Schilddrüse
PTA-Fortbildung

Kleines Organ mit großer Wirkung

Sie ist klein und unscheinbar, dennoch für den Körper unverzichtbar. Die Rede ist von der Schilddrüse, der größten Hormondrüse des Menschen, die mehr oder weniger alle körperlichen Funktionen regelt.

20 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. März 2023

Heiße und kalte Knoten behandeln

Die Therapie heißer Knoten ähnelt der Behandlung eines Morbus Basedow. Zu Beginn erhalten die Betroffenen Thyreostatika, um die übermäßige Hormonproduktion zu stoppen. Gegebenenfalls wird eine darauffolgende Radiojodtherapie erforderlich, die zur Schrumpfung des Schilddrüsengewebes führt. Eine teilweise oder komplette Operation wird erst nach einer erfolglosen Behandlung oder bei einer stark vergrößerten Schilddrüse, die zu Beschwerden führt, vorgenommen. 

Kalte Knoten, bei denen kein Verdacht auf Bösartigkeit besteht, werden mit dem synthetischen Schilddrüsenhormon L-Thyroxin oder einer Kombination aus L-Thyroxin und Jod therapiert. Mit dem Schilddrüsenhormon lässt sich eine weitere Vergrößerung der Schilddrüse sowie das Knotenwachstum unterbinden. Zudem wird der Bildung neuer Knoten vorgebeugt.

Damit gleicht die medikamentöse Therapie kalter Knoten einer Behandlung eines Jodmangel-Strumas beziehungsweise einer Hypothyreose. Ist diese nicht ausreichend, erfolgt wie beim heißen Knoten eine Operation erst, wenn alle Behandlungsmöglichkeiten erschöpft sind oder sich akute Beschwerden nicht erfolgreich in den Griff kriegen lassen. Ebenso wird sie beim Vorliegen eines Schilddrüsentumors notwendig.

Hypothyreose - Verschiedene Vorgehensweisen

Je nachdem ob eine latente oder manifeste Unterfunktion der Schilddrüse vorliegt, trifft der Arzt eine entsprechende Therapieentscheidung. Während die Ärzte bei der latenten Form in der Regel die Notwendigkeit einer Therapie individuell vom Alter des Patienten, seinen Vorerkrankungen, der Höhe des TSH-Wertes und der Symptomatik abhängig machen, stellt eine manifeste Hypothyreose generell eine klare Therapieindikation dar.

Synthetisches L-Thyroxin als Pendant des körpereignen T4 ist bei Behandlungsbedürftigkeit Mittel der Wahl, auch wenn Trijodthyronin (T3) die eigentliche Wirkform ist. L-Thyroxin hat den Vorteil einer längeren Halbwertszeit, was mit gleichmäßigeren Wirkspiegeln einhergeht. 

Achtung! L-Thyroxin-Präparate besitzen Missbrauchspotential. Aufgrund ihrer Stoffwechsel-anregenden Wirkung werden sie von einigen als Schlankheitsmittel genutzt.

Jodmangel-Struma mit Jod

Bei einer manifesten Hypothyreose aufgrund eines Jodmangels erhalten die Betroffenen L-Thyroxin mit Jod kombiniert. Produziert die vergrößerte Schilddrüse noch genügend Hormone (Struma mit euthyroter Stoffwechsellage), kann auch eine alleinige Jod-Gabe genügen. Vor allem bei Kindern und Jugendlichen ist in der Regel die Substitution von Jod ausreichend. Bei Erwachsenen ist meist eine Kombination von Jod mit L-Thyroxin erforderlich, da erst das Schilddrüsenhormon die vergrößerte Schilddrüse effektiv schrumpfen lässt.

Hashimoto ohne Jod

Ebenso wird bei Hashimoto-Patienten die Hypothyreose mit L-Thyroxin ausgeglichen. Da die Erkrankung nicht heilbar ist, muss die Substitution lebenslang erfolgen. Sollte es beim Hashimoto zur Kropfbildung kommen, werden Hormonpräparate bereits frühzeitig verordnet, selbst wenn noch keine Unterfunktion der Schilddrüse eingetreten ist, da sich die Schilddrüse durch die Hormone gut verkleinern lässt. 

Allerdings wird bei der autoimmun getriggerten Funktionsstörung keine Jod-Substitution empfohlen, da hohe Mengen des Spurenelements den Autoimmunprozess verstärken können. Jodmengen aus der Nahrung sind hingegen so gering, dass sie keine negativen Auswirkungen auf die Thyreoiditis haben. Dieser Ansicht sind auch die Experten vom Arbeitskreis Jodmangel.

Demnach bereiten Hashimoto-Patienten eine Jodaufnahme in Höhe des täglichen Bedarfs von 180 bis 200 µg über Nahrungsmittel sowie jodiertem Speisesalz und daraus hergestellten Produkten keine Probleme. Erst eine sehr hohe Jodzufuhr von über 300 µg pro Tag führt zu einer Erhöhung der entzündlichen Aktivität der Schilddrüse.

Daher wird Hashimoto-Patienten auch von anderen Experten-Gremien wie beispielsweise dem Deutschen Schilddrüsenzentrum geraten, auf die einseitige Ernährung mit sehr jodreichen Nahrungsmitteln (z. B. Algen) zu verzichten. Schwangere Hashimoto-Patienten nehmen sie aber davon ausdrücklich aus. Sie sollen wie auch schwangere Frauen ohne eine Schilddrüsenfunktionsstörung ihre Jodzufuhr erhöhen. 

Selen bei Schilddrüsenerkrankungen?

Immer wieder wird erörtert, ob sich eine Selensubstitution günstig auf die Funktion der Schilddrüse und damit auch auf den Verlauf von Schilddrüsenerkrankungen auswirken kann. Grundlage für die Überlegungen ist zum einen, dass Selen sowohl für oxidative Prozesse bei der Produktion von Schilddrüsenhormonen als auch für die enzymatische Hormonaktivierung von T 4 zu T3 notwendig ist. Zudem hat sich gezeigt, dass bei niedrigen Selenspiegeln die Prävalenz von Struma, Hypothyreose oder autoimmunen Schilddrüsenentzündungen erhöht ist.

Allerdings lassen die Studienergebnisse keine Rückschlüsse darauf zu, ob sich zusätzlich zugeführtes Selen bei ausreichender Selenversorgung positiv auf bereits bestehende Schilddrüsenerkrankungen auswirkt. Untersuchungen an Patienten mit einer Hashimoto-Thyreoiditis haben zu widersprüchlichen Ergebnissen geführt. Nicht in allen Studien kam es zu einer Abnahme der krankhaft erhöhten Schilddrüsenantikörper (TPO-AK).

Zudem konnte nicht gezeigt werden, ob Patienten, bei denen die Antikörper abfielen, tatsächlich auch von einem günstigeren Krankheitsverlauf oder einer Reduktion der notwendigen Dosis ihrer Schilddrüsenmedikamente profitieren. Bei Patienten mit einem Morbus Basedow scheint sich hingegen eine Selen-Supplementierung positiv auszuwirken. So verbesserte sich bei milderen Formen der ophthalmische Befund und es kam zu schnelleren Remissionen.

Individuelle Dosiseinstellung

Präparate mit L-Thyroxin stehen in Dosierungen von 25 bis 200 µg zur Verfügung. Ziel ist eine Normalisierung der Stoffwechselaktivität (euthyreote Stoffwechsellage). Jüngere und gesunde Patienten erhalten bei einer manifesten Hypothyreose häufig sofort die volle Dosis des Schilddrüsenhormons, wobei man von 1,6 µg/kg Körpergewicht ausgeht. Bei älteren Patienten über 60 Jahre wird in der Regel einschleichend dosiert, das heißt, es wird mit einer niedrigen Dosis begonnen, die stufenweise um 25 bis 50 µg erhöht wird. 

Die Erhaltungsdosis wird individuell ermittelt, wobei der TSH-Wert als Grundlage dient. Zudem fließen bei der Dosisanpassung das subjektive Wohlbefinden beziehungsweise die Beschwerden des Patienten ein. Zur Dosisfindung veranlasst der Arzt anfänglich nach sechs bis acht Wochen eine Laborkontrolle.

Nach der Einstellungsphase werden die Zeitabstände größer. Zunächst erfolgen die Verlaufskontrollen des TSH-Wertes halbjährlich, später dann jährlich. Erfahrungsgemäß lässt sich nach einer gewissen Zeit die Dosis zum Erhalt der euthyreoten Stoffwechsellage dann wieder reduzieren.

Wichtig: Beratung zur L-Thyroxin-Einnahme

L-Thyroxin hat eine geringe therapeutische Breite. Daher gehören L-Thyroxin-Präparate zu den Medikamenten, bei denen geringe Schwankungen in der Bioverfügbarkeit je nach Hersteller möglich sind. Und daher greifen bei ihnen die Rabattverträge nicht. Sie stehen auf der Substitutionsausschlussliste.

Sollte ein Austausch dennoch notwendig werden (z. B. aufgrund von Lieferschwierigkeiten), so muss der Kunde auf mögliche Symptome einer Über- oder Unterdosierung achten. Häufig wird eine Umstellung auf ein neues Präparat auch labordiagnostisch durch Überprüfung des TSH-Wertes begleitet. Dabei gilt es aber zu beachten, dass sich der TSH-Wert nach einer Dosisänderung erst nach etwa sechs Wochen wieder eingependelt hat. 

Immer nüchtern einnehmen

Bei der Schilddrüsenhormonsubstitution ist die richtige Einnahme entscheidend. Vor allem kommt es auf den Zeitpunkt an. L-Thyroxin wird regelmäßig alle 24 Stunden vorzugsweise auf nüchternen Magen morgens eine halbe Stunde vor dem Frühstück mit Leitungswasser eingenommen.
Der zeitliche Abstand zur Nahrung sowie zu Getränken wie Milch oder Mineralwasser ist wichtig, da Ballaststoffe und mehrwertige Kationen (z. B. Calcium, Eisen, Magnesium) die Resorption der Schilddrüsenhormone verringern. Daher ist auch die Einnahme der Hormone mit einem morgendlichen Milchkaffee oder einem Calcium-angereicherten Fruchtsaft zu unterlassen. Erfolgt die L-Thyroxin-Gabe abends vor dem Schlafengehen, muss zum Abendessen ein Abstand von zwei Stunden eingehalten werden.

Achtung Wechselwirkungen von L-Thyroxin mit anderen Medikamenten

Ein zweistündiger Einnahmeabstand zu L-Thyroxin ist auch bei der gleichzeitigen Therapie mit Mineralstoffpräparaten oder Antazida notwendig, um eine Resorptionshemmung zu vermeiden. 

Praxistipps
Folgende Hinweise sollten bei der Abgabe von Thyreostatika oder L-Thyroxin nicht fehlen.

Thyreostatika:
- Die volle Wirksamkeit tritt erst nach einigen Wochen ein.
- Anfänglich erfolgt die Einnahme in mehreren Einzeldosen regelmäßig über den Tag verteilt.
- In der Erhaltungstherapie wird die gesamte Dosis auf einmal nach dem Frühstück eingenommen.

L-Thyroxin:
- Dosisveränderungen pendeln sich nach 6 bis 8 Wochen ein.
- Die Einnahme der Tabletten erfolgt morgens nüchtern 30 Minuten vor dem Frühstück mit Leitungswasser.
- Nimmt der Patient Medikamente mit mehrwertigen Kationen ein, muss ein zweistündiger Einnahmeabstand zur Hormoneinnahme eingehalten werden.
- Bei Polymedikation muss der Arzt regelmäßig die Schilddrüsenfunktion kontrollieren beziehungsweise die Wirksamkeit der anderen Medikamente (z. B. Antidiabetika, Gerinnungshemmer) überprüfen.

Darüber hinaus existieren zahlreiche Interaktionen mit weiteren Arzneimitteln, die sich nicht einfach durch einen zeitlichen Abstand regulieren lassen. Dazu gehören beispielsweise

  • Colestyramin (hemmen Resorption von T4),
  • Estrogene (Anstieg des Thyroxin-bindenden Globulins),
  • Phenytoin (erhöht hepatische T4-Clearance),
  • Furosemid (verdrängt T4 aus seiner Plasmabindung),
  • Antidiabetika (T4 kann die blutzuckersenkende Wirkung reduzieren) oder
  • orale Antikoagulantien (können durch T4 aus ihrer Plasmaeiweißverbindung verdrängt werden). 

Dementsprechend muss der Arzt die Schilddrüsenfunktion regelmäßig kontrollieren und eventuell die Thyroxin-Dosis anpassen beziehungsweise den Blutzuckerspiegel oder die Blutgerinnung konsequent überprüfen, damit er die Dosis der Antidiabetika gegebenenfalls erhöhen und die Dosis des Antikoagulans senken kann.

Gode Chlond, Apothekerin


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