Herzgesundheit
PTA-Fortbildung

Herzenssache

Ein einfacher Muskel gibt im menschlichen Körper den Takt vor. Wenn das Herz nicht mehr schlägt, ist das Leben vorbei. Die Funktionen des Herzens zu verstehen, ist Grundlage für Prävention und Behandlung von kardiovaskulären Erkrankungen.

16 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. September 2021

Calciumantagonisten Der Blutdruck wird auch durch den peripheren Gefäßwiderstand bestimmt. Hier wirken Calciumkanalblocker, wie die Dihydropyridine Nifedipin, Amlodipin oder Lercanidipin. Sie hemmen oder reduzieren den Calciumeinstrom in die Zelle und wirken vasodilatierend, sodass der periphere Widerstand und der Blutdruck gesenkt werden. Wie Betablocker wirken Calciumantagonisten kardiodepressiv und reduzieren die Herzfrequenz und die Schlagkraft. Insbesondere Amlodipin und Lercanidipin sind häufig in der Kombinationstherapie bei Hypertonie zu finden.

Verapamil und Diltiazem werden eher bei Herzrhythmusstörungen eingesetzt, da sie die Erregungsweiterleitung am Herzen vermindern. Dihydropyridine, Verapamil und Diltiazem sind CYP-3A4-Inhibitoren und interagieren zum Beispiel mit Simvastatin oder anderen Arzneistoffen, die über CYP 3A4 metabolisiert werden. Amlodipin sollte bei Dosierungen von Simvastatin über 20 Milligramm aufgrund des Risikos für Myopathien möglichst vermieden werden – oder es sollte ein Wechsel auf ein Statin mit geringerem Interaktionspotenzial, wie Rosuvastatin, vorgenommen werden. Eine typische Nebenwirkung von Calciumantagonisten sind Knöchelödeme, die nicht mit Diuretika behandelt werden können.

Entwässerung Häufiger Kombinationspartner der Blutdrucktherapie sind Diuretika, die den Blutdruck über eine gesteigerte Natriumausscheidung und Entwässerung senken. Das Plasmavolumen wird reduziert und das Herz entlastet. Kurzfristig kompensiert der Körper diesen Effekt durch Erhöhung des peripheren Widerstands. Unter einer Dauertherapie stellt sich eine Normalisierung des Plasmavolumens ein, jedoch bleibt der Gefäßwiderstand auf einem niedrigeren Niveau als vor der Therapie. Zu den Diuretika zählen Thiazide, Schleifendiuretika, kaliumsparende Diuretika und Aldosteron/ Mineralocorticoid-Rezeptorantagonisten. Häufige Nebenwirkungen sind Elektrolytverschiebungen sowie Erhöhung der Harnsäure- und Glucosespiegel. Wichtige Wechselwirkungen sind zum einen mit NSAR und ACE-Hemmern/ Sartanen (Triple Whammy) möglich, sowie mit Wirkstoffen, die ebenfalls die Elektrolyte beeinflussen.

Phytopharmaka Patienten äußern immer wieder den Wunsch, selbst etwas für ihre Herzgesundheit zu tun. So fragen sie in der Apotheke nach Rat, welche pflanzlichen Mittel oder Mineralstoffpräparate zu empfehlen sind. Ein Klassiker aus der Pflanzenheilkunde ist der Weißdorn. Extrakte des Weißdorns sollen bei Herzschwäche die Kontraktionskraft des Herzens fördern und damit die Leistungsfähigkeit stärken. Auch antiarrhythmische Effekte werden den Inhaltsstoffen der Weißdornblätter mit Blüten nachgesagt. Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) der Europäischen Arzneimittelagentur spricht sich jedoch deutlich gegen einen Einsatz bei Herzinsuffizienz ab NYHA II aus. Auch wenn von der Einnahme nach derzeitigem Kenntnisstand kein besonderes Risiko ausgehe, bestehe bei der bisherigen Indikation das Risiko einer Fehlbehandlung bei einer Erkrankung, die einer klaren Diagnosestellung und Therapie bedürfe, so der Bericht des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).

INTERESSANT ZU WISSEN
+ Musik beeinflusst die Herzfunktion, der Rhythmus der Musik beschleunigt oder verlangsamt die Herzfrequenz.
+ Studien haben gezeigt, dass Herzschlag und Atmung von verliebten Paaren synchronisiert sind, auch wenn sie sich mit etwas Abstand gegenüberstehen.

Für zwei Indikationen zur traditionellen Anwendung gibt es aber nach wie vor eine Empfehlung: Zur symptomatischen Behandlung von zeitweiligen nervösen Herzbeschwerden wie Herzpochen, nach Ausschluss schwerwiegender Erkrankungen durch einen Arzt, und zur Linderung milder Stresssymptome sowie als Einschlafhilfe kann Weißdornextrakt empfohlen werden. Die Monografie bezieht sich dabei auf die Zubereitungen zerkleinerter oder gepulverter pflanzlicher Substanz, wässrige, methanolische oder ethanolische Trockenextrakte, ethanolische Flüssigextrakte und Presssäfte. Fazit ist hier, Weißdornextrakte können weiterhin in der Selbstmedikation angeraten werden, aber der Verdacht einer Herzinsuffizienz oder einer anderen Herzerkrankung sollte immer durch einen Arzt abgeklärt werden. Hier haben also PTA und Apotheker eine wichtige Verantwortung, die Grenzen der Selbstmedikation zu erkennen und wenn nötig auf den Arzt zu verweisen.

Mikronährstoffe Die Zufuhr an Mineralstoffen deckt der Mensch über seine Ernährung. Doch nicht jeder sorgt für eine vitamin- und mineralstoffreiche Ernährung. Kalium und Magnesium sind Mineralstoffe, die besonders wichtig sind für die Herzfunktionen. Geraten diese Mineralstoffe aus der Balance, zum Beispiel durch Durchfallerkrankungen oder Medikamente, die Elektrolytverschiebungen hervorrufen, besteht das Risiko für Rhythmusstörungen. Eine ausreichende Aufnahme sollte sichergestellt werden.

Kaliumspiegel kontrollieren Kalium reguliert den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt und ist beteiligt an der Erregungsbildung von Muskeln und Nerven. Es ist in vielen pflanzlichen und tierischen Produkten vorhanden. Besonders reich an Kalium sind Bananen, Aprikosen und Kartoffeln. Der Normbereich der angestrebten Kaliumspiegel liegt zwischen 3,6 und 4,8 Millimol/ Liter. Alte Patienten, die Medikamente einnehmen, welche den Kaliumwert beeinflussen, sollten mindestens zweimal pro Jahr eine Blutbildkontrolle vornehmen lassen. Eine Hypokaliämie ist genauso gefährlich wie eine Hyperkaliämie. Problematisch ist, dass die Symptome beider Zustände unspezifisch sind, die Patienten klagen über Müdigkeit, Unwohlsein und Muskelschwäche. Auch Magnesium ist wichtig für die Reizweiterleitung am Herzen. Es ist an der Muskelkontraktion beteiligt und an vielen weiteren Prozessen im Körper.

NICHTMEDIKAMENTÖSE MASSNAHMEN
+ Gewichtsreduktion
+ kochsalzarme Kost
+ regelmäßige Bewegung
+ Beendigung des Zigarettenrauchens
+ Vermeidung eines übermäßigen Alkoholkonsums
+ Stressvermeidung
+ Jährlicher Check-up beim Arzt

Magnesium ist zum Beispiel in Mineralwasser, Milchprodukten, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten enthalten. Im Gegensatz zu Kalium kann der Körper Magnesium im gewissen Maße in den Knochen speichern. Ein Magnesiummangel äußert sich zum Beispiel in Form von Wadenkrämpfen, Zittern, Migräne, Kopfschmerz, kann aber auch zur Entstehung von Herzrhythmusstörungen beitragen. Die empfohlene Tagesdosis von Magnesium beträgt etwa 300 bis 400 Milligramm. Menschen, die dauerhaft Protonenpumpenhemmer, zum Beispiel gemeinsam mit Diuretika, einnehmen müssen, haben ein erhöhtes Risiko für Magnesiummangel. Es gibt zur Substitution Mineralstoffpräparate, die in die Gruppe der diätetischen Lebensmittel fallen. Sie können ohne ärztliche Verordnung abgegeben werden.

Substitution in Absprache mit dem Arzt PTA und Apotheker sollten aber immer abfragen, ob eine Zufuhr wirklich nötig und sinnvoll ist. Gerade bei Patienten mit Herzerkrankungen sollte der Arzt in die Entscheidung einbezogen werden, da er die Laborwerte kennt. Ziel sollte eine optimale Versorgung an Elektrolyten sein, nicht zu viel und nicht zu wenig.

Angebote der Apotheke Apotheken sind die richtige Anlaufstelle für ein erstes Blutdruckscreening und die Erfassung kardialer Risikofaktoren. Häufig fallen bei Spontanmessungen hohe Blutdruckwerte bei Menschen auf, die sich eigentlich gesund fühlen, keine Beschwerden haben und deshalb auch nicht häufig zum Arzt gehen. Genau diese Zielgruppe ist besonders gefährdet für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und daraus folgend für Schlaganfall und Herzinfarkt. Sie zu identifizieren und zum Arzt zu schicken, ist eine wichtige Rolle der Apothekenmitarbeiter.

Erläuterung der Medikamentenwirkung stärkt die Compliance Aber auch Patienten, bei denen eine Erkrankung diagnostiziert ist, eine Therapie verordnet und dauerhaft durchgeführt wird, brauchen Beratung. Hier geht es um die fachgerechte Erläuterung der Erkrankung und der Arzneimittel zur Behandlung. Was passiert im Herzen – auch ohne spürbare Symptome – und wie wirken die Medikamente? Was ist dabei zu beachten? Für Patienten, die viele Krankheiten haben und viele Arzneimittel einnehmen, ist eine Medikationsanalyse von Apotheker und PTA gemeinsam ein wertvolles Zusatzangebot.

Hierbei erfolgt eine Prüfung der gesamten Medikation eines Patienten, zum Beispiel auf Nebenwirkungen, Wechselwirkungen, Anwendungsprobleme und vieles mehr. Tatsächlich ist die mangelnde Therapietreue eines der wichtigsten arzneimittelbezogenen Probleme bei Antihypertonika. Patienten müssen wissen, dass Bluthochdruck nicht heilbar ist, dass dieser dauerhaft mit Antihypertonika kontrolliert werden muss und dass Antihypertonika regelmäßig eingenommen werden müssen. Zu Therapiebeginn sind Hinweise zur Dosierung, Wirkung und möglichen Nebenwirkungen (häufig Schwindel und Müdigkeit) des Blutdruckmittels sehr wichtig.

So werden die meisten Antihypertonika morgens – teilweise auch zusätzlich abends – eingenommen. Bei ACE-Hemmern und Betablockern ist es unwichtig, ob die Tabletten vor oder nach der Mahlzeit eingenommen werden. Wegen möglicher Abschwächung der blutdrucksenkenden Wirkung der Anti- hypertonika sollten NSAR in der Selbstmedikation nur kurzzeitig ohne Arztrücksprache eingesetzt werden. Auch auf regelmäßige Selbstmessungen des Blutdrucks sollte hingewiesen werden. So hat Ihr Kunde seinen Blutdruck immer selbst im Blick.

Dr. Katja Renner, Apothekerin


Die Autorin versichert, dass keine Interessenkonflikte im Sinne von finanziellen oder persönlichen Beziehungen zu Dritten bestehen, die von den Inhalten dieser Fortbildung positiv oder negativ betroffen sein könnten.

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