Schnupfen im Anmarsch
20 Minuten
- 1Erreger
- 2Schnupfenarten
- 3Behandlung
- 4Systemisch oder lokal
- 5Phytotherapie & Homöopathie
- 6Fortbildung
01. Dezember 2021
Entzündete Nasennebenhöhlen Ein Erkältungsschnupfen erreicht in der Regel nach zwei bis drei Tagen seinen Höhepunkt und ist nach fünf bis sieben Tagen bereits wieder am Abklingen. Allerdings bleibt es häufig nicht bei einem banalen Schnupfen. In der Praxis zeigt sich, dass sich daraus ab dem Vorschulalter schnell eine Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis) entwickeln kann, da die Nasennebenhöhlen, ein filigranes System luftgefüllter Hohlräume, das den Gesichtsschädel durchzieht, schnell mitbetroffen sind.
Experten sprechen daher bei einem Schnupfen heute meist nicht mehr lediglich von einer Rhinitis (Entzündung der Nasenschleimhäute), sondern von einer Rhinosinusitis (Entzündung der Schleimhäute von Nasenhaupt- und Nasennebenhöhlen). Hintergrund ist, dass Nase und Nasennebenhöhlen mit der gleichen Schleimhaut ausgekleidet sind, wodurch sich die Entzündung leicht ausdehnen kann. Durch Anschwellen der Schleimhäute verschließen sich die Verbindungen zwischen Haupt- und Nebenhöhle (Ostien), wodurch Abfluss und Belüftung der Nasennebenhöhlen gestört wird. Das Sekret ist dann nicht mehr in der Lage, durch die Nase nach außen abzufließen und staut sich.
Typische Symptome sind pochende Schmerzen und ein Druckgefühl. Zudem ist wie bei einem banalen Schnupfen die Nasenatmung behindert sowie der Geruchs- und Geschmackssinn gestört. Die genaue Lokalisation der Beschwerden hängt davon ab, welche der Nebenhöhlen betroffen sind. Bei entzündeten Stirnhöhlen kommt es zu Schmerzen im Bereich der Stirn und Augen, wobei diese beim Bücken, Klopfen oder starkem Auftreten zunehmen. Kieferhöhlenentzündungen gehen mit Beschwerden im Bereich der Wangenknochen, manchmal auch des Oberkiefers, einher. Häufig schmerzen die Zähne, da die Wurzeln bis in die Kieferhöhlen hineinragen können.
Bakterielle Sekundärinfektion Entzündete Nasennebenhöhlen müssen aber nicht immer gleich bakteriell besiedelt sein. In der überwiegenden Zahl der Fälle ist die Entzündung primär viral bedingt. Bakterien gewinnen im weiteren Verlauf der Erkrankung zunehmend an Bedeutung, da ein anhaltender Sekretstau eine bakterielle Sekundärinfektion begünstigt. Hinweis auf eine Bakterienbeteiligung kann ein Schnupfen sein, der sich nach fünf Tagen deutlich verschlechtert oder länger als zehn Tage andauert und von einem schweren Krankheitsgefühl - eventuell mit Fieber - begleitet wird.
Ein grünlich-gelb verfärbtes Sekret ist hingegen auch bei einer viralen Infektion möglich. Die Farbe scheint nicht auf den Erregertypus, sondern vielmehr auf abgestorbene Immunzellen hinzuweisen. Bei Verdacht auf eine bakterielle Rhinosinusitis sollte der Betroffene immer an den Arzt verwiesen werden. Eventuell werden Antibiotika notwendig, um das Entzündungsgeschehen in den Griff zu bekommen. Häufig heilen aber selbst bakterielle Rhinosinusitiden ohne antibiotische Behandlung aus, vorausgesetzt, das Geschehen hat sich noch nicht chronifiziert.
Chronische Rhinosinusitis Wird eine Rhinosinusitis nicht adäquat behandelt, besteht die Gefahr, dass sie chronifiziert. Eine chronische Rhinosinusitis liegt vor, wenn die Symptome länger als acht Wochen anhalten oder öfter als viermal im Jahr auftreten. Bei der chronischen Verlaufsform kommt es zum Umbau und zur Verdickung der entzündeten Schleimhaut, teilweise mit Polypenbildung. Die Beschwerden sind zwar meist weniger stark ausgeprägt als beim akuten Entzündungsgeschehen, jedoch fühlen sich die Betroffenen abgeschlagen und erschöpft.
Zudem ist ein andauernder Verlust des Geruchssinns möglich und das Risiko für Bronchialerkrankungen erhöht. Auch Personen mit besonderen anatomischen Gegebenheiten in der Nase wie Schleimhautwucherungen (Polypen), vergrößerten Nasenmuscheln (Nasenmuschelhyperplasie) oder einer gekrümmten Nasenscheidewand (Septumdeviation) sind prädestiniert für anhaltende Belüftungsstörungen und damit für eine chronische Rhinosinusitis. Während akute Rhinosinusitiden häufig in Eigenregie behandelt werden können, sind chronische Verlaufsformen kein Fall mehr für die Selbstmedikation.
Sinubronchiales Syndrom Da obere und untere Atemwege eine anatomische und funktionelle Einheit bilden, geht ein banaler Schnupfen nicht nur leicht mit einer Sinusitis einher. Häufig greifen die Erreger von den oberen auf die unteren Atemwege über, sodass sich die Entzündung auf die gesamten Atemwege ausweitet und sich aus der Rhinosinusitis eine Bronchitis entwickelt. Dabei ist ein Infektionsgeschehen von den Nebenhöhlen über den Rachen, die Luftröhre bis hin zu den Bronchien zu beobachten.
Bei älteren und abwehrgeschwächten Personen kann daraus sogar eine Lungenentzündung (Pneumonie) entstehen. Typisches Symptom für ein derartiges Sinubronchiales Syndrom ist häufiges Räuspern. Dieses ist auf den Schleim, der vom Rachen in die Bronchien fließt, zurückzuführen, was mit der synonymen Bezeichnung Postnasal-Drip-Syndrom zum Ausdruck gebracht wird. Da ausgedehnte Entzündungen leicht einen chronischen Verlauf nehmen können, ist eine frühzeitige Behandlung wichtig.
Problem trockener Schnupfen Beim Schnupfen müssen aber nicht immer Erreger Auslöser sein. Ebenso können trockene Nasenschleimhäute eine Rolle spielen und einen trockenen Schnupfen (Rhinitis sicca) hervorrufen. Die Betroffenen klagen über eine verstopfte Nase mit behinderter Nasenatmung, obwohl die Produktion von Nasensekret deutlich vermindert ist. Typische Zeichen sind Borken- und Krustenbildung der Nasenschleimhaut, manchmal kommt es zu Nasenbluten durch Einreißen der Krusten. Hält der trockene Schnupfen länger an, atrophiert die Nasenschleimhaut, weshalb man auch von einer atrophischen Rhinitis (Rhinitis atrophicans) spricht.
Im fortgeschrittenen Stadium wird die Zilienaktivität und damit die mucoziliäre Clearance zunehmend gehemmt, sodass sich in ausgeprägten Fällen auf der trockenen Schleimhaut Bakterien ansiedeln. Darunter finden sich Klebsiella ozaenae, die das Nasensekret zersetzen, was mit einem unangenehmen Geruch aus der Nase verbunden ist und als Stinknase (Ozäna) bezeichnet wird. Die Ursachen sind vielfältig. Trockene Nasenschleimhäute stellen sich prinzipiell bei älteren Menschen ein, sind aber auch nach einer Nasen-Operation oder Strahlentherapie, bei Vielfliegern oder Personen, die sich hauptsächlich in klimatisierter Umgebung aufhalten, typisch.
Zudem geht die hormonelle Umstellung in der Schwangerschaft mit trockenen Nasenschleimhäuten einher (Rhinitis gravidarum), ebenso wie bestimmte Autoimmunerkrankungen (z. B. Sarkoidose) oder die Einnahme bestimmter Arzneistoffe (z. B. Diuretika, Anticholinergika, ACE-Hemmner, Betablocker, H1-Antihistaminika). Sind Schnupfensprays beziehungsweise -tropfen mit abschwellenden alpha-Sympathomimetika die Auslöser, spricht man von einer Rhinitis medicamentosa (Synonym Privinismus). Dabei stellen sich aufgrund einer Abnahme der Rezeptorsensibilität Gewöhnungseffekte ein, die zu einer chronischen Schwellung der Nasenschleimhäute führen.
Häufig allergischer Schnupfen Ein Schnupfen kann auch allergisch bedingt sein – selbst im Winter. Während von Frühling bis Herbst vorwiegend Pollen Verursacher sind (saisonale Rhinitis allergica), lösen ganzjährig und damit auch in der kalten Jahreszeit vor allem Hausstaubmilben eine Überreaktion des Immunsystems und damit Entzündungsprozesse in der Nase aus (perenniale Rhinitis allergica). Besonders aktiv sind sie zu Beginn der Heizungsperiode. Da diese mit dem Beginn der Erkältungszeit zusammenfällt, wird ein allergischer Schnupfen häufig verkannt und nicht adäquat therapiert, was zur Entwicklung einer akuten oder chronischen Rhinosinusitis beitragen kann.
Prinzipiell ist eine allergische Rhinitis in jedem Alter möglich, sogar ein erstes Auftreten im Erwachsenenalter. Daher kann eine Allergie selbst bei älteren Personen mit Schnupfensymptomen nicht ausgeschlossen werden. Auf einen allergischen Schnupfen – in Abgrenzung zu einem Erkältungsschnupfen – kann man schließen, wenn die Symptome plötzlich auftreten, ungewöhnlich lange anhalten und im Jahresvergleich immer zur gleichen Zeit erscheinen.
Typischerweise geht eine Rhinitis allergica mit heftigen, nicht enden wollenden Niesattacken, Juckreiz in der Nase und im Rachen, starkem Sekretfluss und einer behinderten Nasenatmung einher. Zudem spielen sich oftmals auch allergische Entzündungsprozesse zeitglich an den Augen ab, sodass Betroffene noch unter juckenden, brennenden, geröteten und tränenden Augen leiden.
Sonderfall vasomotorischer Schnupfen Eine häufig laufende oder wiederkehrend verstopfte Nase kann zudem in einer gestörten Regulation der Nasenschleimhaut-versorgenden Blutgefäße begründet sein. Auch wenn Allergene nicht die Auslöser sind, die zur vermehrten Produktion von wässrigem Sekret mit Niesattacken oder erschwerter Nasenatmung führen, ähnelt der vasomotorische Schnupfen (Rhinitis vasomotorica) einer allergischen Rhinitis. Allerdings kommt es dabei nicht zu einer Beteiligung der Augen. Umweltbelastungen, extreme Temperaturwechsel, Alkohol, warme Getränke, hormonelle Schwankungen, Stress und andere psychische Faktoren werden ursächlich bei dieser Schnupfenform angenommen, die auch den Namen NARE-Syndrom (Non-Allergic Rhinitis with Eosinophilia Syndrome) trägt.