#Frag Spahn | PTA
ABSCHAFFUNG DES SCHULGELDES IN SICHT!
Seite 1/1 3 Minuten
Es ist Freitag, 12.30 Uhr. Ich warte zusammen mit PTA Iris Priebe, die in einer Apotheke in Mönchengladbach arbeitet und Mitglied des Bundesverbandes PTA (BVpta) ist, in einer urigen Bar in Berlin Mitte, dem Hackendahl. Wir warten auf den Minister. Um uns wuselt ein Filmteam herum und bereitet die Location für den Videodreh vor. Die PTA ist ein bisschen aufgeregt, aber man merkt es ihr nicht an. Sie wird Jens Spahn gleich vor laufender Kamera drei Fragen zum PTA-Beruf stellen.
Wie sicher sind unsere Arbeitsplätze in der Apotheke vor Ort?
Das Abarbeiten bürokratischer Aufgaben, wie der Umgang mit Rabattverträgen, Dokumentationen, langwierige Kommunikationsprozesse mit Arztpraxen und Krankenkassen, frisst viel Zeit. Wie soll man da die Kunden noch individuell betreuen und pharmazeutische Kompetenz zeigen? Wohin entwickelt sich das Berufsbild? Und braucht man uns PTA überhaupt noch, wenn immer mehr über Versandapotheken läuft? Qualitätssicherung sei wichtig, antwortet Spahn. Und dazu gehöre nun mal eine umfangreiche Dokumentation. Und die Rabattverträge sparen den Krankenkassen immerhin vier Milliarden Euro pro Jahr. Darauf könne man nicht verzichten. Dass die Rabattverträge aber zugleich auf Kosten der Arzneimittelsicherheit gehen, zeigt Priebe am Beispiel von Kunden, die durch die Umstellung ihrer gewohnten Arzneimittel versehentlich das alte und das neue Medikament einnehmen – was gar nicht so selten vorkommt. Die häufigen Lieferengpässe, die ja oftmals erst durch die Rabattverträge verursacht werden, verstärken das Problem. Ob es mehr geworden sei mit den Lieferengpässen, will Spahn wissen. Von Priebe kommt ein klares Ja! Große Chancen sieht Spahn in der Digitalisierung, die viel vom zeitlichen Aufwand abnehmen soll. Priebe ist skeptisch. Klar ist für ihn, dass sich das Berufsbild der PTA in den letzten Jahren gewandelt hat und dass die Auf¬gaben immer vielschichtiger und anspruchsvoller werden. Und dass die Apotheken nicht ohne PTA auskommen, jetzt nicht und in Zukunft ebenso¬wenig. „Ohne PTA geht es nicht!“ sagt er wörtlich. Den Versandhandel sieht er als Ergänzung zur öffentlichen Apotheke, räumt ihm aber einen großen Stellenwert ein. Zu¬gleich möchte er die Apotheke vor Ort stärken, wie – das sagt er nicht.
Warum werden in Ihrem Reformentwurf zur PTA-Ausbildung nur Inhalte verschoben und die Ausbildung nicht inhaltlich und zeitlich auf heutige Anforderungen erweitert? Mit einer Verlängerung der Ausbildung auf drei Jahre könnten die Schüler auch das Fachabitur erlangen. Das würde die Attraktivität der Ausbildung steigern. Was die Ausbildungsinhalte und Schwerpunkte angeht, gibt Spahn zu, dass es sich um einen ersten Entwurf handelt, zu dem es viele Anregungen und Kritik gegeben habe. „Ich möchte dem Gesetz lieber vier bis sechs Wochen mehr Zeit geben und die Anregungen und Vorschläge vom Berufsverband PTA und den PTA-Schulen berücksichtigen. Erwarten Sie nach der Sommerpause ein anderes Bild des neuen, überarbeiteten Entwurfs.“ Priebe führt die große Verantwortung von PTA und die ständig wachsenden Inhalte an und stellt klar, dass man dem mit einer auf drei Jahre erweiterten Ausbildung eher gerecht werden kann. Überzeugen kann sie ihn damit nicht. Er sieht Be¬reiche, die man reduzieren kann und glaubt, dass eine kürzere Ausbildung generell attraktiver sei. Schließlich kann man dann eher Geld verdienen. Den Einwurf mit der Fachhochschulreife will er mitnehmen, aber er warnt davor, die zweieinhalbjährige Ausbildung schlecht zu reden.
Wann wird das Schulgeld abgeschafft und wie sollen sich die PTA-Schulen dann finanzieren? Spahn hält es für verrückt, dass das Pharmaziestudium kostenlos ist, während die PTA für ihre Ausbildung bezahlen muss. „Das gibt es nur im Gesundheitsbereich und muss abgeschafft werden.“ PTA-Schulen sind Ländersache. Zurzeit wird eine Arbeitsgruppe, die aus Bund und Ländern besteht, hochkarätig besetzt und noch in diesem Jahr ein Konzept erarbeiten, verspricht er. Frühestens übernächstes Jahr, also 2021, könne dann das Schulgeld für die PTA-Ausbildung entfallen. Bei den Pflege¬berufen seien sie schon ein Stück weiter. Hier wird bereits nächstes Jahr kein Schulgeld mehr fällig. Die Länder, aber auch die Krankenkassen zahlen in einen Fonds ein, mit dem die Schulen finanziert werden. „Ein ähnliches Konstrukt kann ich mir auch für PTA-Schulen vorstellen.“ Was mit all den PTA ist, die ihre Ausbildung bereits bezahlt haben, fragt Priebe nach. Eine Rückzahlung wird es leider nicht geben, wehrt der Minister ab. Das sei nicht finanzierbar. „Und wie ist es mit Weiterbildungen, wenn man schon im Beruf ist?“ „Na, das sollte eigentlich der Arbeitgeber zahlen. Kluge Arbeitgeber wissen, dass ihre PTA, wenn sie nicht gefördert wird und unzufrieden ist, morgen schon bei der Konkurrenz anfangen kann.“ Wie wahr, doch die Praxis sieht häufig anders aus, weiß die PTA.
Die drei Fragen sind beantwortet, der Minister entschwindet auf die gegenüberliegende Straßenseite ins Bundesgesundheitsministerium und wir machen uns weiter Sorgen um die Zu-kunft des PTA-Berufes und der Apotheke vor Ort, freuen uns aber, dass das Schulgeld tatsächlich abgeschafft werden soll und dass bei der Novellierung der PTA-Ausbildung das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.
Sabine Breuer,
Apothekerin, Chefredakteurin