Seltene Erkrankungen von A bis Z
ADDISON-KRANKHEIT
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Morbus Addison ist eine seltene Erkrankung und gehört damit zu den etwa 6000 Krankheiten, an denen weniger als einer von 2000 Menschen leiden – so die in Europa gültige Definition für Seltenheit. Da kein Arzt alle seltenen Erkrankungen kennen kann und die Symptome zudem oft unspezifisch sind und auch bei häufigeren Krankheiten vorkommen, machen die meisten Patienten eine lange Odyssee durch, bis ihr Leiden schließlich diagnostiziert wird. Eine Therapie gibt es nur für wenige seltene Erkrankungen.
Funktionsverlust der NebennierenrindeFür eine seltene Erkrankung ist Morbus Addison durch einen berühmten Betroffenen – John F. Kennedy – vergleichsweise bekannt. Bei der Addison-Erkrankung kommt es zur Zerstörung der Zellen in der Nebennierenrinde. In diesen Drüsen, die den Nieren aufsitzen, werden normalerweise verschiedene Hormone hergestellt: Glukokortikoide, Mineralkortikoide und Androgene. Deren wichtigste Vertreter sind Kortisol, Aldosteron und DHEA .
Ist die Nebennierenrinde zu mindestens 9/10 zerstört, bricht die Addison-Erkrankung aus. Ursache für die Zerstörung ist bei drei von vier Patienten eine Autoimmunreaktion. Bei einem Teil der Patienten sind zudem weitere endokrine Drüsen betroffen: So können zum Beispiel eine Schilddrüsenunterfunktion sowie ein Typ-1-Diabetes zusammen mit der Addison-Erkrankung auftreten. Zu einem Funktionsverlust der Nebennierenrinde können außerdem unter anderem hämorrhagische Nekrosen bei einer Sepsis, AIDS-assoziierte Infektionen sowie Tumoren führen.
Die zu Lebzeiten des Entdeckers der Erkrankung, des englischen Arztes Thomas Addison (1793 bis 1860), häufigste Ursache – Tuberkulose – spielt heute in entwickelten Ländern in diesem Zusammenhang kaum noch eine Rolle.
Bei gesunden Menschen übernimmt Kortisol wichtige Funktionen bei der Energieversorgung des Körpers. Außerdem hat es eine immunmodulierende Wirkung und wird bei Stress vermehrt ausgeschüttet. Aldosteron wirkt vor allem auf die Niere und führt dazu, dass Natrium und damit Wasser im Körper zurückgehalten werden. Das Hormon ist also an der Regulation des Wasserhaushalts, des Blutvolumens und des Blutdrucks beteiligt.
In der Regel entwickelt sich eine Addison-Erkrankung schleichend: Betroffene fühlen sich ständig müde und schwach, leiden unter Übelkeit, Erbrechen und Gewichtsverlust. Mit einem niedrigen Blutdruck können Schwindel und Ohnmachten einhergehen. Sie haben häufig ein eingeschränktes Durstgefühl und Appetit auf Salziges. Charakteristisch ist die zunehmende Pigmentierung der Haut und der Schleimhäute, die der Krankheit den Namen Bronzehaut-Krankheit gegeben hat.
Wie bei den meisten seltenen Erkrankungen vergehen auch bei Morbus Addison oft mehrere Jahre, bevor die korrekte Diagnose gestellt wird. Ein Natriummangel sowie ein erniedrigter Kortisolspiegel im Blut weisen auf eine Addison-Erkrankung hin. Häufig kommt eine Erhöhung der Kaliumkonzentration hinzu.
Gesichert wird die Diagnose durch den sogenannten ACTH-Stimulationstest: ACTH (Adrenocorticotropes Hormon) wird normalerweise in der Hypophyse gebildet und regt die Ausschüttung von Kortisol aus der Nebennierenrinde an. Beim ACTH-Stimulationstest wird eine bestimmte Menge ACTH in eine Vene injiziert. Steigt daraufhin der Kortisolspiegel im Blut nicht an, so lässt dies auf einen Morbus Addison schließen.
Einnahme von Hormonen Heute lässt sich der Mangel durch Tabletten ausgleichen. Dabei versucht man die natürlichen täglichen Schwankungen des Kortisolspiegels – er ist morgens am höchsten – durch eine entsprechende Verteilung der Dosierungen über den Tag nachzuahmen. Wichtig ist, dass Betroffene bei außergewöhnlichen Belastungen zusätzlich Kortisol benötigen, da hier der Körper normalerweise den Kortisolspiegel stark erhöhen würde. Fludrocortison ersetzt zudem das natürliche Aldosteron. Da die Krankheit nicht heilbar ist, müssen Betroffene die Hormone lebenslang einnehmen.
»Potenziell lebensbedrohlich ist eine so genannte Addison-Krise.«
Potenziell lebensbedrohlich ist eine so genannte Addison-Krise: Kann der Körper während einer sich schleichend entwickelnden Addison-Erkrankung aufgrund einer plötzlich auftretenden Belastung (z. B. Infekt, körperliche Anstrengung) den Hormonmangel nicht mehr kompensieren, kommt es zu einer Addison-Krise. Dabei trocknet der Betroffene stark aus, es treten Erbrechen, Durchfall und Fieber auf, das Bewusstsein wird getrübt und der Blutdruck fällt ab.
Eine Addison-Krise muss umgehend intensivmedizinisch behandelt werden. Häufig führt das Auftreten einer Krise zur Diagnose einer bislang unerkannten Addison-Erkrankung. Aber auch bei Patienten unter Behandlung kann es bei außergewöhnlichen Belastungen zu Krisen kommen. Eine gute Einstellung der Therapie sowie eine Schulung der Patienten sind daher essenziell für ihre Prävention.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 04/13 ab Seite 92.
Dr. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin