Chronische Wunden
PTA-Fortbildung

Wenn Wunden nicht heilen: Chronische Wunden und Geschwüre

Es beginnt mit einem Steinchen im Schuh und endet mit einer Sepsis oder Amputation: Wenn Nerven oder Blutgefäße verletzte Stellen nicht ausreichend versorgen, können Geschwüre sich chronifizieren. Ein striktes Wundmanagement ist dann gefragt. Noch besser ist, es gar nicht so weit kommen zu lassen.

18 Minuten

Der Dekubitus – schmerzhaft und nekrotisch

Das Druckgeschwür, das umgangssprachlich auch als Wundliegen bezeichnet wird, findet sich vor allem bei immobilen Patienten und ist in Pflegeeinrichtungen gefürchtet. Es entsteht an Stellen, an denen die Knochen nah an der Hautoberfläche liegen und kaum von Fett oder Muskeln gepolstert werden.

Bei bettlägerigen Menschen sind in der Rückenlage besonders oft

  • Gesäß,
  • Steißbein und
  • Fersen betroffen,
  • aber auch der Hinterkopf
  • und die Schultern.

In der Seitenlage sind es

  • die Rollhügel der Oberschenkel
  • und die Knöchel.

Rollstuhlfahrer leiden unter Dekubitus besonders

  • am Gesäß

Vor allem sehr dünne, aber auch hochgewichtige Personen sind gefährdet. Bei Ersteren fehlt die schützende Fettschicht, bei Letzteren verursacht das Körpergewicht zusätzlichen Druck.

Gesunde, mobile Menschen bewegen sich ganz automatisch genug, sodass gefährdete Hautstellen wieder entlastet werden. Spätestens wenn Missempfindungen wie Kribbeln oder Taubheitsgefühle auftreten, wird die Position verändert. Kranke Menschen, die bettlägerig oder stark bewegungseingeschränkt sind oder unter dem Einfluss von Beruhigungsmitteln stehen, können diese Druckentlastung nicht mehr leisten oder spüren die Warnzeichen nicht. Bei völliger Bewegungslosigkeit reichen schon wenige Stunden aus, um die Gefäße so zu schädigen, dass ein Dekubitalgeschwür entsteht.

Der anhaltende Druck presst die Blutgefäße zusammen. Der Druck durch das Körpergewicht übersteigt den Druck in den Kapillaren. So wird das Gewebe nicht ausreichend durchblutet und die Sauerstoffversorgung des umliegenden Gewebes ist unzureichend. Wenn der Druck nicht nachlässt, führt dies zum Absterben des Gewebes.

Auch Druck durch Prothesen, Katheter oder venöse Zugänge sowie feuchte Haut durch Schwitzen oder unter Windeln können zum Dekubitus führen. Ältere Menschen haben zudem meist noch weitere Grunderkrankungen, die ein Druckgeschwür fördern können, beispielsweise Diabetes. Einen Risikofaktor stellt auch die verminderte Durchblutung durch Dehydrierung dar, die auftritt, wenn Senioren nicht genug trinken.

Geschwür bis auf den Knochen

Im Extremfall, wenn der Dekubitus nicht zeitnah behandelt wird, kann sich der Gewebedefekt in die Tiefe bis auf die Knochen ausweiten. Solche Druckgeschwüre sind sehr schmerzhaft und können sich leicht infizieren. Dann strömt ein unangenehmer, fauliger Geruch aus der offenen Wunde.

Abgestorbenes, nekrotisches Gewebe muss entfernt werden. Dies nennt man Débridement. Möglich sind

  • das operative Débridement,
  • ein Entfernen des abgestorbenen Gewebes mithilfe von Fliegenlarven, das biochirurgische Débridement,
  • oder durch Enzyme, das enzymatische Débridement.

Eine Infektion, die sich bis in die Knochen ausbreitet, kann zu einer Knochen- oder Knochenmarksentzündung führen. Wenn sich eine Sepsis entwickelt, ist der ganze Körper betroffen.

Vier Stadien des Dekubitus (ICD-Codierung)

Stadium 1 Die Haut ist gerötet, aber noch intakt. Die Haut verfärbt sich nicht mehr weiß, wenn man mit dem Finger darauf drückt. Die Stelle kann geschwollen, verhärtet und erwärmt sein. Bei Druckentlastung verschwindet die Hautrötung von allein wieder.
Stadium 2 Es hat sich eine Blase, Schürfstelle oder kleine offene Wunde gebildet. Epidermis und Lederhaut können betroffen sein.
Stadium 3 Es hat sich ein tiefes offenes Geschwür mit bereits nekrotischen Hautanteilen gebildet. Alle Hautschichten inkl. Subcutis sind betroffen.
Stadium 4 Auch tiefer liegende Gewebestrukturen wie Muskeln, Sehnen und Knochen sind betroffen und in der offenen Wunde sichtbar.

Druckstellen vorbeugen

Die Versorgung eines Druckgeschwürs ist extrem aufwendig. Daher muss es das Ziel sein, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen. In Krankenhäusern und Pflegeheimen werden Risikopatienten daher regelmäßig auf Anzeichen von Wundliegen untersucht. Können sich Patienten nicht selbstständig bewegen, müssen sie ständig umgelagert werden. Unterstützend werden hier spezielle Wechseldruckmatratzen eingesetzt. Sie haben mehrere Luftkammern, die automatisch abwechselnd gefüllt werden. So verteilt sich der Druck auf die Hautpartien.

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