Klappt’s oder klappt’s nicht?
17 Minuten
01. Juli 2022
Viel mehr als nur Schmerzen Zu den allgemeinen Symptomen von Venenerkrankungen zählen neben schweren, müden Beinen, die meist abends auftreten, auch ein Kribbeln oder Brennen. Manche berichten auch von einem unangenehmen Spannungsgefühl in den Beinen, das häufig auf Stauungen und Wasseransammlung im Gewebe zurückzuführen ist.
Manchmal spüren Betroffene auch heiße Füße, die brennen und jucken können, oder sie klagen über Wadenkrämpfe. Das Schmerzgefühl erstreckt sich über das ganze Bein und ist nicht nur auf eine bestimmte Stelle fixiert. Gerade im Zusammenhang mit Krampfadern oder Beinschwellungen kommt es gelegentlich entlang einer Krampfader zu Verfärbung der Haut.
Treten Hämatome, also blaue Flecke, ohne vorherig traumatische Verletzungen auf, sind sie ein deutlicher Hinweis auf eine Venenerkrankung. Möglich ist ein Farbenspiel der Haut von blau und grün über gelb bis hin zu braun. Eventuell können auch verhärtete Stellen auftreten. Während der Menstruation, in der Schwangerschaft oder durch Hitze können sich die Symptome verstärken.
Typisch für eine Venenentzündung sind neben Rötungen der Haut eine starke Überwärmung des Areals und ein harter Venenstrang mit knötchenartigen Verdickungen, dazu erhöhte Druckempfindlichkeit, Schwellungen und Schmerzen. Das typische Symptom einer tiefen Venenthrombose ist ein ziehender, einseitiger Wadenschmerz, der sehr einem Muskelkater ähnelt.
Häufig verspüren die Erkrankten eine Überwärmung und eine gewissen Schwere das gesamte Bein betreffend. Beim Verdacht auf eine Venenentzündung oder gar einer Venenthrombose müssen Sie den Betroffenen dringend zu einem raschen Arztbesuch raten.
Besenreiser Bei Besenreisern handelt es sich um eine Unterform der Krampfadern, die aber als eher harmlos gilt und somit mehr als kosmetisches Problem angesehen wird. Bevorzugte Stelle für Besenreiser ist der Oberschenkel. Die sehr feinen, kleinen Venen sind erweitert. Sie sind als feines, spinnennetzartiges Geflecht direkt unter der Haut liegend erkennbar.
Manchmal wirken sie wie ein blauer Fleck, schimmern rötlich oder bläulich und werden selten von Schmerzen oder einem Wärmegefühl begleitet. In den meisten Fällen ist eine genetische Disposition der Grund für die Ausprägung von Besenreisern. Sie treten mit zunehmendem Alter häufiger auf. Kommen sie vermehrt, großflächig oder auch schon in jüngeren Jahren vor, können sie auf Erkrankungen der tieferliegenden Venen hinweisen, was ärztlich abzuklären ist.
Auch wenn sich die bläulich-violetten Venen nur als kosmetisches Problem herausstellen, ist es möglich, diese zu behandeln. Nach erfolgter Ultraschalluntersuchung zur genauen diagnostischen Abklärung des Ausprägungsgrades stehen beim Phlebologen (Spezialist für Venen) drei mögliche Behandlungsverfahren zur Verfügung. Sie werden ohne Betäubung und ambulant durchgeführt.
Hin und wieder ist es erforderlich, dass die Behandlung wiederholt werden muss. Empfohlen wird im Anschluss daran das vorübergehende Tragen von Kompressionsstrümpfen.
Sechs Schweregrade der Varikose
Wer international oder wissenschaftlich die Varikose beschreibt, verwendet dazu die CEAP-Definition. Der Begriff stammt aus dem Englischen und ist eine Abkürzung für „Klinischer Befund“ (C = clinical condition), „Ätiologie“ (E=etiology), „Lokalisation“ (A=anatomic location) und „Pathophysiologie“ (P=pathophysiology). Im Stadium C0 gibt es keine sichtbaren Anzeichen einer Venenerkrankung. Im Stadium C1 sind bereits Besenreiser sichtbar.
Eine Varikose ohne klinische Anzeichen einer chronisch venösen Insuffizienz liegt in Stadium C2 vor. Das Stadium C3 ist eine Varikose mit Ödembildung, C4 mit trophischen Hautveränderungen, C5 mit abgeheiltem und C6 mit einem florierenden Ulcus. Ein Ulcus cruris venosum ist somit also die schwerste Form des Venenleidens.
Krampfadern Die medizinischen Fachbegriffe für Krampfadern sind Varizen. Das Krampfaderleiden wird als Varikose bezeichnet. Hier ist der Gefäßverlauf knotenartig verdickt, häufig bläulich-violett verfärbt und die Vene deutlich erweitert. Es kommt zur Ausbildung von Krampfadern, wenn zu einer Bindegewebsschwäche zusätzlich eine Insuffizienz der Venenklappen auftritt. Dies führt zum Rückfluss des Blutes, zu Stauung in den Blutgefäßen und einer Überdehnung der Venen.
Es entstehen die sogenannten primären Krampfadern. Wesentlich seltener ist die Ausbildung von sekundären Krampfadern, die auf eine erworbene Erkrankung wie zum Beispiel eine Thrombose zurückgehen. Aufgrund dieser Vorerkrankungen kommt es zur starken Einschränkung des Blutabflusses in den tiefen Venen, sodass sich das Blut Ersatzwege über die oberflächlichen Venen sucht.
Die physikalischen oder konservativen Therapiemaßnahmen werden hier als erstes versucht. Darunter fallen Kalt-Warm-Güsse, Wassertreten oder Barfußgehen und eine spezielle Venengymnastik. Parallel sollen Kompressionsstrümpfe getragen werden. Möglich ist auch, wie bei Besenreisern, eine Laser- und Sklerotherapie.
Wie kommt es zu Ödemen?
Venenerkrankungen bahnen sich langsam über Jahre an. Wenn die Venenklappen nicht mehr korrekt schließen und die Waden-Muskel-Pumpe wegen mangelnder Bewegung nicht genug betätigt wird, dann kann das Blut nicht optimal nach oben transportiert werden. Dadurch lastet ein zu hoher Druck auf den Beinvenen, der sich bis in die kleinen Venen, die Kapillargefäße, überträgt.
Durch den Druck tritt Flüssigkeit durch die Gefäßwand in das umliegende Gewebe über. Es bilden sich sogenannte Phlebödeme. Die langfristige Folge ist, dass auch die Venen selbst nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt werden und nach und nach ihre Funktion verlieren – die Veneninsuffizienz schreitet fort.
Chronisch-venöse Insuffizienz Bei einer CVI kommt es dauerhaft zu einer Minderdurchblutung von Teilen des Unterschenkels und der Füße des Patienten. Es treten krankhafte Veränderungen an Blutgefäßen sowie Bindegewebe auf, die Hautoberfläche verfärbt sich dunkelblau-violett-braun. Im letzten Stadium der CVI kann sich ein Ulcus cruris entwickeln. Diese offene Wunde heilt sehr schlecht ab. Die Abheilraten liegen nur zwischen 66 und 90 Prozent nach dreimonatiger Behandlung und die Rezidivrate ist hoch.
Spannungsgefühl oder Kribbeln in Beinen und Füße können auf Varikosen hinweisen.
Venenentzündung Entzündet sich nur ein kleiner Abschnitt einer oberflächlichen Beinvene, wird dafür der medizinische Fachausdruck Thrombophlebitis oder Venenentzündung verwendet. Der Körper reagiert an der entzündeten Stelle mit seinem speziellen Heilungsmechanismus, was zur Bildung von kleinsten Blutgerinnseln führen kann. Hierbei ist der Blutfluss in den tiefen Beinvenen meist nicht eingeschränkt.
Krampfadern oder Venen, in denen sich bereits eine Thrombose ereignet hatte, sind durch ihre Vorschädigung aber besonders anfällig. Zusätzlich zu den bereits erwähnten Risikofaktoren kann als Auslöser besonders bei jungen Erkrankten eine verstärkte Neigung sein, Thrombosen zu entwickeln. Die Betroffenen leiden dann unter einer Thrombophilie.
In allen Altersgruppen, vermehrt aber bei älteren Patienten, sind auch Malignome, also bösartige Tumoren, eine mögliche Ursache. Bei einer Venenentzündung der oberflächlichen Venen helfen neben kühlenden Maßnahmen eventuell Salben mit entzündungshemmenden Wirkstoffen sowie eine konsequente Kompressionstherapie. Leichte Bewegung, falls möglich, unterstützt den Heilungsprozess.
Ebenso ist die systemische Behandlung mit analgetisch und antiphlogistisch wirkenden Subtanzen wie Ibuprofen oder Diclofenac empfehlenswert. Falls auch tiefe Venen betroffen sind, sollte zur Thromboseprophylaxe heparinisiert werden.
Venenthrombose Allgemein kommt es bei einer Thrombose durch ein Blutgerinnsel, einem sogenannten Thrombus, zum Gefäßverschluss, sodass dahinterliegendes Gewebe nicht weiter mit Blut und Sauerstoff versorgt werden kann. Dies kann sowohl oberflächliche als auch tiefe Beinvenen betreffen. Besonders gefährlich ist eine Thrombose in den Beckenvenen. Sollte ein Thrombus dann im Blutgefäßsystem weiter wandern – er wird jetzt als Embolus bezeichnet – und an einer anderen Stelle zum Verschluss größerer Gefäße führen, ist die Emboliegefahr groß. Es drohen Herzinfarkt, Schlaganfall (Apoplex) und Lungenembolie.
Patienten mit einer akuten Bein- und Beckenvenenthrombose haben häufig Angst, dass sich der Thrombus durch die Bewegung der Beine lösen und zur Lungenembolie führen könnte. Früher war das tatsächlich die gängige Meinung der Experten. Patienten durften möglichst nicht aufstehen. Heute gilt diese Meinung in den meisten Fällen als veraltet. Stattdessen wird ein gezieltes Gehtraining empfohlen.
Dadurch steigt die Gefahr der Lungenembolie nicht, aber man wirkt dem Abbau der Muskulatur entgegen und die Venen-Muskel-Pumpe wird weiter aktiviert. Es gibt drei signifikante Ursachen für das Entstehen einer Venenthrombose: Gefäßwandschädigung, verlangsamte Blutströmung und veränderte Blutgerinnung. Im Alltag können stumpfe Verletzungen, wie Prellungen oder Quetschungen, bereits zur Schädigung von Gefäßwänden führen.
Beim Zusammenpressen des Gewebes kommt es zum Reißen der kleinsten Blutgefäße, das Blut tritt ins Gewebe aus und es bildet sich ein Hämatom oder Bluterguss. Auch bei Operationen werden Gefäße verletzt. Gefäßwandschäden treten in höherem Alter häufiger auf oder können auch durch Infektionen ausgelöst werden. Eine verlangsamte Strömungsgeschwindigkeit des Blutes kann unterschiedliche Auslöser haben. Ausgeprägte Krampfadern und Übergewicht gehören zu den typischen Vertretern.
Ein Thrombus in der Beckenvene ist besonders gefährlich. Er kann sich lösen und an anderer Stelle Gefäße verstopfen.
Aber auch immer dann, wenn die Bewegung vermindert ist, also bei Bettlägerigkeit, mangelnder Bewegungsfähigkeit, Bewegungsmangel, Immobilsierung durch Gipsverbände oder auf langen Flugreisen ist das der Fall. Denkbar ist eine Drosselung der Fließgeschwindigkeit auch als Folge einer Herzinsuffizienz oder bei Herzrhythmusstörungen. Bei einer Hyperkoagulabilität, also einer beschleunigten Blutgerinnung, ist das Gleichgewicht zwischen blutgerinnungsfördernden und -hemmenden Maßnahmen im Organismus gestört.
Das Blut gerinnt schon bei geringsten Anlässen. Dies kann infolge einer Operation, durch hohe Glucocorticoidspiegel, bei hormonellen Umstellungen (Schwangerschaft, Menopause) oder Therapien mit Estrogen- und Gestagenpräparaten der Fall sein. Tumoren bei Krebserkrankungen fördern ebenso die Blutgerinnung. Möglich sind auch angeborene Blutgerinnungsstörungen.
Das Risiko steigt mit zunehmendem Alter, bei Infekten, Fieber oder Entzündungen. Ultraschalluntersuchungen und verschiedene Bluttests, die Blutgerinnsel anzeigen können, werden zur Diagnose herangezogen. Die Therapie einer Venenthrombose richtet sich nach dem Zeitpunkt der Diagnosestellung und ihrem Schweregrad.
In der Frühphase kommen Heparin oder häufiger die modernen DOAK (direkte orale Antikoagulanzien) wie Apixaban, Edoxaban oder Rivaroxaban kombiniert mit einer Kompressionstherapie zum Einsatz. Moderate Bewegung ist in jedem Fall sehr zu empfehlen. Ist die Gefahr einer Embolie gegeben, kann eine Lysetherapie, die nur in einer entsprechenden Klinik möglich ist, durchgeführt werden.