Schilddrüse
PTA-Fortbildung

Kleines Organ mit großer Wirkung

Sie ist klein und unscheinbar, dennoch für den Körper unverzichtbar. Die Rede ist von der Schilddrüse, der größten Hormondrüse des Menschen, die mehr oder weniger alle körperlichen Funktionen regelt.

20 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. März 2023

Hypothyreose durch Jodmangel

Zwar nicht so häufig wie ein Hashimoto, aber in der Bevölkerung oftmals bekannter, ist eine Jodmangel-induzierte Hypothyreose. Vor vierzig Jahren war ein Jodmangel in Deutschland noch so stark verbreitet, dass er als häufigste Ursache für die Ausbildung von Funktionsstörungen der Schilddrüse galt. Jahrzehntelange Aufklärungskampagnen und der verstärkte Einsatz von jodiertem Speisesalz in der Gastronomie und Lebensmittelindustrie haben zu einer deutlich verbesserten Versorgung der Bevölkerung in Deutschland mit Jod geführt, sodass inzwischen nur noch in sehr seltenen Fällen eine Hypothyreose durch Jodmangel entsteht.

Allerdings zeigen neuere Erhebungen, dass die Jodversorgung der Bevölkerung in Deutschland heute wieder rückläufig ist. Demnach liegt die Jodversorgung von Erwachsenen derzeit im unteren optimalen Bereich. Als Ursache wird angenommen, dass ungefähr nur noch jeder dritte Lebensmittelhersteller jodiertes Speisesalz verarbeitet. 

Kropfbildung durch Jodmangel

Jod spielt bei der Bildung von Schilddrüsenhormonen eine Schlüsselrolle, da die Schilddrüse das essenzielle Spurenelement für die Hormonsynthese benötigt. Das Spurenelement gelangt als Jodid aus dem Blut in die Schilddrüse und wird dort zu elementarem Jod oxidiert und gespeichert. Ist zu wenig Jod in der Nahrung vorhanden, kann die Schilddrüse die jodhaltigen Schilddrüsenhormone nicht mehr in ausreichender Menge herstellen.

Sie beginnt, das wenige zur Verfügung stehende Jod und die damit einhergehende geringe beziehungsweise ausbleibende Hormonproduktion von T4 und T3 zu kompensieren, indem sie Wachstumsfaktoren ausschüttet und wächst. Zunächst lässt sich eine vergrößerte Schilddrüse nur ertasten, später wird sie auch äußerlich sichtbar, was den medizinischen Terminus Struma trägt und im Volksmund als Kropf bezeichnet wird.

Zu Beginn macht eine Struma meist noch keine Beschwerden, da die Schilddrüse die Schilddrüsenhormone noch in ausreichender Menge herstellt und ausschüttet. Aufgrund der ausgeglichenen Stoffwechsellage spricht man dann von einer euthyreoten Struma.

Wächst der Kropf aber weiter, übt er Druck auf Speise- und Luftröhre aus, was sich bei den Betroffenen häufig durch ein Druck- und Kloßgefühl im Hals (Globusgefühl), einem unangenehmen Engegefühl beim Tragen von Krawatten oder Rollkragenpullovern, mit Schluckbeschwerden, Heiserkeit, chronischem Husten und Atemnot bemerkbar machen kann.

Jodmangel in der Schwangerschaft

Schwangere müssen besonders auf eine ausreichende Jodversorgung achten, denn bereits im Mutterleib braucht das Ungeborene Jod. Ab der 12. Schwangerschaftswoche nimmt die Schilddrüse des Fötus ihre Arbeit auf, das fetale TSH wird etwa ab der 19. Woche aktiv. Bereits ein leichter Jodmangel der Mutter führt zu einer gestörten Hirnreifung beim Ungeborenen und damit zu einem geistigen Defizit beim Säugling, da die fetale Hirnentwicklung auf eine ausreichende Konzentration an Schilddrüsenhormonen angewiesen ist.
Zudem ist das Wachstum des ungeborenen Kindes verzögert, ebenso die Knochen- und Lungenreifung und das Risiko für Tot- und Fehlgeburten ist erhöht. Die Kinder können bereits bei Geburt eine vergrößerte Schilddrüse (Neugeborenen-Struma) oder eine Hypothyreose aufweisen.

Empfohlene Jodzufuhr

Für Jugendliche und Erwachsene empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) eine tägliche Zufuhr von 180 bis 200 µg Jod, für Schwangere und Stillende 230 beziehungsweise 260 µg. In der Regel kann eine ausreichende Jodzufuhr mit dem Verzehr jodhaltiger Lebensmittel und der Verwendung von jodiertem Speisesalz sichergestellt werden.

Die DGE empfiehlt daher ein- bis zweimal Seefisch in der Woche zu essen und bei der Zubereitung der Speisen immer Jodsalz zu verwenden. Zudem sollten vorzugsweise Brot, Backwaren, Käse, Fleisch- und Wurstwaren sowie Fertigprodukte, die mit Jodsalz hergestellt wurden, verzehrt werden. Zu beachten ist, dass die Jodgehalte in der Milch zwischen minimal 20 µg/Liter in Biomilch und bis zu 200 µg/Liter in konventioneller Milch betragen. 

Ausnahme ist die Schwangerschaft und Stillzeit. In dieser besonderen Zeit empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) nach Rücksprache mit dem Arzt zusätzlich Tabletten mit 100 bis 150 µg Jod zu supplementieren, da sich der höhere Bedarf an Jod in der Schwangerschaft meist nicht allein durch eine jodreiche Ernährung sowie jodiertem Speisesalz im gefordertem Maß decken lässt.

Die Einnahme sollte möglichst schon vor der Schwangerschaft begonnen und bis zum Ende der Stillzeit beibehalten werden. Schwangere mit einer Schilddrüsenerkrankung müssen sich individuell von ihrem Arzt beraten lassen. Während Schwangere mit einem aktiven Morbus Basedow mit Überfunktion kein Jod einnehmen sollen, wird schwangeren Hashimoto-Patienten in der Regel geraten, ihre Jodzufuhr zu erhöhen. 

Ebenso kann eine mit dem Arzt abgestimmte Jodsubstitution bei Personen mit einer Nahrungsmittelunverträglichkeit (z. B. Lactoseintoleranz, Fisch-, Kuhmilchallergie) oder bei Vegetariern oder Veganern notwendig sein, wenn diese zu wenig jodhaltige Nahrungsmittel verzehren.

Auswirkungen eines Jodmangels

Besteht ein Jodmangel für längere Zeit, vermehren sich die Schilddrüsenzellen allmählich und es entstehen im Gewebe Verdichtungen, die als Knoten und die Struma entsprechend als Struma nodosa (lat. Nodus = Knoten) bezeichnet werden. Bei einer Struma multinodosa wird die ganze Schilddrüse von mehreren Knoten durchzogen. Typische Symptome sind Heiserkeit und Schluckbeschwerden, die häufig vom Betroffenen als „Kloß im Hals“ beschrieben werden.

Bei den Knoten wird zwischen heißen und kalten Knoten unterschieden. Heiße Knoten bilden unkontrolliert ohne entsprechendes Signal der Hypophyse Schilddrüsenhormone und sind in der Regel gutartig (autonome Adenome). Sie müssen regelmäßig ärztlich kontrolliert werden, da sich durch die übermäßige Produktion von Schilddrüsenhormonen langfristig eine Hyperthyreose ausbildet, die behandelt werden muss.

Davon abzugrenzen sind kalte Knoten. Diese entwickeln sich häufiger, sind funktionslos und produzieren somit keine Hormone. Aber auch kalte Knoten erfordern eine regelmäßige Kontrolle und unter Umständen eine Therapie, denn sie können ungebremst wachsen und in seltenen Fällen bösartig entarten (das maligne Risiko liegt circa bei einem Prozent). Zudem behindern sie den Stoffwechsel und können damit zu einer verminderten Jodaufnahme führen. 

Um herauszufinden, um welche Art von Knoten es sich handelt, wird eine Szintigraphie durchgeführt, bei der radioaktiv markierte Stoffe in den Körper eingebracht werden. In der Regel bekommt der Betroffene das Technetium-Isotop 99mTc intravenös gespritzt. Dieses Isotop reichert sich in der Schilddrüse in unterschiedlichem Maße an, wobei heiße Knoten mehr Technetium aufnehmen.

Leuchten Bereiche der Schilddrüse in warmen Farben wie rot oder gelb, spricht dies für einen heißen Knoten. Sind die Farben eher kalt, also blau oder violett, handelt es sich um einen kalten Knoten. Um die Bösartigkeit von Knoten auszuschließen oder zu belegen, erfolgt eine Gewebeentnahme (Biopsie) mithilfe einer feinen Nadel (Feinnadelpunktion). 

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