Immer gut versorgt?
20 Minuten
- 1Einleitung
- 2Mangel bei Kindern
- 3Mangel in Schwangerschaft & Stillzeit
- 4Weitere Risikogruppen
- 5Fortbildung
01. April 2022
Vitamine sind lebensnotwendige organsche Nährstoffe, die der Organismus zur Bewältigung vielfältiger Aufgaben benötigt. Sie sind als Coenzyme an fast allen Stoffwechselprozessen maßgeblich beteiligt, stärken das Immunsystem oder bauen Zellen, Blutkörperchen, Knochen und Zähne auf. Da der Körper sie nicht selber synthetisieren kann, müssen sie ihm regelmäßig mit der Nahrung zugeführt werden. Vitamin D stellt eine Ausnahme dar. Es wird unter Sonnenlichtexposition endogen in der Haut synthetisiert.
Zudem ist der Körper auf die Zufuhr anorganischer Substanzen angewiesen. Es sind die Mineralstoffe, die ebenfalls für den ungestörten Ablauf vieler Stoffwechselprozesse wichtig sind. Sie regulieren den Wasser- und Elektrolythaushalt, Gefäßtonus und Säure-Basenhaushalt, spielen bei der Reizübertragung im Nervensystem, der Muskelkontraktion sowie der Mineralisierung von Knochen und Zähnen oder bei der Blutgerinnung eine Rolle. Andere sind als Cofaktoren für die Aktivierung von Enzymen oder für die Funktionsfähigkeit des Immunsystems unerlässlich, an antioxidativen Zellschutzsystemen sowie bei der Blutbildung essenziell.
LERNZIELE
Lernen Sie in dieser von der Bundesapothekerkammer akkreditierten Fortbildung
+ die Grundlagen zu einzelnen Vitaminen und Mineralstoffen,
+ Risikogruppen kennen, bei denen die Gabe von Supplementen sinnvoll sein kann,
+ welche Mikronährstoffe zur Nahrungsergänzung bei ausgewählten Risikogruppen empfohlen werden und
+ was Sie bei der Abgabe von Vitamin-Supplementen beachten müssen.
Fett- und wasserlösliche Vitamine Vitamine werden nach ihren physikalischen Eigenschaften in fett- und wasserlösliche Vitamine unterteilt. Fettlösliche Vitamine, zu denen die Vitamine A, D, E und K zählen, werden nur zusammen mit Fett aufgenommen, sie gelangen in Form von Mizellen in den Körper. Bei ihnen tritt selten ein Mangel auf, da sie im Fettgewebe über einen längeren Zeitraum gespeichert werden. Eine Zufuhr hoher Mengen kann jedoch bei einer Überdosierung Vergiftungserscheinungen hervorrufen, weil sie nicht einfach ausgeschieden werden können. Diese Gefahr besteht bei den wasserlöslichen Vitaminen (B-Vitamine, Vitamin C) nicht. Der Körper wird einen Überschuss schnell wieder über den Urin los (Ausnahme: Vitamin B12). Dafür kann sich eine mangelnde Zufuhr der wasserlöslichen Vitamine schneller negativ bemerkbar machen.
Mengen- und Spurenelemente Mineralstoffe werden entsprechend ihrer Konzentration im Körper in Mengen- und Spurenelemente eingeteilt. Mengenelemente liegen in einer Konzentration > 50 Milligramm (mg) pro Kilogramm (kg) Körpergewicht (KG) vor. Dazu zählen die Metalle Natrium, Kalium, Magnesium und Calcium sowie die Nichtmetalle Chlor, Phosphor und Schwefel. Spurenelemente, also Eisen, Jod, Zink, Fluor, Kup- fer, Chrom, Arsen, Mangan, Molybdän, Nickel, Selen, Silicium, Zinn, Vanadium und Kobalt, finden sich in Konzentrationen < 50 mg/kg KG.
Mikrobedarf Vitamine und Mineralstoffe werden unter dem Begriff Mikronährstoffe zusammengefasst, da sie vom menschlichen Körper nur in geringen Mengen im Bereich von Mikro- oder Milligramm benötigt werden. Große Zufuhrmengen auf einmal sind nicht nur wegen eingeschränkter Reservekapazitäten oder der Gefahr einer Überdosierung ungünstig. Zudem besteht für die meisten wasserlöslichen Vitamine eine aktive Resorption mit Sättigungskinetik, sodass bei zunehmender Dosierung die Resorptionsrate der Vitamine abnimmt. Darüber hinaus können hohe Einzeldosen (z. B. von Vitamin C und B1) zu einer tubulären Rückresorption und damit zu einer überhöhten Ausscheidung führen.
Risikogruppen erkennen Wie repräsentative Studien zeigen, gelingt es den meisten Menschen in Deutschland, sich ausreichend mit den notwendigen Mikronährstoffen alimentär, also über die Nahrung, zu versorgen. Bei der Mehrzahl werden die Referenzwerte der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für die Zufuhr im Mittel erreicht oder sogar überschritten. Dennoch gibt es Ausnahmen und in speziellen Situationen kann die Gabe von Supplementen notwendig sein.
Vor allem ist die Versorgung einiger Mikronährstoffe in bestimmten Altersgruppen (z. B. Neugeborene, Säuglinge, Senioren) kritisch. Ihnen wird ebenso wie Frauen, die schwanger werden wollen oder könnten sowie Schwangeren und Stillenden zu einer Supplementierung ausgewählter Mikronährstoffe geraten. Aber auch bereits Kinder und Jugendliche nehmen teilweise zu wenig der erforderlichen Vitamine und Mineralstoffe mit der Ernährung auf, was auf einen zu geringen Verzehr pflanzlicher Nahrung und zu viel an fettreicher tierischer Kost zurückgeführt wird.
In allen Altersstufen können einseitige Ernährungsformen (z. B. vegane Ernährung, langfristige und unausgewogene Reduktionsdiäten), Unverträglichkeiten (z. B. auf Gluten, Fructose, Lactose) sowie chronischer hoher Alkohol- und Tabakkonsum die Versorgung mit Mikronährstoffen gefährden. Aber auch Wachstumsphasen können ebenso wie Leistungssport eine Supplementierung erforderlich machen.
Vollwertig ernähren Um dem Bedarf eines gesunden Körpers an Mikronährstoffen hinreichend zu decken, empfiehlt die DGE eine vollwertige Ernährung mit einem hohen Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln. Diese sollte vor allem abwechslungsreich sein. Obst und Gemüse sollten ebenso wie Vollkornprodukte bevorzugt auf dem Speiseplan stehen. Tierische Lebensmittel (fettarme Milch und Milchprodukte, Fisch und Fleisch) ergänzen die Lebensmittelvielfalt. Die Lagerung und Zubereitung der Nahrung muss sorgfältig und schonend erfolgen, um einer Zerstörung der licht- und hitzeempfindlichen Vitamine entgegenzuwirken.
Defizite ausgleichen In der Realität werden die Ernährungs- empfehlungen allerdings nicht immer von allen berücksichtigt. Folsäure lässt sich beispielsweise prinzipiell nur sehr schwer alimentär in ausreichender Menge zuführen, sodass für dieses Vitamin bei einem Großteil der Bevölkerung aller Altersstufen selbst bei geschickter Nahrungsmittelzufuhr Versorgungslücken bestehen. Vitamine, deren Aufnahme häufig ungenügend ist, werden als kritische Vitamine bezeichnet.
Ein echter Vitaminmangel, aus dem klinisch manifeste Mangelerkrankungen resultieren, ist in Deutschland allerdings selten. Das hat schon die im Jahre 2008 durchgeführte Nationale Verzehrsstudie II bestätigt. Dennoch lassen sich bei einigen Mikronährstoffen eine latente Unterversorgung und somit Mangelzustände beobachten, die sich durch unspezifische Symptome (z. B. erhöhte Infektanfälligkeit, Müdigkeit, Konzentrationsschwäche) bemerkbar machen. Daher ist in bestimmten Fällen die Gabe von Supplementen sinnvoll. Zumeist ist die erforderliche Dosis individuell zu ermitteln, was letztendlich nur unter Berücksichtigung laborgesicherter Blutspiegel möglich ist.
Mitunter existieren von den Fachgesellschaften auch generelle Dosierungsempfehlungen, auf die Sie bei der Beratung in der Apotheke zurückgreifen können. Fachleute betonen aber immer wieder, dass sich ein ungünstiges Ernährungsverhalten nicht durch Einnahme von Supplementen ausgleichen lässt, da die Präparate Obst und Gemüse nicht ersetzen können. Vitamine und Mineralstoffe werden aus der Nahrung besser aufgenommen und verstoffwechselt. Noch dazu enthalten die Lebensmittel, im Gegensatz zu Supplementen, neben Mikronährstoffen noch viele weitere bioaktive Substanzen, die alle in ihrer Gesamtheit eine positive Wirkung auf die Gesundheit ausüben.