Venöses System
PTA-Fortbildung

Schöne und gesunde Beine

Bläulich hervortretende Venen und Besenreiser sind nicht nur ein kosmetisches Problem. Hinter den optischen Symptomen kann sich eine chronisch venöse Erkrankung verbergen. Frühe Diagnose ist wichtig!

17 Minuten

Diagnose Venenleiden Grundlage dafür ist immer ein ausführliches Anamnesegespräch, in dem persönliche Risikofaktoren, der aktuelle Gesundheitszustand, Lebensgewohnheiten, aktuelle Beschwerden und Symptome erfasst werden. Dann werden bei der körperlichen Untersuchung die Beine im Stehen betrachtet und abgetastet. So erfasst der Arzt Veränderungen der Hautbeschaffenheit, Schwellungen, Knoten oder Entzündungen. Mit sonografischen Duplex-Untersuchungen können sowohl das oberflächliche als auch das tiefe Venensystem und der Blutfluss im Gefäß sichtbar gemacht werden. Diese Art der Untersuchung ist absoluter Standard.

Mittels computertomografischer oder Magnetresonanz-Angiografie können Phlebologen vor allem tiefliegende Oberschenkelvenen und Beckenvenen betrachten. Die digitale Fotoplethysmografie misst mit Hilfe von Infrarotlicht die Blutfüllung in den oberflächlichen Hautvenen und Kapillaren. Aus den Messwerten können Rückschlüsse auf den Zustand des Beinvenensystems und die Funktion gezogen werden. Diese schmerzlose und risikolose Untersuchung setzen Phlebologen zur orientierenden Überprüfung der Beinvenen ein – eine Venenerkrankung sicher zu diagnostizieren, ist jedoch allein mit der Fotoplethysmografie nicht möglich.

Akut oder chronisch? Kunden mit Beschwerden, die plötzlich und intensiv auftreten, sollten direkt an den Arzt verwiesen werden. Zu den akuten Venenerkrankungen zählen die Thrombophlebitis und die Venenthrombose. Bei der akuten Entzündung einer ansonsten intakten Vene sprechen Mediziner von einer Thrombophlebitis. Dies kann auch Krampfadern betreffen, dann handelt es sich um eine sogenannte Varikophlebitis. Sie sollte von einem Arzt behandelt werden, denn ohne Therapie besteht die Gefahr, dass sich eine Thrombose bildet.

Eine tiefe Beinvenenthrombose (TVT) kann ebenfalls lebensbedrohlich sein, wenn die Behandlung ausbleibt. Blutgerinnsel können zu diesen Gefäßverschlüssen führen. Thrombosen bilden sich überwiegend in den tiefen Bein- und Beckenvenen. Es gibt langsame Verläufe, bei denen kleinere Thromben anwachsen und dann zu einem andauernden Gefäßverschluss führen. Ein sich lösender Thrombus kann eine Lungenembolie hervorrufen und notfallmedizinische Maßnahmen erfordern. Wie kann nun eine tiefe Venenthrombose erkannt werden? Folgende Symptome sind mögliche Warnsignale:

  • Wadenschmerzen bei Beugung des Fußes und auf Druck
  • Druckschmerzen an der Innenseite des Fußes
  • Deutliche Schwellung und Hervortreten von Venen unterhalb der Haut – im Gegensatz zu den Venen im anderen Bein
  • Beim Hochlegen des Beines nimmt das Spannungsgefühl in den Beinen ab.
  • Bläulich-rötliche Verfärbungen der Haut
  • Gleichzeitige Brust- und Atembeschwerden können auf eine Lungenembolie hindeuten.

Chronische Venenerkrankungen zählen zu den Volkskrankheiten unserer bewegungsarmen Gesellschaft. Die Zahl der Patienten steigt. Etwa zwei Drittel der erwachsenen Menschen in Deutschland haben Besenreiser und/oder kleinere Krampfadern. Etwa 20 bis 30 Prozent zeigen ein ausgeprägtes Krankheitsbild. Frauen sind wegen ihrer Hormonausstattung, die das Bindegewebe eher schwächt, etwas häufiger betroffen als Männer. Die Krampfadererkrankung, die Varikose, ist eine degenerative fortschreitende Erkrankung der Venenwand im oberflächlichen Venensystem der Beine.

Risikofaktoren für die Entstehung sind eine familiäre Disposition, Übergewicht, Bewegungsmangel, Rauchen, Schwangerschaften, sitzende oder stehende Berufstätigkeiten und das höhere Lebensalter. Es werden die primäre und die sekundäre Varikose unterschieden. Eine primäre Varikose entsteht ohne Vorerkrankung, in seltenen Fällen sogar bereits im jungen Alter. Die individuelle genetische Disposition spielt hier eine wichtige Rolle. Die sekundäre Varikose bildet sich in der Folge einer Vorerkrankung im tiefen Venensystem, zum Beispiel einer Missbildung im Gefäßsystem, Tumoren oder einer Thrombose. Je nach Lokalisation werden Besenreiser, Netzkrampfadern, Stammvarizen, Seitenastvarizen und Krampfadern der Perforansvenen unterschieden.

WICHTIGE FRAGEN IM RAHMEN EINER ANFRAGE IN DER SELBSTMEDIKATION

+ Wer hat die Beschwerden?
+ Wie äußern sich Ihre Beschwerden und wie lange haben Sie diese schon?
+ Treten die Schmerzen in Ihren Beinen ständig auf oder haben Sie diese eher am Abend nach einem langen Tag?
+ Was haben Sie schon unternommen? Waren Sie zur Untersuchung beim Arzt? Welche Maßnahmen zur Linderung haben Sie schon ergriffen?
+ Welche sonstigen Erkrankungen haben Sie und welche Medikamente nehmen Sie dauerhaft ein?
+ Gibt es etwas zu Ihrem Gesundheitszustand, das ich wissen sollte, um Sie optimal zu beraten?
+ Gibt es Risikofaktoren für eine Venenerkrankung, zum Beispiel eine familiäre Belastung, Rauchen, Bewegungsmangel oder ähnliches?

Die üblichen ersten Symptome sind schwere und müde Beine mit einem inneren Spannungsgefühl. Die Beschwerden treten besonders abends oder nachts auf. Unbehandelt führt ein Krampfaderleiden, besonders wenn die Stamm- oder Perforansvenen betroffen sind, zu schwerwiegenden Verläufen, zum Beispiel einem chronischen Ödem, Hautveränderungen, einem Ulcus cruris venosum, einer tiefen Veneninsuffizienz oder einer Varikophlebitis. Die S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Varikose (Stand 03/2019) weist darauf hin, dass die Störung der venösen Hämodynamik ein besonders kritischer Faktor ist und die Krankheit beschleunigt.

Darüber hinaus bestehe ein erhöhtes Risiko für das Auftreten einer tiefen Beinvenenthrombose, insbesondere, wenn gleichzeitig eine oberflächliche Venenthrombose vorliegt. In der Baseler Studie wiesen die Träger einer krankhaften Varikose, je nach Selektion der Schweregrade, zwischen 9- und 20-mal häufiger Komplikationen im Bereich des Venensystems auf als gleichaltrige, varizenfreie Menschen. Um die Erkrankung für die zielgerichtete Therapie einzuordnen, nutzen Phlebologen Klassifikationssysteme. So wurde die CEAP-Klassifikation (CEAP ist im englischen Sprachraum eine Kurzform für „Klinischer Befund“ (Clinic, Etilogy, Anatomy, Pathophysiology) 1994 von einem internationalen Ad-hoc-Ausschuss des American Venous Forum (AVF) erarbeitet und stetig weiterentwickelt.

Seither ist sie weltweit der anerkannte Standard für die Klassifizierung von chronischen Venenleiden und ermöglicht den Vergleich von venösen Diagnosen und von Patientengruppen. Die CEAP-Klassifikation ist keine Schweregradeinteilung für die Varikose. Die CEAP-Klassifikation ist nach dem Willen der Initiatoren und Entwickler dieser Klassifikation eine klinische Einteilung, gültig für alle Arten von venösen Erkrankungen. Aus einem anhaltenden und fortschreitenden Krampfaderleiden kann sich eine chronisch venöse Insuffizienz (CVI) entwickeln, die mit einer Prävalenz von fünf bis zehn Prozent bei der Allgemeinbevölkerung auftritt.

Sie entsteht schleichend, wenn eine dauerhafte Rückflussbehinderung des venösen Blutes aus den peripheren in die zentralen Venen besteht. Je schlechter die Venenklappen schließen, desto höher ist das Risiko für Mikrozirkulationsstörungen und eine Veneninsuffizienz. Der Rückstau des Blutes steigert den Druck auf die Venenwände, es kommt zu einem Verlust der Elastizität und die Gefäßdurchlässigkeit nimmt zu. So tritt besonders in der Knöchelregion vermehrt Flüssigkeit in das umliegende Gewebe und führt zu Ödemen. Langfristig entsteht das Phlebödem mit typischen bläulichen Teleangiektasien. Später treten Hautveränderungen mit bräunlichen Verfärbungen auf. Sie deuten auf Eisenpigmente hin, die aufgrund der Blutstauung aus dem Blut in der Haut gelangen.

Die Durchblutung ist besonders in der Knöchelregion gestört, und Sauerstoff- und Nährstoffversorgung sind vermindert. Die Betroffenen berichten über eine dünner werdende Haut, Neigung zu Wunden und schlechte Wundheilung. Unbehandelt entwickeln sich aufgrund der Hypertonie des Venensystems langfristig größere Hautschäden bis hin zum Endstadium des Unterschenkelgeschwürs (Ulcus cruris venosum). In Deutschland leiden mehr als 80 000 Menschen an einem „offenen Bein“ mit einer Prävalenz von vier bis fünf Prozent bei den über 80-Jährigen.

Das Ulcus cruris venosum ist neben dem diabetischen Fußsyndrom die häufigste Ursache nicht spontan abheilender Wunden an den Beinen. Beim diabetischen Fußsyndrom entstehen irreversiblen Schädigungen der Nerven und Blutgefäße infolge einer jahrelangen schlechten Einstellung des Blutzuckerspiegels. Ein diabetischer Fuß zeigt äußerlich ähnliche Symptome wie ein Bein unter einer chronisch venösen Insuffizienz. Zum Teil kommen auch beide Risikofaktoren zusammen. Ein Unterschenkelgeschwür kann auch das Resultat einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit sein. Hier ist eine klare Differentialdiagnose wichtig.

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