Chronische Wunden
PTA-Fortbildung

Wenn Wunden nicht heilen: Chronische Wunden und Geschwüre

Es beginnt mit einem Steinchen im Schuh und endet mit einer Sepsis oder Amputation: Wenn Nerven oder Blutgefäße verletzte Stellen nicht ausreichend versorgen, können Geschwüre sich chronifizieren. Ein striktes Wundmanagement ist dann gefragt. Noch besser ist, es gar nicht so weit kommen zu lassen.

18 Minuten

Reinigung einer chronischen Wunde

Für die notwendige regelmäßige Reinigung einer chronischen Wunde wird der Arzt oder das medizinische Personal sterile isotonische Kochsalzlösung oder Ringerlösung verwenden. Verbandmull eignet sich um Nekrosen, Biofilme, Wundbeläge oder Schmutzpartikel zu entfernen. Keinesfalls nimmt man hierzu Papiertücher oder Watte. Fasern würden in der Wunde hängen bleiben und die Wundheilung zusätzlich stören. Selbstverständlich sind bei der Behandlung derart infektionsgefährdeter Wunden Einmalhandschuhe zu tragen. Auch zum Selbstschutz der behandelnden Person.

Wunden desinfizieren: Antiseptika

Bei Infektionsgefahr oder verschmutzten Wunden ist anschließend eine Desinfektion mit einem Antiseptikum notwendig. Antiseptika dienen der Abtötung, Inaktivierung oder Wachstumshemmung von Mikroorganismen. Sie werden gebrauchsfertig angeboten.

Wirkstoffe sind zum Beispiel Octenidin oder Polihexanid. Sie zeichnen sich durch ein breites mikrobielles Wirkspektrum und eine gute Schleimhaut- und Hautverträglichkeit aus.

Die abtötende oder wachstumshemmende Wirkung von Antiseptika tritt im Allgemeinen schnell ein. In Kliniken wird meist Jod, und zwar in Form des braungefärbten, wasserlöslichen Povidon-Iod-Komplexes (PVP-Iod) verwendet. PVP-Iod reagiert mit allen oxidierbaren Aminosäuren und Enzymen und ist fungizid, bakterizid, sporizid und viruzid wirksam.

Es war einmal…
Obsolet in der Wunddesinfektion ist Wasserstoffperoxid (3 %). Es verursacht Schmerzen und wirkt zytotoxisch.

Wundauflagen – abdecken, aber nicht austrocknen

Chronische Wunden dürfen nicht verschlossen, müssen aber zuverlässig abgedeckt werden, auch um ein Austrocknen zu vermeiden. Man unterscheidet drei Arten der Wundauflagen:

  • inaktive, die lediglich Wundsekret aufnehmen,
  • interaktive, die den Heilungsprozess aktiv unterstützen,
  • und bioaktive, wie beispielsweise Hauttransplantate.

Inaktive, rein aufsaugende Wundauflagen werden kaum noch eingesetzt. Sie würden die Wunde unkontrolliert austrocknen. Standard bei chronischen Wunden sind die interaktiven Wundauflagen. Man verwendet hier hydroaktive Wundauflagen, mit denen eine ideal-feuchte Wundheilung möglich ist. Dadurch verläuft der Heilungsprozess schneller. Häufig hat eine chronische Wunde nur damit eine Chance, überhaupt abzuheilen.

Diese Wundauflagen stellen ein feuchtes Milieu sicher. Darin können sich die zur Heilung benötigten Zellen und Materialien frei bewegen. Zugleich können die Auflagen aber auch überschüssiges Wundsekret aufsaugen. So kommt es nicht zu einer Mazeration der Wunde. Da kein Schorf gebildet wird, kann die Wundauflage nicht mit der Wunde verkleben und der Verbandwechsel erfolgt schmerzfrei.

Eingesetzt werden

  • Alginate,
  • Hydrofasern,
  • Hydrogele,
  • Hydrokolloide,
  • Polyurethanschäume und
  • Wundgaze mit saugenden inaktiven Kompressen.

Alginate – für stark nässende Wunden

Sie werden aus Rot- oder Braunalgen hergestellt. Die gewonnenen Fasern werden meist zu Kompressen aus Calciumalginat verarbeitet. Diese Alginatkompressen sind sowohl für tiefe als auch für oberflächliche mittelstark bis stark nässende Wunden geeignet.

Das Calciumalginat wird beim Kontakt mit dem Wundsekret zu Natriumalginat. Während der Umwandlung bildet sich ein visköses Gel, das etwa das Zwanzigfache seines Eigengewichtes an Flüssigkeit aufnehmen kann. Dabei werden auch Bakterien und Zelltrümmer miteingeschlossen.

So trägt das Alginat zur Reinigung der Wunde bei. Selbst in tiefen, zerklüfteten Wunden passt sich das Gel der Wunde an. Das Ausmaß und die Geschwindigkeit der Gelbildung sind abhängig von der Sekretmenge und von der Faserstruktur.

Ungeeignet sind Alginate für trockene Wunden oder solche, bei denen Sehnen, Fasern und Knochen frei liegen.

Alginatkompressen haften nicht selbst, sondern müssen mit einem Sekundärverband fixiert werden. Sie können auch unter einem Kompressionsverband, wie er beim Ulcus cruris venosum nötig sein kann, angewendet werden. (Achtung: Beim Ulcus cruris arteriosum darf niemals ein Kompressionsverband oder ein Kompressionsstrumpf angelegt werden!) Problematisch ist jedoch, dass Alginate auf Druck die aufgenommene Flüssigkeit wieder abgeben.

Hydrofaserverbände – besonders hohe Absorptionskraft

Gelbildende Faserverbände aus Carboxymethylcellulose eignen sich für mäßig bis stark nässende Wunden und tiefe Wundtaschen sowie schmierig belegte Wunden. Sie können auch mit Silber versetzt sein. Elementares Silber oder Silberionen werden an die Wunde abgegeben und wirken bakterizid und fungizid.

Hydrofasern haben eine hohe Aufnahmefähigkeit sowie ein hohes Speichervermögen für Wundexsudat. Sie schließen Bakterien und Zelltrümmer ein und reinigen die Wunde damit. Die Gelbildung verhindert das Verkleben der Wunde und ermöglicht eine schmerzarme Entfernung der Wundauflage. Sie sind als Kompressen oder Tamponaden erhältlich.

Hydrogele – für trockene Wunden

Hydrogel-Verbände bestehen üblicherweise aus einem hydrophilen Polymer, beispielsweise Polyethylenglykol, und aus bis zu 80 Prozent Wasser. Durch den hohen Wassergehalt sind sie in der Lage, trockene Wunden mit wenig oder gar keinem Exsudat zu rehydrieren. Ihr kühlender Effekt beim Auftragen wirkt schmerzlindernd.

Auf belegtem Gewebe bewirken sie ein autolytisches Débridement. Dabei lösen körpereigene Enzyme die aufgequollenen nekrotischen Belege auf. Granulationsgewebe bildet sich dann leichter. Ein möglicher Nachteil ist das Risiko einer Mazeration des Wundrandes. Hydrogele sind als Gele, Kompressen oder imprägnierte Gaze erhältlich.

Hydrokolloide – für trockene und mäßig nässende Wunden

Sie enthalten hydrophile quellfähige Partikel aus Pektin, Cellulosederivaten oder Gelatine. Mit dem Wundsekret bilden sie ein visköses gelbes Gel, das nicht mit Eiter verwechselt werden darf. Hydrokolloide können sowohl Feuchtigkeit absorbieren als auch spenden und sind somit für alle Arten von oberflächlichen Wunden geeignet. Sie brauchen keine zusätzliche Fixierung und bleiben im Idealfall auf der Haut, bis sie sich selbst ablösen.

Schaumstoffkompressen – weich und polsternd

Wundauflagen aus Polyurethan-Schaumstoff (PU-Schaum) sind weich und sehr gut saugfähig. Sie ermöglichen einen freien Luft- und Wasserdampfaustausch. Durch ihre Porenstruktur verfügen sie über Kapillarkräfte, die das Wundexsudat schnell abtransportieren. Man verwendet sie bei mäßig bis stark nässenden Wunden.

Sie passen sich der Körperform an und bieten eine gute Polsterung der Wunde. Allerdings können sie mit der Wunde verkleben, wenn das Exsudat trocknet. Zudem kann ihre hohe Absorptionseigenschaft auch ein Nachteil sein. Denn sie können bei trockenen Wunden das Wundbett austrocknen.

Wundgaze – gitterartiges Gewebe

Als Wundgaze werden grobmaschige Netze aus Cellulose oder Kunstfasern bezeichnet. Damit die Wundgaze so wenig wie möglich auf der Wunde kleben bleibt, ist sie häufig mit wasserabweisenden Fettsalben, Öl-in-Wasser-Emulsionen oder Silikon beschichtet. Die Maschenweite erlaubt das ungehinderte Abfließen des Exsudates. Daher muss die Gaze immer mit einer Kompresse zur Aufnahme des Wundexsudats abgedeckt werden.

Wundmanagement

Bei chronischen Wunden reicht es nicht, sie einfach nur abzudecken. Die Versorgung muss viel mehr umfassen:

Nur so kann sich der Heilungsprozess verkürzen beziehungsweise die Wunde überhaupt heilen.

Dies ist ein interdisziplinärer Prozess, an dem verschiedene Personen im Gesundheitsbereich zusammenarbeiten. Ärzte und Krankenpfleger können sich zum Wundassistenten oder zum Wundtherapeuten weiterbilden, die auf chronische Wunden spezialisiert sind.

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