Kleines Organ mit großer Wirkung
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01. März 2023
Symptome einer Hypothyreose
Häufiger liegt eine Hypothyreose vor, bei der das Organ nicht genügend Schilddrüsenhormone produziert. Folge ist ein Mangel an Schilddrüsenhormonen, wodurch sich der Stoffwechsel verlangsamt.
Betroffene sind
- müde,
- antriebslos und unkonzentriert,
- frieren schnell,
- leiden unter Verstopfung,
- haben trockene Haut, Haarausfall und brüchige Nägeln,
- verlieren ohne erkennbaren Grund an Körpergewicht,
- fallen durch ein aufgedunsenes Gesicht auf.
Bei Frauen können Zyklusstörungen bis hin zur eingeschränkten Fertilität auftreten. Generell sind Frauen und ältere Menschen häufiger betroffen.
Europaweit liegt bei circa fünf Prozent der Bevölkerung ein Schilddrüsenhormonmangel vor, in Deutschland geht man von bis zu zehn Prozent aus.
Oft werden die Beschwerden lange Zeit nicht wahrgenommen oder fehlgedeutet. Vor allem ältere Patienten interpretieren sie als normale Alterserscheinungen. Die Diagnose einer Hypothyreose stellt häufig einen Zufallsbefund dar. Bei der Kontrolle der Blutwerte fällt die Unterfunktion durch einen erhöhten TSH-Wert auf. Der Körper versucht, mit der verstärkten TSH-Produktion der Hypothyreose entgegenzuwirken und schafft es vorübergehend, fT3 und fT4 im Referenzbereich zu halten.
Ursachen einer Hypothyreose
Verschiedene Ursachen können eine Hypothyreose bedingen. Am häufigsten liegt ihr eine Fehlsteuerung des Immunsystems zugrunde, eine Hashimoto-Thyreoiditis. Seltener wird eine Unterfunktion durch einen ernährungsbedingten Jodmangel ausgelöst und noch viel seltener führen Medikamente (z. B. Amiodaron), eine operative Entfernung der Schilddrüse oder eine Strahlentherapie zur Hypothyreose.
Auch eine angeborene Schilddrüsenunterfunktion kommt heute nur noch vereinzelt vor. Ungefähr eines von 3500 Neugeborenen leidet an einer angeborenen Hypothyreose. Durch Fehlentwicklungen der lebenswichtigen Hormondrüse können nicht genügend oder gar keine Schilddrüsenhormone produziert werden.
Da die Erkrankung unbehandelt Entwicklungsstörungen nach sich zieht, findet zwischen dem fünften und siebten Tag nach der Geburt ein Neugeborenen-Screening statt, bei dem aus dem Fersenblut der TSH-Wert bestimmt wird.
Sonderfall: Hashimoto-Thyreoiditis
Bei der Autoimmunerkrankung wandern großen Mengen weißer Blutkörperchen (Lymphozyten) in das Gewebe der Schilddrüse ein und stellen irrtümlicherweise Antikörper her, die sich gegen das körpereigene Schilddrüsengewebe richten. Durch die Autoimmunreaktion entwickelt sich eine chronische Entzündung im Schilddrüsengewebe, die medizinisch als Thyreoiditis bezeichnet wird.
Diese trägt den Beinamen Hashimoto nach dem japanischen Arzt Hakaru Hashimoto, der die Erkrankung 1912 zuerst beschrieb. In seltenen Fällen tritt ein Hashimoto noch mit weiteren Autoimmunkrankheiten gemeinsam auf (z. B. Glutenunverträglichkeit, Vitiligo, Diabetes mellitus Typ 1).
Die fehlerhafte Antikörperproduktion scheint genetisch begründet zu sein, denn häufig liegt eine positive Familienanamnese vor. Eine direkte Vererbung der Hashimoto-Thyreoiditis ist jedoch nicht bekannt. Zudem werden beispielsweise Infektionen (z. B. schwere Virusinfektionen), Jodbelastungen (u.a. durch Medikamente), Phasen der hormonellen Umstellung (z. B. Pubertät, Absetzen der Pille, Geburt, Wechseljahre) oder psychischer Stress als Ursachen diskutiert.
Die Erkrankung kann in jedem Alter auftreten, wobei die Wahrscheinlichkeit mit dem Alter ansteigt. Zumeist manifestiert sie sich zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr, bei Frauen zehnmal häufiger als bei Männern. Die Angaben zum Anteil der Hashimoto-Erkrankten schwanken. Sie werden für Deutschland zwischen zwei und zehn Prozent angegeben.
Erst Hyper- dann Hypothyreose
Die Thyreoiditis geht mit einer Zerstörung der Schilddrüse einher, wodurch es zu Beginn der Erkrankung zur Freigabe der darin gespeicherten Schilddrüsenhormone kommt. Dadurch kann sich zunächst eine (Zerfalls-)Hyperthyreose einstellen. Die Betroffenen klagen über typische Symptome einer Überfunktion, beispielsweise über Gewichtsverlust, Nervosität, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, abnehmende Leistungsfähigkeit, Tachykardie und Haarausfall.
Allerdings bringen viele ihre Beschwerden nicht mit Funktionsstörungen der Schilddrüse in Zusammenhang. Von Frauen werden sie vielmehr häufig als Wechseljahresbeschwerden abgetan. Im weiteren Verlauf der Erkrankung wird so viel Gewebe zerstört, dass es der Schilddrüse nicht mehr möglich ist, genügend Hormone zu produzieren. Das führt zunächst zu einer latenten und letztendlich zu einer manifesten Hypothyreose, die sich schließlich mit den typischen Symptomen einer Unterfunktion bemerkbar macht.
Diagnose einer Hashimoto-Thyreoiditis
Diagnostiziert wird eine Hashimoto-Thyreoiditis über die Blutwerte und eine sonografische Untersuchung der Schilddrüse. Zu Anfang stellt sich das Organ häufig vergrößert dar, im weiteren Verlauf der Erkrankung wird die Schilddrüse durch die Gewebezerstörung immer kleiner (atrophe Verlaufsform).
Im Ultraschall erscheint bei einer Hashimoto-Thyreoiditis das Gewebe dunkler (echoarm), zudem ist es unregelmäßig und wabenartig in der Struktur. Entzündete Areale werden in der Dopplersonografie durch eine verstärkte Durchblutung des Schilddrüsengewebes sichtbar.
Bei den Blutwerten fallen nicht nur erhöhte TSH-Werte und später erniedrigte Schilddrüsenhormone auf. Zudem können für die Hashimoto-Thyreoiditis typische Schilddrüsenantikörper gefunden werden. Bei 70 Prozent der Patienten ist der Thyreoglobulin-Antikörper (TAK) und bei 90 Prozent der Schilddrüsenperoxidase-Antikörper (TPO-AK) erhöht.
Der TAK adressiert das Eiweiß Thyreoglobulin, das für die Biosynthese und Speicherung der Schilddrüsenhormone benötigt wird. TPO-AK richten sich gegen das Enzym Thyreoperoxidase (TPO), das für den Aufbau der Schilddrüsenhormone notwendig ist. Auch wenn sich die Antikörper nicht immer nachweisen lassen, schließt ihr Fehlen nicht automatisch eine Hashimoto-Thyreoiditis aus.
Ein Vorliegen von Antikörpern lässt aber umgekehrt nicht unbedingt auf die Krankheitsaktivität rückschließen, da die Schilddrüsenfunktion und die Höhe der Antikörper nicht immer im ursächlichen Zusammenhang miteinander stehen. Antikörperwerte sind im Verlauf oft sehr wechselhaft. Daher bedeuten hohe Antikörperwerte nicht zwingend eine starke Unterfunktion und umgekehrt. Allerdings scheinen besonders hohe TAK-Werte mit der Aktivität der Erkrankung zu korrelieren.