Hilfsmittelversorgung
PTA-Fortbildung

Licht ins Dunkel

Die meisten Rezepte, die in der Apotheke eingelöst werden, sind über Arzneimittel ausgestellt. Nur eine geringe Anzahl betreffen Hilfsmittel. Doch gerade sie verursachen einen großen Aufwand.

16 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. Mai 2020

Negativliste Neben den erstattungsfähigen Hilfsmitteln werden nach § 34 Abs. 4 SGB V auch von der Erstattung ausgeschlossene Hilfsmittel bestimmt. So werden allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens (z. B. Heizdecke) nicht von der Krankenkasse erstattet. Auch Gegenstände, die einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben (z. B. Wärmflaschen) oder bei denen der Abgabepreis zu gering ist (z. B. Alkoholtupfer), werden nicht übernommen. Darüber hinaus gehören auch geringfügige Kosten bei notwendiger Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung nicht zum Leistungskatalog. Dazu zählen beispielsweise Batterien und Ladegeräte für Hörgeräte. Diese müssen Versicherte über 18 Jahre selber zahlen. Ebenfalls entfallen die Kosten für Instandsetzungsarbeiten an Brillengestellen von Erwachsenen.

Hilfsmittel zum Gebrauch oder Verbrauch Wie bei Arzneimitteln gibt es auch bei Hilfsmitteln eine Selbstbeteiligung. Bei der Zuzahlung wird in der Krankenversicherung zwischen „nicht zum Verbrauch bestimmten“ und „zum Verbrauch bestimmten“ Hilfsmitteln unterschieden. Bei den „nicht zum Verbrauch bestimmten“ Hilfsmitteln spricht man üblicherweise auch von „zum Gebrauch bestimmten“ Hilfsmitteln. Diese können mehrmals von einem Versicherten verwendet werden. Dazu zählen beispielsweise orthopädische Schuh-Einlagen, Inhaliergeräte oder Sitzhilfen. Der Versicherte zahlt zehn Prozent des Abgabepreises zu, jedoch mindestens fünf und maximal zehn Euro. Auf keinen Fall zahlen Versicherte mehr als die Kosten des Hilfsmittels.

Anders verhält es sich bei „zum Verbrauch bestimmten“ Hilfsmitteln. Sie können wegen ihrer Beschaffenheit, ihres Materials oder aus hygienischen Gründen nur einmal ununterbrochen benutzt werden und sind in der Regel für den Wiedereinsatz nicht geeignet. Dazu zählen beispielsweise Vorlagen bei Inkontinenz, Stomaartikel oder bestimmte Applikationshilfen. Der Versicherte zahlt zehn Prozent des Abgabepreises (je Packung) zu, maximal jedoch zehn Euro monatlich. Die Mindestzuzahlung von fünf Euro je Packung gibt es hier nicht. Die Apotheke ist nicht verpflichtet zu überprüfen, ob die Zehn-Euro-Grenze im Kalendermonat überschritten ist. Der Nachweis über die erreichte maximale Zuzahlungshöhe liegt beim Versicherten.

Will sie aber dem Versicherten entgegenkommen, muss sie sich mit Hilfe der Quittungen oder der EDV vergewissern, dass er in diesem Monat bereits die zehn Euro für die zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel bezahlt hat. Die Apotheke kann dann eine Folgeverordnung in diesem Monat von der Zuzahlung freistellen. Im Zuzahlungsfeld ist dann eine „0“ einzutragen und auf der Vorderseite des Rezeptes der Vermerk „Zuzahlung geleistet“ aufzubringen. Benötigen Versicherte auf Grund mehrerer Erkrankungen verschiedene (aus mehreren Produktgruppen) zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel, so ist die maximale Zuzahlung dennoch für den gesamten Monatsbedarf unabhängig von der Anzahl der Versorgungsbereiche auf zehn Euro begrenzt. Die Verkaufspreise der verschiedenen Hilfsmittel sind zu addieren, um festzustellen, ob die zehnprozentige Zuzahlung von zehn Euro für den Monatsbedarf erreicht ist oder nicht. Häufig kann die Apotheke aber nicht erkennen, ob die maximale Zuzahlungshöhe schon erreicht ist, insbesondere wenn der Kunde die Rezepte in unterschiedlichen Apotheken eingelöst hat. Sie kann dem Kunden empfehlen, die Quittungen bei seiner Krankenkasse einzureichen, um eventuell zu viel geleistete Zuzahlungen zurückzufordern.

Die Abgabe von Hilfsmitteln bringt häufig Unsicherheiten mit sich – gleichzeitig ist ein großer Aufwand damit verbunden.


Festbeträge Für einige Hilfsmittelgruppen hat der GKVSpitzenverband für „funktionsgleiche“ Produkte Festbeträge festgesetzt (§ 36 SGB V). Zu diesem Festbetrag erhält ein Versicherter ein Hilfsmittel, das ihn nach Ansicht des Gesetzgebers ausreichend und zweckmäßig versorgt. Die Festbeträge begrenzen somit die Leistungspflicht der GKV und folglich den Versorgungsanspruch der Versicherten. Der Festbetrag bildet somit auch die Obergrenze für die vertraglich zu vereinbarenden Preise, wobei die schließlich vereinbarten Vertragspreise aber auch unterhalb des Festbetrags liegen können.

Wählen Versicherte Hilfsmittel, die über „das Maß des Notwendigen“ hinausgehen – deren Preis den Festbetrag also überschreitet – haben sie die anfallenden Mehrkosten selbst zu tragen. Derzeit gelten Festbeträge für Einlagen, Hörhilfen, ableitende Inkontinenzhilfen, Hilfsmittel zur Kompressionstherapie und Sehhilfen. In den jeweiligen Produktgruppen sind gleichartige und gleichwertige Produkte mit einer mehr oder weniger großen Auswahl unterschiedlicher Hersteller und Preiskategorien gelistet.

PRÄQUALIFIZIERUNG

Der GKV-Spitzenverband und die Spitzenorganisationen der Leistungserbringer haben auf Bundesebene vertraglich geregelt, dass eine Eignung zur Hilfsmittelversorgung – die Präqualifizierung – nachgewiesen sein muss. Das Prozedere dafür wurde im Sozialgesetzbuch festgeschrieben (§ 126 Abs 1a Satz 3 SGB V). Die Prüfung auf Eignung erfolgt auf Antrag vorgelagert und vertragsunabhängig durch eine unabhängige, neutrale Präqualifizierungsstelle.

Für spezielle Hilfsmittelproduktgruppen, also bestimmte Versorgungsbereiche, ist ein besonderer Eignungsnachweis erforderlich (z. B. Anmessen von Kompressionsstrümpfen). Das Zertifikat ist von allen Krankenkassen anzuerkennen und gilt für jeweils fünf Jahre. Letztes Jahr wurde mit dem Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (HHVG) eine Änderung beschlossen, die nach erfolgter Akkreditierung während des 5-jährigen Präqualifizierungszeitraums zwei Überwachungsaudits als Grundlage zur Aufrechterhaltung der Präqualifizierung vorsieht.

Hilfsmittel zur Miete Einige Hilfsmittel müssen nicht unbedingt gekauft werden. Der Versicherte kann sie auch ausleihen. Das kommt insbesondere für hochwertige technische Produkte wie Rollstühle oder Beatmungsgeräte in Frage. Ein typisches Beispiel für Leihgeräte aus der Apotheke sind Babywaagen oder elektrische Milchpumpen. Diese Serviceleistung wird von vielen Eltern gerne angenommen. Allerdings gehört die mietweise Abgabe einer Babywaage nicht zu den Leistungspflichten der GKV. Legen Eltern eine Verordnung darüber vor, muss vor Abgabe zu Lasten der GKV eine Genehmigung bei der Kasse eingeholt werden, wobei diese höchst selten einer Kostenübernahme zustimmen.

Hingegen erlauben bestimmte Indikationen ein Ausleihen elektrischer Milchpumpen auf Rezept. Der Arzt kann beispielsweise eine Verordnung zu Lasten der GKV bei einer Saugschwäche des Säuglings, Frühgeburt, blutenden Brustwarzen, Brustentzündungen, vermehrter oder verminderter Milchbildung vornehmen. Das Rezept wird dafür in der Regel auf den Namen der Mutter ausgestellt. Bei der Erstversorgung ist auch das Zubehörset (unter Umständen sogar ein Doppelpumpset) verordnungsfähig, das anschließend bei der Kundin verbleibt.

Ist auf der Verordnung keine Mietdauer angegeben, so beträgt diese höchstens vier Wochen. Das Gerät verbleibt in diesem Fall nur dann länger als vier Wochen zu Lasten der GKV beim Versicherten, wenn dieser vor Ablauf der vier Wochen eine neue ärztliche Verordnung vorlegt. Selten geworden ist heutzutage ein leihweises Überlassen von Inhaliergeräten zu Lasten der GKV. Die Lieferverträge sehen meistens einen dauerhaften Verbleib des Gerätes beim Versicherten vor.

Zuzahlungen & Mietpreise Eine Selbstbeteiligung fällt beim Verleih von Milchpumpen nicht an, da eine derartige Verordnung zur Versorgung des Kindes erfolgt. Ansonsten sind bei einem Verleih von Hilfsmitteln Zuzahlungen erforderlich. Wird beispielsweise ein Rollstuhl verliehen, muss der Versicherte nur einmal für den gesamten Versorgungszeitraum die gesetzliche Zuzahlung von maximal zehn Euro leisten. Das gilt auch dann, wenn mehrere Folgeverordnungen in der Apotheke vorgelegt werden und das ausgeliehene Hilfsmittel somit über Monate hinweg verwendet wird.

Für das Vermieten von Inhalationsgeräten und Milchpumpen sind mit den Krankenkassen unterschiedliche Mietpreise vereinbart, die in den entsprechenden Lieferverträgen nachzuschlagen sind. Für andere Hilfsmittel, die auch über die Apotheke ausgeliehen werden können, wie beispielsweise Tens-Geräte, existieren keine vertraglich geregelten Mietpreise. Sollen diese zu Lasten der GKV über die Apotheke ausgeliehen werden, muss zuvor ein Kostenvoranschlag bei der Krankenkasse eingereicht werden.

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