Beine in die Luft strecken. © Andrea e Bruno / iStock / Getty Images Plus
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Venöses System
PTA-Fortbildung

Schöne und gesunde Beine

Bläulich hervortretende Venen und Besenreiser sind nicht nur ein kosmetisches Problem. Hinter den optischen Symptomen kann sich eine chronisch venöse Erkrankung verbergen. Frühe Diagnose ist wichtig!

17 Minuten

Immer wieder fragen Kunden in der Apotheke nach einer guten Creme für ihre Beine. Nicht nur in den Sommermonaten leiden viele Menschen unter Kribbeln, Schweregefühl und Schwellungen der Beine. Besenreiser, Krampfadern, Thrombose, Thrombophlebitis, Ulcus cruris, Lipödem und postthrombotisches Syndrom sind Krankheitsbilder, die die Venen betreffen. Weil es so viele unterschiedliche Beschwerdebilder mit verschiedenen Schweregraden gibt, ist es wichtig, genauer über das venöse System, Aufbau und Funktion Bescheid zu wissen. Dann können PTA und Apotheker Kunden umfassend und kompetent beraten.

Der menschliche Körper braucht Sauerstoff und Nährstoffe, damit alle Organe ihre Funktionen erfüllen können. Außerdem müssen Abfallprodukte und Kohlendioxid wieder aus dem Körper entfernt werden. Dazu hat der Mensch das Herz-Kreislauf-System. Gemeinsam bilden Arterien, Venen, Kapillaren, Herz und das Blut dieses System. Durch den menschlichen Körper zirkulieren kontinuierlich etwa vier bis sechs Liter Blut, die als Transportmedium fungieren. Hochgerechnet sind es rund 10 000 Liter, die das System täglich durch die Blutgefäße transportiert. Dabei greifen venöses und arterielles System perfekt ineinander: Vom Herzen aus wird das Blut durch rhythmische Kontraktionen des Muskels durch die Arterien hin zu den Organen transportiert.

Die Arterien gehen in die kleinen Kapillaren über und sorgen am Übergang der Gefäße zum Gewebe für die Versorgung der Zellen mit sauerstoffhaltigem Blut und Nährstoffen. Die Kapillaren vereinen sich dann wieder zu den Venen, die für den Rücktransport von Kohlendioxid und Stoffwechselendprodukten in die rechte Herzkammer verantwortlich sind. So funktioniert der wichtige Blutkreislauf als Versorgung und Entsorgung. Zusätzlich ist das Venensystem Speicher der Blutreserven. Etwa 85 Prozent des gesamten Blutvolumens befindet sich im Venen- und Kapillarsystem. Diese großen Blutmengen zu speichern, ist nur möglich, weil die Venen sehr elastisch sind. Über das Blut wird die Körpertemperatur reguliert. So ist das System auch Wärmespeicher des Menschen.

LERNZIELE

Lernen Sie in dieser von der Bundesapothekerkammer akkreditierten Fortbildung,
+ wie das venöse System aufgebaut ist und wie es funktioniert,
+ welche Beschwerdebilder es gibt und wie sie sich unterscheiden,
+ welche Fragen Sie dem Kunden im Beratungsgespräch stellen sollten,
+ wie chronische Venenerkrankungen klassifiziert werden können,
+ welche Therapieoptionen es bei Stauungsbeschwerden gibt,
+ was Sie bei der Anpassung von Kompressionsstrümpfe beachten müssen.

Venenverzweigung Ein großer Teil der Venen verläuft parallel zum arteriellen System, so zum Beispiel im Bein die Arteria femoralis neben der Vena femoralis. An den Extremitäten und im Unterhautgewebe gibt es jedoch noch weitere zusätzliche Venen, sodass das venöse System um einiges größer und dichter ist als das arterielle System. Die oberflächlichen Venen liegen netzartig außerhalb der Muskulatur und münden in das tiefe Venensystem, das sich zu den zwei großen Stammvenen, der Vena saphena magna (große Rosenader) und der Vena saphena parva (kleine Rosenader) vereinigen. Venen und Arterien bestehen aus einer dreischichtigen Gefäßwand mit Tunica interna, media und externa.

Im Gegensatz zu den großen Venen besitzen die kleinen Venolen allerdings keine vollständig ausgebildete glatte Muskulatur. Sie ähneln eher den Kapillaren, die in sie münden, und sind sehr durchlässig. Venen sind dehnbarer und elastischer als Arterien, deshalb ist das Verhältnis der Dicke der Gefäßwand zum Gefäßdurchmesser bei ihnen geringer. Der Blutdruck ist in den Venen deutlich niedriger als in den arteriellen Gefäßen. Damit das Blut aus den Extremitäten auch zurücktransportiert werden kann, besitzen Venen sogenannte Venenklappen, die Arterien nicht haben. Diese Klappen funktionieren ähnlich wie Rückschlagventile, damit der Rücktransport des Blutes aus den Füßen gelingt und das Blut nicht einfach in den Beinen versackt.

Jedes Bein hat bis zu 20 Venenklappen. Sie unterbrechen die Blutsäule in der Vene und reduzieren den Druck auf die Gefäßwand. Wer defekte Venenklappen hat, entwickelt ein steigendes Risiko für eine Veneninsuffizienz. Unterstützt wird der Rückfluss des Blutes durch die Wadenmuskelpumpe. Sie wirkt sich besonders günstig auf die tiefen Beinvenen aus. Sie wird in Gang gesetzt, wenn sich die Beinmuskeln beim Laufen kontrahieren. Die Muskulatur drückt die Venen zusammen und presst das Blut weiter zum Herzen. Entspannt der Muskel, lässt auch der Druck auf die tiefen Venen nach und es entsteht ein Sog, der Blut aus den oberflächlichen Venen in die Tiefe saugt. Auf Basis dieses Wissens sollten PTA und Apotheker betroffenen Patienten die 3L-3S-Regel anraten. Sie besagt: „Lieber Laufen und Liegen statt Sitzen und Stehen“. Wer dies beherzigt, tut seinen Venen etwas Gutes und unterstützt die Venenarbeit.

Kompressionsstrümpfe in verschiedenen Farben. © belchonock / iStock / Getty Images Plus
Dank der großen Farb- und Musterauswahl der Hersteller komplettieren maßangefertigte Kompressionsstrumpfhosen und –strümpfe jedes modische Outfit zu jedem Anlass! © belchonock / iStock / Getty Images Plus

Wichtige Beratungsfragen Es sind häufig Senioren, die Beratung brauchen, aber auch jüngere Menschen leiden unter Venenbeschwerden und suchen dagegen in der Apotheke das richtige Mittel. Die Ursachen der meist unspezifischen Beschwerden können vielfältig sein. So sind Schmerzen in den Beinen sehr typisch beim „Restless-Legs-Syndrom“. Knöchelödeme treten beispielsweise als Folge einer Herz- oder Niereninsuffizienz auf oder als Nebenwirkung von Calciumantagonisten, die sehr häufig zur Blutdrucksenkung bei älteren Menschen zum Einsatz kommen. Lymphödeme und Hautverfärbungen können das Ergebnis von Infektionen sein, Kribbeln und Jucken in den Beinen ein Hinweis auf eine diabetische Polyneuropathie.

Apotheker und PTA sind hier die richtigen Ansprechpartner, um im persönlichen Gespräch festzustellen, ob es sich um leichte oder aber schwere Beschwerden handelt, die die Diagnose durch einen Arzt erfordern. Ziel muss es sein durch einige fokussierte Fragen mögliche Ursachen zu identifizieren. Dennoch kann eine eindeutige Diagnose in der Apotheke eben nicht gestellt werden, selbst wenn der Kunde von typischen Venenschmerzen berichtet, vielleicht sogar deutlich sichtbare Krampfadern aufweist. Tatsächlich sind Schmerzen in den Beinen und Ödeme eher unspezifisch und können viele Ursachen haben.

Geklärt werden sollte als erstes, wer die Beschwerden hat, wie diese sich äußern und seit wann sie vorliegen. Falls eine akute starke Beeinträchtigung vorliegt, sollte diese rasch ärztlich abgeklärt werden, zum Beispiel bei einer Thrombose. Daran anschließend sollte in Erfahrung gebracht werden, ob es bekannte Vorerkrankungen gibt und welche Medikamente eingenommen werden. Außerdem ist es bei Verdacht auf eine Venenerkrankung sinnvoll zu fragen, ob es in der Familie bekannte Venenleiden gibt und ob Risikofaktoren vorliegen.

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