Sie hat überall die Finger drin
17 Minuten
- 1Anatomie
- 2Hormonelle Steuerung
- 3Hypothyreose
- 4Kinderwunsch und Schwangerschaft
- 5Schilddrüsenhormone
- 6E-Learning Fragen
01. März 2020
Synthese und Biotransformation Die Schilddrüsenhormone leiten sich von der Aminosäure Tyrosin ab. Der zweite wichtige Bestandteil ist Jod, das sich in der Schilddrüse anreichert. Unter Einwirkung der Thyreo-Peroxidase (TPO) findet im ersten Reaktionsschritt die Jodisation statt, bei der Jodid zu Jod oxidiert wird. Im zweiten Schritt erfolgt die Jodierung, der Einbau der Jod-Atome in die Tyrosinreste des Thyreoglobulins. So entsteht das mit drei Jod-Atomen gekoppelte Trijodthyronin (T3) und das vier Jod-Atome enthaltende Tetrajodthyronin (T4, Thyroxin). T3 als aktive Form hat eine biologische Halbwertszeit (HWZ) von circa einem Tag, während die HWZ von T4, der passiven Form, zwischen sechs und acht Tagen beträgt. Beide sind im Kolloid der Follikel an Thyreoglobulin gebunden und gespeichert. Zum Transport im Blutserum sind mehr als 99 Prozent T3 und T4 an ihr spezifisches Transportprotein, das Thyroxin-bindende Globulin (TBG) gebunden. Freies T3 (fT3) liegt zu 0,3 Prozent und freies T4 (fT4) zu 0,03 Prozent ungebunden vor. Die Biotransformation erfolgt bei über 80 Prozent durch schrittweise Dejodierung mittels drei verschiedener Dejodasen, die im gesamten Organismus unterschiedlich verteilt sind. Die daraus entstandenen Metabolite sind renal eliminierbar, während der verbleibende Rest durch biliäre Elimination ausgeschieden wird.
Hormonelle Steuerung Unter Euthyreose, also physiologischen Bedingungen, bleibt die Hormonkonzentration der Schilddrüsenhormone im Blut relativ konstant. Am Tag produziert eine gesunde Schilddrüse zwischen 80 und 100 μg (Mikrogramm) T4 und zwischen 10 und 50 μg T3, wobei T3 die eigentliche Wirkform ist und ständig aus T4 nachgebildet wird. Werden diese Werte unterschritten, werden Biosynthese sowie Sekretion, also Freisetzung, angeregt. Der Schilddrüsenregelkreis unterliegt der hypothalamisch-hypophysären Steuerung. Im Hypothalamus, einem Teil des Zwischenhirns, wird TRH (Thyreotropin-Releasing-Hormon, Thyreoliberin) freigesetzt, gelangt von dort zur Hypophyse (Hirnanhangdrüse) und stimuliert hier die Bildung und Freisetzung von Thyreotropin, das auch als Thyreoidea-stimulierendes Hormon oder kurz TSH bezeichnet wird. TSH stimuliert in der Schilddrüse (periphere Drüse) den Transport von Jodid-Ionen in die Epithelzellen sowie deren Oxidation zu Jod, woraufhin die Freisetzung der „effektorischen“ Hormone T3 und T4 erhöht wird. Diese koppeln an ihre Rezeptoren, die im gesamten Organismus verteilt sind und lösen dort die physiologischen Wirkungen aus. Zeitgleich erfolgt jedoch auch eine Rückmeldung an die oberen Zentren dieser Hormonkaskade. Der Konzentrationsanstieg der effektorischen Hormone im Blut führt zu einer verminderten Freisetzung von TRH und infolge dessen auch TSH. Dieser negative Feedback-Mechanismus ist ein Feintuning und dient der aktuellen Bedarfsanpassung.
Physiologische Schilddrüsen-Werte
Hormon Referenzbereich
TSH 0,4 bis 4,0 mU/ = 0,4 bis 4,0 μU/ml
fT4 0,8 bis 1,8 ng/dl = 8 bis 28 ng/l = 10 bis 23 pmol/l
fT3 2,3 bis 4,5 ng/dl = 23 bis 45 ng/l = 3,5 bis 7,0 pmol/l
U = Unit = Maßzahl für die Aktivität
m = milli = Tausendstel = 10-3
n = nano = Milliardstel = 10-9
p = pico = Billionstel = 10-12
Diagnostik Eine gründliche Untersuchung der Schilddrüse beginnt mit einem ausführlichen Patientengespräch und dem Abtasten der Halsregion, um mögliche Vergrößerungen der Schilddrüse schon von außen zu ertasten. Meist schließen sich unterstützende Diagnoseverfahren an, jedoch müssen immer alle Werte im Zusammenhang beurteilt und die gesamte Befundkonstellation berücksichtigt werden. So ist neben unterschiedlichen Blutuntersuchungen die Bestimmung der Jod-Konzentration im Urin möglich. Im Blut wird der Basalwert von TSH bestimmt, der als sehr empfindlicher Marker frühzeitig auf eine Fehlfunktion hinweist. Schnelle Hinweise, ob es sich um eine Über- (Hyperthyreose) oder Unterfunktion (Hypothyreose) handelt, geben die Konzentrationen von freiem T3 (fT3) und freiem T4 (fT4). Die Bestimmung von Antikörper-Spiegeln beim Verdacht auf eine ursächliche Autoimmunerkrankung rundet das Bild ab. So erbringt der Nachweis beziehungsweise eine Erhöhung von TPO, Thyreo-Peroxidase-Antikörper, einen Hinweis für eine Hashimoto-Thyreoiditis, während es sich beim erhöhten Auftreten von TAK, dem Thyreoglobulin-Antikörper, eventuell um Morbus Basedow handeln kann.
Ultraschall-Untersuchung Sie gehört zu den bildgebenden Methoden, die strahlenfrei, ohne Nebenwirkungen und bei Bedarf beliebig oft wiederholbar sind. Mittels der Schilddrüsen-Sonografie können Größe, Lage, Form und Gewebebeschaffenheit der Schilddrüse bestimmt werden, es sind sogar Schilddrüsenknoten bereits ab einer Größe von wenigen Millimetern erkennbar. So kann das Volumen jedes Schilddrüsenlappens in Millilitern (ml) bestimmt sowie auch die Größe von Knoten, Zysten und anderen krankhaften Veränderungen exakt ausgemessen werden.