Ein Virus mit Oberflächenproteinen und RNA ist abgebildet.
Treten in der Erbsubstanz eines Virus Mutationen auf, können sich seine Oberflächenproteine verändern - dadurch werden sie von Immunsystem, Impfstoffen und Tests nicht mehr erkannt. © vchal / iStock / Getty Images Plus

Corona | Impfstoffforschung

SARS-COV-2 MUTIERT: HUNDERTE VARIATIONEN ENTDECKT

Viren können sich, wie Lebewesen auch, durch Mutation an ihre Umweltbedingungen anpassen. Auch für das Coronavirus sind Veränderungen im Erbgut bekannt.

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Viren verändern ihr Genom mit der Zeit. Wir kennen das vom Influenza-Virus, für das jedes Jahr ein neuer Wirkstoff entwickelt werden muss. Beim Kopieren der Erbsubstanz geschehen Fehler. Diese Mutationen sind zufällig und wirken sich meist nicht auf die Funktion des Virus aus. In seltenen Fällen bringen die Abweichungen dem Erreger jedoch einen Vorteil, dieser kann sich bevorzugt vermehren und die Mutation setzt sich durch. Britische Forscher haben über 5300 SARS-CoV-2-Proben aus 62 Ländern untersucht und sind dabei auf Hunderte solcher Variationen gestoßen. Im Vergleich zu anderen Viren mutiert das Coronavirus nur langsam, durch die pandemische Verbreitung häufen sich die Mutationen dennoch.

Zwei Stellen im Genom des Virus sind besonders häufig von Mutationen betroffen, darunter der Abschnitt, auf dem das Schlüsselprotein codiert ist. Durch die Veränderung hat das Virus möglicherweise einen leichteren Zugang zur Wirtszelle und wäre damit ansteckender. Forscher in New Mexico haben Ähnliches entdeckt: Viren mit einer bestimmten Mutation tummelten sich besonders zahlreich in Rachenabstrichen. Die Krankheitsverläufe der Infizierten waren allerdings nicht schwerer als gewöhnlich. Dies legt nahe, dass die Mutation das Coronavirus zwar ansteckender, aber nicht gefährlicher macht. Eine wissenschaftliche Gruppe in Arizona kam sogar zu dem Schluss, dass das Virus tendenziell ungefährlicher würde. Generell ist es für Viren von Vorteil, wenn ihr Wirt überlebt - so können sie sich in seinen Zellen weiter vermehren.

Die Veränderung der Oberflächenstrukturen des Virus könnten die Suche nach einem Impfstoff erschweren. Werden Schlüsselproteine nicht mehr von Antikörpern erkannt, wäre eine Impfung nicht mehr zuverlässig - wie bei der Grippe. Außerdem wären bereits Genesene nicht immun gegen eine erneute Ansteckung. Auch der Nachweis von SARS-CoV-2 mit Tests könnte durch Mutationen behindert werden; wenn nämlich die vom Test erkannten Strukturen sich veränderten. Da viele Länder ihre Grenzen geschlossen haben und Viren derzeit vor allem innerhalb einer Nation grassieren, könnten auch landestypische Mutationen entstehen. Ein Impfstoff oder Test könnte dann einem Land nutzen, einem anderen jedoch nicht.

Etwas Gutes haben die vererbten Veränderungen jedoch: Wie bei einem Stammbaum kann man an ihnen Ansteckungswege nachvollziehen. Außerdem wurden die vorläufigen Studienergebnisse noch nicht von unabhängigen, weiteren Wissenschaftlern verifiziert. Und von den drei Millionen weltweit diagnostizierten Infektionen machen die entschlüsselten Erreger nur einen winzigen Anteil aus.

Gesa Van Hecke,
PTA und Redaktionsvolontärin

Quelle: Spiegel

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