darmaktivität schonend, sodass sich die Abstände zwischen den Stuhlgängen reduzieren und die Wasser- und Mineralverluste des Körpers verringern. Eine weitere Alternative besteht in der Verwendung von Arznei- Hefe S. boulardii. Sie bindet pathogene Keime und unterstützt deren Abtransport aus dem Darm. Zusätzlich wird die Regeneration der Darmflora gefördert, die Darmmotilität ist nicht beeinträchtigt. Medikamente mit Arznei-Hefe können auch zur Vorbeugung von Durchfall angewendet werden und sind in der Regel gut verträglich.
Sie eignen sich bereits für Kinder ab zwei Jahren in der Selbstmedikation. Adsorbentien wie medizinische Kohle oder Pektin sind zwar Klassiker bei der Durchfallbehandlung, allerdings kritisieren Experten die fehlende Toxinbindung. Außerdem saugen die Präparate überschüssiges Wasser auf und verschleiern dadurch den Flüssigkeitsverlust. Darüber hinaus besteht bei gleichzeitiger Einnahme weiterer Arzneimittel die Gefahr, dass auch diese Substanzen gebunden werden und nicht mehr wirksam sind.
Hilfe für die Kleinsten Gefriergetrocknete, inaktivierte Lactobazillen dürfen, im Gegensatz zu Hefepräparaten oder Motilitätshemmern, ohne Altersbegrenzung eingesetzt werden. Sie wirken auf natürliche Art und Weise, indem sie einen schützenden Biofilm an den Darmzellen ausbilden und dadurch das Eindringen pathogener Keime verhindern. Zusätzlich liegen im Kulturmedium bakteriostatische Substanzen vor, die während des Fermentierungsprozesses von den Laktobazillen produziert wurden. Das darmeigene Immunsystem wird aktiviert und die gestörte Flora regeneriert.
Tipps für Ihre Kunden Betroffene mit Durchfall sollten idealerweise viel trinken, am besten Wasser oder ungesüßten Kräutertee. Kamillentee lindert bei Durchfall mit Blähungen die Schmerzen und löst unangenehme Krämpfe. Außerdem verfügt Kamillentee über einen entzündungshemmenden Effekt und ist daher bei infektiöser Diarrhö gut geeignet. Tees mit Gerbstoffen (Brombeerblätter, Gänsefingerkraut, Heidelbeere) bewirken, dass sich die Schleimhäute im Darm zusammenziehen. Insgesamt sind diese dann so verdichtet, dass die Erreger nicht mehr in den Darm gelangen und gleichzeitig weniger Flüssigkeit verloren geht. Häufig stellen Kunden in der Apotheke die Frage, was sie bei Durchfall essen dürfen: Besonders schonend sind Kartoffeln, Reis, pürierte Bananen, geriebene Äpfel, Zwieback oder Haferflocken. Um den Beschwerden vorzubeugen, ist es ratsam, auf Reisen in tropische Länder strenge Hygieneregeln bei der Zubereitung von Nahrung einzuhalten: „Cook it, boil it, peel it or forget it!“
Exkurs Darmflora Im menschlichen Darm tummeln sich unzählige Keime, die bedeutsame Funktionen erfüllen. Zu den Aufgaben der Darmbakterien zählen:
- die Aktivierung der Darmperistaltik
- die Immunmodulation (trophische Funktion)
- die Förderung der Verdauung durch die Bereitstellung von Enzymen (metabolische Funktion)
- die Vitaminversorgung
- die Herstellung kurzkettiger Fettsäuren
- die Neutralisation von Toxinen
- die Verdrängung pathogener Bakterien, Viren und Pilze (protektive Funktion)
- der Erhalt der Darmschleimhaut
Je nachdem, wie häufig sich bestimmte Bakterientypen im Darm befinden, lässt sich die Flora in drei Gruppen, sogenannte Entero-Typen, einteilen: den Bacteroides-Darmtyp 1, den Prevotella-Darmtyp 2 und den am häufigsten vorliegenden Ruminococcus-Darmtyp 3. Ist die Darmflora im Ungleichgewicht, können probiotische Mikroorganismen helfen. Entsprechende Zubereitungen enthalten lebensfähige Mikroorganismen wie Coli-, Milchsäure- und Bifidobakterien oder bestimmte Hefepilze zur oralen Aufnahme. Präbiotika hingegen sind pflanzliche Ballaststoffe wie Inulin oder Oligofruktose, welche die gesundheitsförderlichen Keime im Wachstum und in ihrer Funktion unterstützen. Beide Varianten entfalten im Darm nützliche Wirkungen, indem sie die Verdauung verbessern, das Immunsystem stimulieren oder gegen Diarrhö und Verstopfung wirken.
WANN SOLLTEN SIE IHREN KUNDEN MIT DURCHFALL ZU EINEM ARZTBESUCH RATEN?
+ bei Durchfall, der länger als zwei Tage anhält
+ bei blutigem oder verschleimten Stuhl
+ bei chronischer Diarrhö
+ bei gleichzeitigem Fieber, das länger als einen Tag andauert
+ bei gleichzeitigen Kreislaufbeschwerden und Bewusstseinsstörungen
Luft im Bauch Dass der menschliche Organismus hin und wieder Luft über den Darm abgibt, ist zwar normal, je nach Situation jedoch sehr unangenehm oder sogar peinlich. Handelt es sich um eine verstärkte Entwicklung von Gasen wie Methan, Kohlendioxid, Schwefelwasserstoff oder Wasserstoff im Magen-Darm-Trakt, liegen Flatulenzen (Blähungen, Meteorismus) vor. Bei dem rektalen Austritt der Gase kann es zu Darmgeräuschen und unangenehmen Gerüchen kommen. Wer regelmäßig unter Blähungen leidet, ist daher nicht nur körperlich, sondern auch psychisch beeinträchtigt. Die meisten Betroffenen schämen sich auch für das begleitende Gluckern im Bauch. Blähungen kommen oft in Kombination mit Durchfall vor.
Den ungewollten Abgang von Stuhl im Zusammenhang mit Flatulenzen bezeichnet man umgangssprachlich als „falschen Freund“, ein häufiges Symptom von Kolonkarzinomen. Durch einen hohen Gasüberschuss können starke, krampfhafte Schmerzen entstehen. Ursache von Blähungen sind beispielsweise Verdauungsstörungen oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Auch die Zusammensetzung der aufgenommenen Kost kann eine Rolle spielen: Hülsenfrüchte, Kohlgemüse oder Vollkornprodukte sind Lebensmittel, die einen hohen Anteil an Ballaststoffen enthalten. Sie werden im Dünndarm nicht verdaut, sondern im Dickdarm von Bakterien der Darmflora zersetzt. Als Abbauprodukte entstehen Darmgase.
Selbstmedikation Zu den karminativ wirkenden Heilpflanzen gehören Kümmel, Pfefferminz, Anis oder Fenchel. Sie lösen schmerzhafte Krämpfe und fördern den unauffälligen Abgang der Darmgase. Kamillen- und Pfefferminztees wirken zusätzlich schmerzlindernd. Auch die Entschäumer Dimeticon und Simeticon tragen zur Linderung von Blähungen bei. Die Wirkstoffe setzen die Oberflächenspannung von Schäumen herab und lösen auf diese Weise die Gasansammlungen im Darm. Aufgrund der ausbleibenden Resorption sind sie sehr gut verträglich und daher für Schwangere, Stillende und Säuglinge (in Tropfenform) geeignet. Es gibt verschiedene Darreichungsformen, darunter Tropfen, Kapseln oder Kautabletten.
Manchmal liegt die Ursache der Verdauungsstörung in einem Mangel an Pankreasenzymen: In solchen Fällen ist die Einnahme der Kombination aus Enzymen und entschäumenden Substanzen sinnvoll. Empfehlen Sie Betroffenen mit starken Krämpfen zusätzlich den Wirkstoff Butylscopolamin, allerdings sollten Kunden mit starken Spasmen einen Arzt konsultieren.
Hilfreiche HinweisePersonen, die zu Flatulenz neigen, sollten auf blähungsfördernde Gerichte (wie z. B. Kohl oder Bohnen) verzichten. Generell sollte man langsam essen und die Nahrung gut kauen. Lindernd ist auch die Verwendung verdauungsfördernder Gewürze wie Koriander, Kümmel, Rosmarin oder Thymian bei der Zubereitung von Speisen sowie regelmäßige Bewegung. Auch eine Wärmflasche auf dem Bauch tut bei Blähungen meist gut. Koliken sind für Säuglinge sehr schmerzhaft und können Eltern den letzten Nerv rauben. Sanfte Bauchmassagen lösen dann festsitzende Gase.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 01/17 ab Seite 58.
Martina Görz, PTA und Fachjournalistin
„Alarm im Darm”